Dämenkind 2 - Kind der Götter
das Dämonenkind, aber Ihr freut Euch über den verkehrten Fang. Die Harshini sind ausgestorben. Ich bin ein Mensch.«
»Du bist eine Lügnerin«, erwiderte Garanus.
»Schere dich nicht darum, Garanus. Ihr Leugnen ist ohne Belang. Geh Gawn suchen und erkundige dich, ob man etwas über das Halbblut in Erfahrung gebracht hat.«
Also war Brakandaran nicht in Gefangenschaft geraten. Diese Neuigkeit weckte bei R'shiel Hoffnung. Mit einem gewissen Widerstreben fügte sich der Geistliche Herzog Terbolts Geheiß und ging hinaus. Kaum hatte er die Tür geschlossen, erhob sich der Herzog vom Stuhl und trat zu R'shiel. Er befreite sie von den Fesseln und half ihr beim Aufstehen. R'shiel japste vor sich hin, während das Blut zurück in ihre tauben Finger strömte.
»Habt Dank.«
»Ich bin kein Bösewicht, R'shiel. Es ist nicht mein Wunsch, dir Leid zuzufügen. Von König Jasnoff habe ich den Befehl erhalten, dich unversehrt zu ihm zu bringen. Daher wüsste ich es zu schätzen, gäbst du Garanus und seinesgleichen keinen Vorwand, um ihren Zorn gegen dich zu richten.«
»Ihr wollt sagen, wenn ich hübsch artig bin, geschieht mir nichts, bis ich Xaphista ausgeliefert werde, auf dass er selbst mich töten kann? Welch ein verlockendes Angebot.«
»Nach meiner Kenntnis erstrebt der Allerhöchste keineswegs deinen Tod, sondern vielmehr deine Gunst, Dämonenkind. Ich glaube, er will nicht deinen Untergang; er wünscht ein Bündnis.«
»Ein Bündnis? Mit mir? Nun, das ist wahrhaftig die allerneueste Tollheit!«
Bevor Terbolt eine Antwort geben konnte, wurde die Tür geöffnet, und Frohinia rauschte herein. Für einen Augenblick schien rings um R'shiel das Zimmer zu schwanken. Sie wusste genau, es war gänzlich ausgeschlossen, dass Frohinia den Verstand wiedererlangt hatte. Dacendaran hatte ihn ihr gestohlen, Tarja ihn zerstört. Wie war es erklärlich, dass sie jetzt mit solcher Selbstsicherheit auftrat, so offenkundige geistige Unbeschadetheit an den Tag legte?
»Was wollt Ihr, Hauptmann?«, wandte sich Herzog Terbolt mit unverhohlener Ungeduld an die Erste Schwester.
Verdutzt starrte R'shiel ihn an. Hauptmann ?
»Garanus möchte gar zu gern ein Wort mit Euch wechseln, Herzog. Unter vier Augen .« Frohinia heftete ihren erschreckend klaren Blick auf R'shiel und verzog den Mund zu einem unschönen Lächeln. »Unterdessen bewache ich die Gefangene.«
»Sie hat unbehelligt zu bleiben«, mahnte der Herzog.
»Ganz nach Belieben.«
Frohinia schloss hinter dem Herzog die Tür, dann lehnte sie sich mit dem Rücken dagegen und betrachtete R'shiel voll unverkennbarer Verachtung. »Dieses Mal haben dir deine Zauberkünste nichts eingebracht, was?«
»Ich weiß nicht, wovon du da redest.«
»O doch, du weißt es ganz genau. Jedermann magst du an der Nase herumgeführt haben, aber die Karier wissen, was du bist. Und ich habe deine Schlechtigkeit selbst schon zu spüren bekommen. Nur ist Tarjanian diesmal nicht zur Stelle, um dich zu retten, stimmt's?«
Allmählich schwante es R'shiel, dass sie gar nicht Frohinia vor sich sah. Es war ihr Körper, aber der Mund
sprach keine Worte, die ihrem Geist entsprangen. R'shiel kannte die Aura, die Frohinia umgab, doch diese Aura gehörte ihr keinesfalls. Gleiches galt für die angedeuteten Erinnerungen. Frohinia war nie zugegen gewesen, wenn R'shiel Magie angewandt hatte. Niemand in Medalon war jemals Augenzeuge derartiger Verrichtungen geworden, ausgenommen ihre Freunde an der Nordgrenze und die fardohnjische Mannschaft von Maeras Tochter . Aber es hatte noch eine Ausnahme gegeben …
»Loclon!«
Der Name löste bei R'shiel eine Flut von Erinnerungen aus, die sie am liebsten ein für alle Mal vergessen hätte. Albtraumhafte Bilder, von denen sie gehofft hatte, sie niemals wieder vor Augen zu sehen, kehrten mit einem Schlag wieder und drohten sie zu überwältigen. Ihr Gaumen wurde trocken; unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück und wünschte sich auf einmal, Korandellan hätte den Zustand der Gefühlsarmut doch nicht rückgängig gemacht.
Für einen kurzen, aber über alle Maßen widerlichen Augenblick wollte das Gedenken an den Schmerz und die Erniedrigung, die sie in der Gewalt dieses Mannes erlitten hatte, sie schier niederwerfen. Sie musste einer Woge scheußlicher Übelkeit widerstehen, die sich kaum schwächer anfühlte als der Ekel, dem sie fast erlegen war, während sie das Konzil der Schwesternschaft ihrem Willen zu unterwerfen versucht hatte.
»O ja, ich bin es
Weitere Kostenlose Bücher