Dämenkind 2 - Kind der Götter
beliebt.«
»Könnte mir wohl jemand darüber Aufschluss geben«, fragte Garet Warner, »wer dieser Bengel tatsächlich ist?«
»Ach, wie habe ich die Gottlosen ins Herz geschlossen …«
»Dacendaran, bitte achte Brakandarans Rat«, bat R'shiel den Gott. »Wenn du uns helfen willst, dann unternimm etwas, das Xaphista Schaden bereitet, hier jedoch kannst du uns von keinem Nutzen sein.«
Der Gott stieß einen übertriebenen Seufzer aus. »Ich glaube, es ist offenkundig , dass ich unerwünscht bin.«
»Stell dich nicht so kindisch an«, sagte R'shiel.
Dacendaran feixte. »Als Gott der Zerknirschtheit wirke ich nicht allzu überzeugend, wie?«
»Als was für ein Gott?«, fragte Warner fassungslos.
Sogar Brakandaran musste lächeln. »Ich empfehle Euch, Obrist, entweder seine Gegenwart gänzlich zu missachten oder endlich doch an Hauptgottheiten zu glauben.«
»Dann sehe ich lieber über seine Anwesenheit hinweg«, antwortete Warner verdrossen. Er wendete sein Pferd und trabte dem Wagen entgegen.
»Habe ich ihn etwa verstimmt?«, fragte Dacendaran mit argloser Stimme.
»Nicht mehr, als du Leute für gewöhnlich verärgerst«, sagte Brakandaran. »Warum hast du dich ihm gezeigt?«
»Jedem Menschen sollte irgendwann einmal die Gnade erwiesen werden, einen Gott sehen zu dürfen. Es ist schließlich eine Ehre.«
»Nicht, wenn sie am Vorhandensein der Götter zweifeln«, gab R'shiel zu bedenken.
»Was denn, nachdem er mich geschaut hat, wird er doch wohl an mich glauben, oder?«
»Darauf verlasse dich besser nicht«, warnte Brakandaran.
»Du siehst in allem ein Unheil, Brakandaran. Ich wollte eine Neuigkeit überbringen, doch jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich es tun soll. Du wirst daraus wohl wieder nur die schlimmsten Rückschlüsse ziehen.«
»Welche Neuigkeit?«
»Wie gesagt, inzwischen widerstrebt es mir, sie auszusprechen …«
»Dacendaran«, fiel R'shiel ihm ungeduldig ins Wort, »lass das Possenspiel sein. Hast du uns etwas Bedeutsames zu sagen, dann sprich!«
Der Gott zog einen Schmollmund. »Du verbringst zu viel Zeit in der Gesellschaft Brakandarans, R'shiel. Du redest schon wie er.«
»Komm, R'shiel«, sagte Brakandaran, straffte die Zügel und blickte sich über die Schulter nach dem heranrollenden Planwagen um. »Offenbar hat er nichts Wichtiges zu erzählen, und unsere Begleitung holt uns gleich ein. Leb wohl, Göttlicher.«
»Xaphista hat Anhänger in der Zitadelle«, sprudelte es dem Gott plötzlich von den Lippen.
Besorgt blickte R'shiel zu Dacendaran. »Anhänger? Wer sind sie?«
»Ich weiß es nicht.« Dacendaran hob die Schultern. »Mir ist nur bekannt, dass die Zitadelle sie fühlen kann und daran gehörigen Missfallen hat.«
Verwirrt wandte sich R'shiel an Brakandaran. »Was soll das heißen? Er spricht wahrhaftig, als wäre die Zitadelle ein lebendes Wesen.«
»Auf gewisse Weise ist sie eines«, gab Brakandaran zur Antwort, ehe er sich erneut an Dacendaran wandte. »Ist bereits irgendetwas vorgefallen?«
»Nein. Du weißt ja selbst, wie sie ist. Sie braucht ein Jahrhundert, um sich auf den eigenen Namen zu besinnen. Aber sie fühlt die Befleckung durch Xaphista und grollt deswegen.«
Brakandaran nickte bedächtig. R'shiel blieb völlig un
klar, wovon sie eigentlich redeten.
»Brakandaran, besteht irgendein Zusammenhang mit der Kraft, die Dranymir zufolge der Zitadelle innewohnen soll?«
Ehe er ihr eine Auskunft erteilen konnte, hielt hinter ihnen mit lautem Knarren der Planwagen an. Garet Warner lenkte sein Pferd heran und bedachte Dacendaran mit finsteren Blicken.
»Wie ich sehe, weilt Euer Gott noch unter uns. Ist es Euer Wunsch, hier mitten auf der Straße zu stehen und den Weg zu versperren, oder können wir die Reise fortsetzen? Es mag Euch entgangen sein, aber es wird bald regnen. Ich möchte Malacky erreichen, bevor es so weit ist.«
»Diese Gottlosen sind ein wirklich ungeduldiger Schlag, was?«, bemerkte Dacendaran hochnäsig. Damit verschwand er inmitten der Luft. Warner machte große Augen.
R'shiel beobachtete Garet Warner und fragte sich, wie der Obrist sich wohl Dacendarans plötzliches Verschwinden erklären mochte; doch nach einem Augenblick ratlosen Schweigens winkte Warner seine Berittenen und den Wagen weiter, als hätte sich nichts Außergewöhnliches zugetragen.
DRITTER TEIL
Wege der Verführung
36
MIKEL WURDE INDESSEN von der Prinzessin getrennt und der Aufsicht des Oberstallmeisters unterstellt, eines kleinen, schlanken Mannes mit
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