Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daddy Langbein

Daddy Langbein

Titel: Daddy Langbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
Vom Netzwerk:
und ich werde fünfzig Dollar im Monat verdienen! Findest Du das nicht einen überwältigenden Betrag? Sie hat es angeboten; ich hätte nicht gewagt, mehr als fünfundzwanzig zu verlangen.
    Am ersten September werde ich in Magnolia (dort wohnt sie) fertig sein und die restlichen drei Wochen in Lock Willow verbringen — ich möchte die Semples Wiedersehen und alle die freundlichen Tiere.
    Wie gefällt Dir mein Programm, Daddy? Du siehst, ich werde ganz unabhängig. Du hast mich auf die Beine gestellt, und ich glaube, ich kann nun fast allein laufen.
    Der Abschluß in Princeton und unsere Prüfungen fallen genau auf denselben Tag — ein harter Schlag. Sallie und ich wollten absolut rechtzeitig dafür wegkommen, aber natürlich ist das ganz ausgeschlossen.
    Adieu, Daddy. Hab einen schönen Sommer und komme ausgeruht für ein neues Arbeitsjahr zurück (das solltest eigentlich Du an mich schreiben!). Ich habe keine Ahnung, was Du im Sommer tust, und wie Du Dich unterhältst. Ich kann mir Deine Umgebung nicht vorstellen. Spielst Du Golf oder jagst und reitest Du? Oder sitzt Du nur in der Sonne und meditierst?
    Jedenfalls, was es auch sein mag, sei vergnügt und vergiß nicht die
    Judy.

10. Juni.

    Lieber Daddy!

    Dies ist der schwerste Brief, den ich je geschrieben habe. Aber ich weiß, was ich tun muß, und es gibt kein Zurück. Es ist sehr reizend und gütig und lieb von Dir, daß Du mich diesen Sommer nach Europa schicken willst. — Im ersten Augenblick war ich von dem Gedanken berauscht. Aber ernste zweite Gedanken sagten: Nein. Es wäre doch einigermaßen unlogisch, Dein Geld fürs College abzulehnen und es statt dessen für Vergnügungen auszugeben. Du mußt mich nicht an zu viel Luxus gewöhnen. Was man nie gehabt hat, vermißt man nicht, aber es ist entsetzlich schwer, ohne Dinge zu leben, die man für ein natürliches Anrecht hält. Mit Sallie und Julia zu leben, bedeutet eine furchtbare Beanspruchung meiner stoischen Philosophie. Sie haben beide, seitdem sie Babys waren, alles gehabt. Sie betrachten Glücklichsein als Selbstverständlichkeit. Die Welt schuldet ihnen, nach ihrer Meinung, alles, was sie haben wollen. Vielleicht tut das die Welt auch — jedenfalls scheint sie die Schuld anzuerkennen und zu bezahlen. Aber mir schuldet sie nichts und hat es mir am Anfang deutlich mitgeteilt. Ich habe kein Recht, Schulden zu machen; denn es wird eine Zeit kommen, wo die Welt meine Forderung zurückweisen wird.
    Ich scheine in einem Meer der Vergleiche zu versinken — aber ich hoffe, Du verstehst doch, was ich meine? Jedenfalls habe ich das überzeugende Gefühl, daß es die einzige anständige Sache für mich ist, diesen Sommer zu unterrichten und anzufangen, mich selbst zu erhalten.

    Magnolia, vier Tage später.

    So viel habe ich geschrieben, als — was glaubst Du, was passierte? Ein Dienstmädchen kam mit Master Jervies Visitenkarte. Er fährt diesen Sommer auch nach Europa; nicht mit Julia und ihrer Familie, sondern ganz allein. Ich erzählte ihm, daß Du mich eingeladen habest, mit einer Dame zu gehen, die eine Gesellschaft junger Mädchen betreut. Er weiß von Dir, Daddy. Das heißt, er weiß, daß meine Eltern tot sind, und daß ein gütiger Herr mich ins College schickt. Ich hatte einfach nicht den Mut, ihm vom John-Grier-Heim und allem übrigen zu erzählen. Er glaubt, daß Du mein Vormund bist und ein ganz legitimer alter Familienfreund. Ich habe ihm nie gesagt, daß ich Dich nicht kenne — das wäre doch zu unmöglich!
    Jedenfalls, er bestand darauf, daß ich nach Europa gehen soll. Er sagte, es sei ein wichtiger Bestandteil meiner Ausbildung, und ich dürfe nicht daran denken abzulehnen. Außerdem,, daß er zur selben Zeit in Paris sein werde, und daß wir der Dame zuweilen davonlaufen und zusammen in netten, lustigen, ausländischen Restaurants essen würden.
    Ja, Daddy, es hat mich schon sehr gereizt! Ich wäre fast schwach geworden; vielleicht, wenn er nicht so diktatorisch gewesen wäre, wäre ich ganz schwach geworden. Man kann mich Schritt für Schritt verlocken. Aber ich lasse mich nicht zwingen. Er sagte, ich sei ein dummes, törichtes, unvernünftiges, verrücktes, idiotisches, eigensinniges Kind (dies sind einige seiner Schimpfworte; den Rest habe ich vergessen), und ich wisse nicht, was für mich gut sei; ich müsse ältere Leute urteilen lassen. Wir haben uns fast gestritten — ich bin nicht einmal sicher, ob wir uns nicht wirkhch gestritten haben!
    Jedenfalls habe ich meinen Koffer

Weitere Kostenlose Bücher