Dämenkind 2 - Kind der Götter
geraten.«
»Was für einen Rat hat der Herzog von Setenton erteilt?«
»Herzog Terbolt? Er ist gar nicht ins Feld gezogen. Sein Bruder Ciril vertritt ihn im Kriegsrat.«
Der Kriegsherr schnitt eine düstere Miene. »Terbolt ist nicht dabei? Aber er ist der Feldherr, dem König Jasnoff das größte Vertrauen schenkt. Wo hält er sich auf?«
»Ich weiß es nicht. Allerdings wirkte Cratyn nicht überrascht wegen seines Fernbleibens. Es mag sein, dass Jasnoff mit Terbolt anderweitige Pläne hatte.«
»Welche anderen Pläne?«, fragte Damin Wulfskling.
Die Beunruhigung, die in seinem Tonfall zum Ausdruck kam, entging auch Mikel nicht.
»Man hat mich nur mit äußerstem Widerstreben zum Kriegsrat zugelassen, Fürst. Es behagte den Herzögen nicht, in meiner Gegenwart irgendwelche Angelegenheiten von höherer Wichtigkeit zu erörtern.«
Der Kriegsherr lachte gedämpft. »Im Licht der jüngsten Ereignisse kann man darin gewiss keine unkluge Vorkehrung erblicken.«
Adrina wandte sich ihm zu. »Das ist eine unerhörte Frechheit.«
Wulfskling seufzte auf. »Ach ja, ich habe vergessen, Ihr verübt ja gar keinen Verrat, Ihr ringt nur um Eure Freiheit.«
»Freiheit?! Entledigt mich dieses verfluchten Halsbands, dann entsinne ich mich vielleicht daran, was das Wort bedeutet!«
Als Wulfskling näher zur Prinzessin trat, machte Mikel Anstalten zum Aufspringen, um ihr zu Hilfe zu eilen, aber Dacendaran hielt ihn zurück.
»Nicht doch!«, raunte der Dieb.
Obwohl ihm die Erbitterung heiß im Herzen brannte
und er nicht recht einsah, warum er sich beherrschte, gab Mikel nach und beschränkte sich erneut aufs Beobachten. Für seine Begriffe war der Kriegsherr der Prinzessin längst viel zu nahe gerückt, als dass noch von Anstand die Rede sein konnte.
Mit erstaunlicher Sanftheit betastete Damin Wulfskling die goldene Schmuckkette, die Prinzessin Adrina um den Hals trug. In dem Geschmeide spiegelte
sich der Sonnenuntergang, sodass die Rubinaugen des Wolfs bösartig zu funkeln schienen. Die starre Körperhaltung der Prinzessin sprach Bände.
»Was gäbt Ihr dafür, dürftet Ihr frei sein, Adrina?«, fragte der Kriegsherr mit leiser Stimme.
»Nehmt Eure Klaue fort, Fürst!«
Wulfskling senkte die Hand. »Allmählich verstehe ich, wieso Eure Ehe niemals vollzogen wurde, Adrina.«
Mikel hätte beinahe vor Entsetzen aufgeächzt. Er wusste durchaus, was der Vollzug einer Ehe bedeutete.
Adrina lachte. Die Laute klangen nach aufrichtiger Belustigung. »Ihr seid mir höchst abgeneigt, nicht wahr? Ist das der Grund, weshalb es Euch ein solches Vergnügen bereitet, mich zu quälen?«
»Ach, eben das ist ja das Furchtbare, Hoheit. Wärt Ihr keine so arglistige, hintersinnige Hexe, so würdet Ihr wahrscheinlich sehr wohl meine starke Zuneigung gewinnen.«
Prinzessin Adrina kehrte ihm den Rücken zu und betrachtete die rötlich angehauchten Wolken. »Berücksichtigt man die erst kurze Frist unserer Bekanntschaft, so maßt Ihr Euch bereits vieles über mich zu wissen an, Damin Wulfskling. Doch ich frage mich, wie viel davon auf eigener Meinungsbildung beruht und wie viel auf Hörensagen.«
»Ich fälle stets mein eigenes Urteil. Daher brauche ich auf Hörensagen nichts zu geben.«
»Ich sehe allen Anlass, Euch zu widersprechen, Fürst«, erwiderte die Prinzessin, indem sie sich umwandte. »Ihr habt Hauptmann Tenragan eingeredet, ich hätte Euren Großfürsten zu töten versucht. Aber Ihr seid
damals nicht zugegen gewesen. Wie wollt Ihr dennoch wissen, was sich in Wahrheit ereignet hat, außer Ihr habt doch aufs Hörensagen geachtet?«
»So, davon hat er Euch erzählt?«
»Ja. Es ist eine fluchwürdige Lüge. Ich habe nichts dergleichen getan. Euer Onkel ist ein lüsternes Ungeheuer, und wenn diese Jünglinge lieber zu sterben wünschten, als von ihm berührt zu werden, kann ich es ihnen keinesfalls verübeln.«
»Also stammte das Messer tatsächlich von Euch?«
»Ja.«
Einige Augenblicke lang schwieg Wulfskling. »Und warum habt Ihr die Halsbänder an Euch genommen?«
»Ich habe sie mir keineswegs genommen. Lernen hat sie mir aufgedrängt. Behalten habe ich sie lediglich als Andenken an zwei Kinder, denen die Begierden eines Lustgreises den Untergang bescherten. Ich hatte das Gefühl, ihnen mindestens diese Geste schuldig zu sein.«
Der Kriegsherr trat einen Schritt zurück. »Es ist kalt, Hoheit, und ich weiß, dass Ihr die Rückkehr ins Innere des Kastells ersehnt. Darum lasst uns hinabgehen.«
Wütend stemmte
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