Dämenkind 2 - Kind der Götter
leibhaftig«, stimmte Frohinia zu. »Aber um der vollen Wahrheit die Ehre zu geben, ich bin es im Leib der Ersten Schwester. Wirklich ein Aberwitz, oder?«
»Wie das?«, gelang es R'shiel zu krächzen. Wenn sie nur im Ansatz an die möglichen Auswirkungen einer so abstoßenden Vereinigung dachte, schien sich in ihrem Kopf alles zu drehen.
Frohinia zuckte mit den Schultern. »Wie? Da bin ich mir selbst nicht sicher. Es ist ein Werk der Priester. Sie haben wohl tüchtig zu ihrem Allerhöchsten gefleht. Anfangs war ich von ihrem Einfall nicht besonders angetan, bis ich mir dann verdeutlicht habe, was ich im Amt der Ersten Schwester alles erreichen kann. Und wenn ich mir so deine Miene anschaue, ist es anscheinend auch dir klar, nicht wahr?«
R'shiel aber rang in ihrem Innern noch mit dem schaurigen Schrecken, dass die verderbte Seele jenes Mannes, den sie auf der Welt am meisten hasste und verabscheute, jetzt die Gewalt über den Körper der Frau ausübte, die sie beinahe ebenso sehr hasste. Ihr Verstand hatte noch keine Gelegenheit dazu gefunden, sich all die furchtbaren Folgen auszumalen, die es nach sich ziehen mochte, dass ein grausamer Größenwahnsinniger den Körper der Frau bewohnte, die über Medalon herrschte.
»Damit wirst du keinen Erfolg haben, Loclon. Du kannst die Menschen unmöglich glauben machen, du wärst die Erste Schwester.«
»Da irrst du dich, Dämonenkind. Ich bin die Erste Schwester.«
»Wo ist Mahina?«
»Die Umstürzlerin? Sie wird sicher hinter Schloss und Riegel verwahrt. Ihr steht bevor, verurteilt und wegen Hochverrats aufgeknüpft zu werden, und zwar, wenn
ich die beiden Schufte erst in Händen habe, gemeinsam mit Hochmeister Jenga und Tarjanian Tenragan. Vielleicht schenke ich dir sogar noch lange genug das Leben, dass du sie baumeln sehen kannst.«
»Mit Gewissheit bestimmst nicht du, was mit mir geschieht, du einfältiger Hofnarr. Du bist bloß ein Scherge der Karier. Du tanzt nach ihrer Pfeife.«
»Nur weil mir die Melodie behagt.«
»Du bist auf dem Holzweg«, warnte R'shiel ihn. »Du bist es, den die Karier nur so lange am Leben lassen werden, wie du ihren Zwecken dienlich bist. Und du kannst dich ja nicht weigern, ihnen gehorsam zu sein. Wo ist dein Körper, Loclon? Befindet er sich in Sicherheit? In der Obhut karischer Priester? Hat man dir versprochen, sorgfältig darauf Acht zu geben, während dein Geist in Frohinias Leib haust? Was glaubst du wohl, was aus dir wird, wenn man deinem wehrlosen Körper die Gurgel durchschneidet?« R'shiel konnte nicht beurteilen, ob ihre Mutmaßungen auch nur im Geringsten den Tatsachen entsprachen, aber auch Loclon hatte keine Möglichkeit, dies in Erfahrung zu bringen.
Sie erlebte die winzige Genugtuung zu sehen, wie Frohinias Gesicht ein wenig erbleichte. Offenbar hatten die Karier Loclon die Verfahrensweise, deren es bedurfte, um seinen Geist in Frohinias Gestalt zu übertragen, nur wenig erklärt. Das mochte sich zu ihrem Vorteil auswirken. Es gab mancherlei, was sich Loclon nachsagen ließ, aber an allererster Stelle war er eine Memme.
»Tröste dich nach Gutdünken mit wilden Worten, R'shiel«, entgegnete die Erste Schwester. »Vergiss bloß eines nicht: Jetzt bin ich an der Macht.«
Fortwährend musste sich R'shiel verdeutlichen, dass sie Loclon vor sich hatte und nicht Frohinia, und dass sie die Auseinandersetzung nicht mit ihr führte, sondern mit Loclon.
»In Wahrheit hast du keinerlei Macht, Loclon, am wenigsten über mich. Mir ist es einerlei, welches Gesicht du zur Schau trägst, du bist und bleibst nichts als ein feiger, jämmerlicher, belangloser Wicht. Der einzige Unterschied zu früher besteht darin, dass du dich jetzt in Weiberkleider hüllst.«
Loclon trat einen Schritt vor und geriet in Rage, jedes Mal, wenn sie ihn verhöhnte. Mit äußerster Vorsicht tastete R'shiel nach ihren Magie-Kräften, doch schon beim zaghaftesten Versuch, sie anzuzapfen, verursachte die Halskette ihr ein Brennen. Ihr wurde klar, weshalb der Herzog ihr die Fesseln abgenommen hatte und warum Loclon sie nicht fürchtete. Sie war vom Quell der Harshini-Magie abgeschnitten worden.
»Dich werde ich leiden lassen, bis du um Gnade wimmerst!«, fauchte Frohinias Stimme, doch es war Loclons rachgieriges Gemüt, dem die Wörter entsprangen.
»Ihr werdet nichts dergleichen tun«, sagte der Herzog von Setenton.
Verärgert fuhr Frohinia herum. Der Karier stand auf der Schwelle des Zimmers; seine Miene spiegelte starkes Unbehagen.
»R'shiel ist
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