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Daddy Langbein

Daddy Langbein

Titel: Daddy Langbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
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Ideale ernsten Strebens und echten Forschergeistes; und dieses Absinken sei besonders auffallend in unserer respektlosen Haltung gegenüber den eingesetzten Autoritäten. Wir erweisen unseren Vorgesetzten nicht mehr die geziemende Ehrfurcht.
    Ich bin sehr ernsthaft aus der Andacht zurückgekommen.
    Bin ich zu familiär, Daddy? Sollte ich Dich mit mehr Würde und Distanz behandeln? — Ja, gewiß. Ich werde noch einmal anfangen.
    Verehrter Mr. Smith!
    Sie werden zufrieden sein zu erfahren, daß ich die Halbjahrsprüfungen erfolgreich bestanden habe» und nun die Arbeit im neuen Semester beginne. Ich höre mit Chemie auf, nachdem ich -den Kursus in qualitativer Analyse beendet habe, und beginne das Studium der Biologie. Ich gehe mit einigen Zögern an dieses Thema heran, da ich hörte, daß wir Regenwürmer und Frösche sezieren werden.
    Letzte Woche hatten wir in der Kapelle einen außerordentlich interessanten und wertvollen Vortrag über römische Reste in Südfrankreich. Ich habe nie eine aufschlußreichere Behandlung dieses Themas gehört.
    Wir lesen Wordworth’s „Tintern Abbey“ im Zusammenhang mit unserem Kurs über englische Literatur. Was für ein exquisites Werk! Und wie vollkommen verkörpert es seine Ansichten über Pantheismus! Die romantische Bewegung in der Frühzeit des vergangenen Jahrhunderts, vertreten in den Werken von Dichtern wie Shelley, Byron, Keats und Wordsworth, hat für mich viel größeren Reiz als die klassische’ Periode, die ihr voraufging. Apropos Poesie, haben Sie je die bezaubernde kleine Sache von Tennyson gelesen, betitelt „Locksley Hall“?
    Neuerdings besuche ich die Gymnastik sehr regelmäßig. Ein Aufsichtssystem ist ausgearbeitet worden, und ein Nichtbefolgen der Bestimmungen hat große Unbequemlichkeiten im Gefolge. Das Gymnasium ist mit einem sehr schönen Schwimmbassin aus Zement und Marmor ausgestattet; ein Geschenk einer früheren Studentin. Meine Zimmergenossin, Miss McBride, hat mir ihren Badeanzug gegeben (er war so eingegangen, daß sie ihn nicht mehr tragen konnte), und ich bin im Begriff, mit Schwimmstunden anzufangen.
    Wir hatten gestern abend köstliches rosa Gefrorenes als Nachtisch. Nur Pflanzenfarbstoffe werden zum Färben des Essens verwendet. Das College ist sowohl aus ästhetischen wie aus hygienischen Gründen ein entschiedener Gegner von Anilinfarben.
    Das Wetter ist neuerdings ideal — heller Sonnenschein und Wolken, durchsetzt von einigen willkommenen Schneestürmen. Meine Kameradinnen und ich haben unsere Spaziergänge in die Hörsäle und zurück sehr genossen — vor allem die zurück.
    In der Hoffnung, daß dieser Brief Sie, verehrter Herr Smith, in Ihrem gewohnten guten Gesundheitszustand antrifft,
    bin ich
    Ihre aufrichtig ergebene
    Jerusha Abbott.

2. April.

    Lieber Daddy!

    Der Frühling ist wieder da! Du solltest sehen, wie wunderschön unser Campus ist. Ich finde, Du könntest wirklich einmal kommen und ihn ansehen. Master Jervie tauchte letzten Freitag wieder auf — aber er hatte eine höchst ungünstige Zeit gewählt; denn Sallie und Julia und ich waren im Begriff, zum Zug zu rennen. Und wohin glaubst Du, daß wir fuhren, bitte? Nach Princeton, um einen Tanz und ein Ballspiel mitzumachen. Ich habe Dich nicht gefragt, ob ich gehen könne, denn ich hatte das Gefühl, daß der Sekretär nein sagen würde. Aber es war alles in Ordnung; wir hatten Urlaub vom College, und Mrs. McBride hat uns behütet. Wir hatten eine reizende Zeit — aber ich muß auf das Erzählen von Einzelheiten verzichten; sie sind zu zahlreich und zu kompliziert.

    Samstag.

    Vor Morgengrauen aufgestanden. Der Nachtwächter hat uns geweckt — wir waren zu sechst — und wir machten Kaffee in einer Wärmpfanne (mit

    furchtbar viel Satz) und liefen zwei Meilen weit bis auf den Ein-Baum-Hügel, um die Sonne aufgehen zu sehen. Den letzten Hügel mußten wir hinaufrennen! Die Sonne kam uns fast zuvor! Und Du kannst Dir vorstellen, was für einen Appetit wir zum Frühstück heimbrachten!
    Mein Gott, Daddy, ich scheine heute einen rechten Ausrufsstil zu haben. Diese Seite ist mit Ausrufen gepfeffert.
    Ich wollte viel über die knospenden Bäume schreiben und über den neuen Aschenweg auf dem Sportfeld und die fürchterliche Aufgabe, die wir auf morgen in Biologie haben, und die neuen Kanus auf dem See, und Catherine Prentiß, die Lungenentzündung hat, und die Angorakatze der Präsidentin, die zu Hause fortbef und zwei Wochen in Fergussen Hall wohnte, bis ein

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