Dämenkind 2 - Kind der Götter
Wahrheit wissen? Sie sind mehr ein Ärgernis, als dass sie kriegerischen Wert haben. Nur bisweilen erfüllen sie ihren Zweck. Sie zerbersten, wenn man es am wenigsten erwartet. Bislang hat man noch nicht die geeignetsten Erzgemische ergründen können, damit die Rohre nicht nach wenigen Schüssen zerspringen und die Bedienung töten. Zwar ist das viel gerühmte Geschütz meines Vater in der Tat vorhanden, aber dass es solche Furcht verbreitet, eher das Ergebnis schlau ausgestreuter Gerüchte.«
»Aha. Und was erhält Hablet als Gegenleistung?«
»Gold und Hölzer. In riesigen Mengen.«
»Mir ist die Habgier Eures Vaters geläufig, Adrina. Dergleichen Güter können doch unmöglich schon sein ganzer Gewinn sein.«
»Sein eigentliches Begehren gilt Hythria, Damin«, sagte Adrina leise. »Aber diesen Rückschluss habt Ihr, glaube ich, ja schon selbst gezogen.«
Damin musterte die Prinzessin eine Weile und überlegte, wieso sie gerade diesen Augenblick gewählt hatte, um Hablets Pläne endlich zur Gänze zu enthüllen. »Um Krieg gegen Hythria zu führen, braucht Hablet nicht die Karier.«
»Gewiss, jedoch dient es ihm zum Vorteil, wenn zur selben Zeit das Hüter-Heer von großen Herausforderungen in Anspruch genommen wird. Ihr wisst so genau wie ich, dass es aussichtslos wäre, Hythria auf dem Weg durchs Morgenlicht-Gebirge anzugreifen. Dort sind nur wenige gangbare Pässe, und jeder davon kann durch eine Hand voll Männer gegen das gesamte fardohnjische Heer gehalten werden. Ebenso sinnlos wäre ein Angriff mittels der Kriegsflotte. Hythrias Häfen sind zu stark befestigt. Die einzige Schwachstelle ist die Grenze zu Medalon. Hätte die Medaloner je der Ehrgeiz gejuckt, ihren Landbesitz zu erweitern, wäre Hythria schon vor Jahrhunderten überrannt worden.«
»Also will sich Hablet, sobald er nach Medalon vorgedrungen ist, gen Süden wenden.«
»Und Ihr habt ihm die Ausführung seines Vorhabens leichter gemacht. Eure Provinz grenzt an Medalon. Ihr seid dort gleichsam Hythrias erster Schutzwall.«
Um einzusehen, was für einen Fehler er begangen hatte, wären die Erläuterungen der Prinzessin nicht nötig gewesen. Damin hätte sich wegen seiner Überheblichkeit die Haare raufen können.
»Kannte Euer Vater die Pläne der Karier in Bezug auf Medalon?«
»Wenn Ihr meint, er hätte erwartet, dass sie Medalon zur Aufgabe zwingen, gewiss nicht. Seine Planung fußt ganz und gar auf der Voraussetzung, dass die Karier das medalonische Heer auf lange Zeit im Norden binden. Hablet bezweifelt, dass es die Medaloner schert, wenn er in Hythria einfällt, aber er muss davon ausgehen, dass sie es ihm sicherlich arg verübeln, wenn er dabei den Weg durch Medalon nimmt, und zwar erst recht, seit Ihr, Damin, Euch mit Medalon verbündet habt.«
Zum zweiten Mal am heutigen Tag hatte sie ihn beim Vornamen genannt. Ob sie sich dessen bewusst war, blieb Damin unersichtlich.
»Und falls Medalon nun tatsächlich die Waffen streckt?«
»Dann findet König Jasnoff hinreichend Zeit, um über die Absichten meines Vaters zu grübeln. Die Karier sind Glaubenseiferer. Für sie ist es ein Gräuel, dass Heiden den gesamten Süden des Erdteils bewohnen. Auf keinen Fall wollen sie, dass er unter einer Krone vereint wird. Wenn Hablet Hythria überfällt, wird Karien eingreifen, um es ihm zu verwehren. So oder so wird Hythria der Verlierer sein. Eure einzige Hoffnung ist es, mir Schutz vor den Kariern zu gewähren.«
Damin schmunzelte; es erstaunte ihn, wie sehr sie dazu befähigt war, jede Lage zu ihren Gunsten auszulegen. »Inwiefern sollte dadurch ein Unterschied entstehen?«
»Gebäre ich Cratyn ein Kind, hat es Anspruch auf Hablets Thron. Wenn Medalon geschlagen ist und gleichzeitig Hablet über Fardohnja und Hythria
herrscht, fällt den Kariern nach seinem Tod der ganze Erdteil zu.«
»Sodass die Karier, wie ich sie kenne, seinen Tod lieber früher als später eintreten sähen.« Die weit gespannten Pläne der Karier zur Erringung der Weltherrschaft nötigten Damin ein Kopfschütteln ab. Oder vielleicht waren es dem Ursprung nach Xaphistas Pläne.
Und das Dämonenkind, das allein diesen Griff nach der Weltmacht vereiteln könnte, war vermutlich tot.
»Hat Cratyn erst einen Erben und in der Hinterhand einen zweiten Balg, dann bin auch ich überflüssig für die Belange Kariens«, schlussfolgerte die Prinzessin mit herbem Ton.
Aufmerksam betrachtete Damin sie und fragte sich insgeheim, ob er jetzt das erste Mal Adrinas wahres Gesicht
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