Daddy Langbein
Orchideen. Es war ein Traum und kam aus Paris und kostete eine Million Dollar.
Sallies war blaßblau mit persischer Stickerei, und es stand wunderbar zu ihrem roten Haar. Es hat nicht ganz eine Million gekostet, war aber genau so wirkungsvoll wie Julias.
Meines war blaßrosa Crêpe de Chine mit Ecruspitze und rosa Satin. Und ich hatte dunkelrote Rosen, die J. McB. geschickt hatte (nachdem Sallie ihm die Farbe angegeben hatte). Und wir trugen alle Satinschuhe und seidene Strümpfe und passende Schals.
Du mußt von diesen Modedetails tief beeindruckt sein.
Man kann nicht umhin, sich vorzustellen, was für ein farbloses Leben ein Mann führen muß, Daddy, wenn man sich klarmacht, daß Chiffon und venezianische Spitze und Handstickerei und irische Häkelarbeit für ihn nur leere Worte sind. Wogegen eine Frau — ob sie nun an Babys oder Mikroben oder Ehemännern oder Dichtung oder Dienstboten oder Parallelogrammen oder Gärten oder Plato oder Bridge interessiert ist — immer und grundlegend für Kleider Interesse hat.
Dies ist die eine Seite der Natur, die die ganze Welt verwandt macht (das ist nicht von mir. Ich fand es in einem Stück von Shakespeare).
Jedoch zurück zum Thema. Soll ich Dir ein Geheimnis sagen, das ich vor kurzem entdeckte? Und wirst Du versprechen, mich nicht für eitel zu halten? Dann höre:
Ich bin hübsch.
Ich bin es wirklich. Ich wäre ein Vollidiot, wenn ich es mit drei Spiegeln im Zimmer nicht gemerkt hätte.
Eine Freundin.
P. S. Dies ist einer der bösen anonymen Briefe, die in Romanen vorkommen.
20. Dezember.
Lieber Daddy-Langbein!
Ich habe nur einen Augenblick Zeit, denn ich muß in zwei Vorlesungen gehen, einen Koffer und eine Handtasche packen und den 4-Uhr-Zug erwischen — aber ich könnte nicht abfahren, ohne Dir mit einem Wort zu sagen, wie, sehr ich mich über Dein Weihnachtspaket freue.
Ich liebe den Pelz und die Halskette und den Liberty-Schal und die Handtasche und Taschentücher und Bücher und das Portemonnaie — und am allermeisten liebe ich Dich. Aber, Daddy, Du sollst mich nicht so verwöhnen. Ich bin nur menschlich
— und noch dazu ein Mädchen. Wie soll ich meinen Sinn streng auf einen studierten Beruf heften, wenn Du mich mit so weltlichen Frivolitäten ablenkst?
Ich habe jetzt einen starken Verdacht, welcher der John-Grier-Aufsichtsräte immer den Christbaum und das Gefrorene am Sonntag stiftete. Er war namenlos, aber ich erkenne ihn an seinen Werken! Du verdienst es, für alle die guten Dinge, die Du tust, glücklich zu sein.
Adieu, und ein sehr frohes Weihnachten.
Immer Deine
Judy.
P. S. Ich schicke Dir auch ein kleines Andenken. Glaubst Du, daß Du sie gern hättest, wenn Du sie kennen würdest?
11. Januar.
Ich wollte Dir von der Stadt schreiben, Daddy. Aber New York nimmt einen völlig in Anspruch.
Es war eine interessante und aufklärende Zeit, aber ich bin froh, daß ich nicht in eine solche Familie gehöre! Ich hätte tatsächlich lieber das John-Grier-Heim als Hintergrund. Bei allen Mängeln meiner Erziehung — es gab wenigstens keine falschen Vorspiegelungen. Ich weiß jetzt, was die Leute meinen, wenn sie sagen, daß sie von den Dingen niedergedrückt werden. Die materielle Atmosphäre dieses Hauses wog zentnerschwer; ich habe erst wieder tief Atem geholt, als ich im D-Zug zurück saß. Alle Möbel waren geschnitzt und gepolstert und prächtig; die Leute, die ich traf, waren wunderschön angezogen und wohlerzogen und sprachen leise, aber vom Augenblick unserer Ankunft bis zur Abfahrt habe ich nicht ein Wort eines echten Gesprächs gehört; das ist die Wahrheit, Daddy. Ich glaube, daß zum vorderen Eingang des Hauses noch nie eine Idee hereinkam.
Mrs. Pendleton denkt nur an Schmuck, Schneiderinnen und gesellschaftliche Verpflichtungen. Sie ist wirklich eine andere Mutter als Mrs. McBride! Wenn ich je heirate und eine Familie habe, werde ich sie den McBrides so ähnlich machen wie ich kann. Nicht für alles Geld in der Welt würde ich Kinder von mir zu Pendletons werden lassen. Vielleicht ist es nicht höflich, die Leute zu kritisieren, bei denen man auf Besuch war? Wenn nicht, dann verzeih, bitte. Dies ist ganz vertraulich zwischen Dir und mir.
Master Jervie sah ich nur einmal, als er zur Teezeit Besuch machte, und dann hatte ich keine Gelegenheit, mit ihm allein zu reden. Nach unserem schönen Sommer war es wirklich recht enttäuschend. Ich glaube, es liegt ihm nicht viel an seinen Verwandten — und jedenfalls haben sie für
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