Dämenkind 2 - Kind der Götter
lächelte R'shiel, ehe sie ihre Beachtung wieder den erschrockenen Priestern widmete.
»Schert ihr euch umgehend fort, lass ich euch das Leben. Zieht ihr es vor zu bleiben, begegnet ihr eurem Xaphista weit früher, als ihr's erwartet.«
Zu Garanus' Gunsten ließ sich anführen, dass er zögerte. Ohne den Stab verfügte er nicht über mehr Macht als jeder Sterbliche. Ein, zwei Herzschläge lang erwog er die Lage, dann schaute er über die Schulter Brakandaran an. Um sich mit einem gewöhnlichen Mädchen anzulegen, wäre er sicherlich stark genug gewesen, zwei
Harshini dagegen, deren magischen Kräften er nichts entgegenzusetzen hatte, verkörperten für ihn einen hinreichenden Grund zum Nachgeben. Doch er gestand die Schlappe nur mürrisch ein.
»Du hast bloß einen zeitweiligen Sieg errungen, Dämonenspross. Wider den Allerhöchsten kannst du nie und nimmer bestehen.«
»Das wird sich ein anderes Mal zeigen. Und nun trollt euch, bevor ich mich gegenteilig entschließe.«
Eilends entfernten sich die Geistlichen, während die Hüter sich allmählich wieder näher herantrauten. Ihre Mienen spiegelten eine breite Vielfalt von Empfindungen, die von gelinder Verwirrung bis hin zu völliger Fassungslosigkeit reichten. Andere beschäftigten sich damit, die zahlreichen kleinen Feuer zu löschen, die von den Blitzen entfacht worden waren. Wochenlang hatten die Hüter-Krieger dem Oberbefehl Herzog Terbolts und seiner Priester unterstanden. Dass R'shiel sie einfach fortscheuchte, machte sie größtenteils sprachlos. Brakandaran kam zu ihr und schenkte ihr eines seiner seltenen Lächeln.
»Wo hast du gesteckt?«
»Ich könnte dich«, entgegnete Brakandaran, »das Gleiche fragen.«
Indessen hatte es nicht allen Hütern die Sprache verschlagen. Ein Feldhauptmann vertrat ihnen mit gezücktem Schwert den Weg. R'shiel erkannte ihn: Denjon und Tarjanian hatten als Kadetten dieselbe Klasse besucht.
»R'shiel, wo ist Herzog Terbolt?«
»Er liegt mit Cratyn in seinem Zelt«, antwortete Adrina an R'shiels Stelle; ihre Stimme bezeugte weit mehr
Frohsinn, als die Umstände es erklärlich wirken ließen. »Es empfiehlt sich, dass von Stund an Ihr den Befehl ausübt, Feldhauptmann. Herzog Terbolt ist bis auf weiteres verhindert, und ich bin zur Witwe geworden.«
Einen Augenblick lang starrte der Feldhauptmann sie an; dann erlaubte er sich ein knappes Schmunzeln. »Das ist eine zutiefst traurige Neuigkeit, Eure Hoheit. Nehmt daher, ich bitte Euch, meine Beileidsbekundung zur Kenntnis.«
»Ich danke Euch, Feldhauptmann, doch seid gleichzeitig unbesorgt, mein Gram hält sich in Grenzen.«
»Wo befinden sich Tarjanian und die anderen Gefangenen, Denjon?«, fragte R'shiel.
»Die Hythrier und die Hüter, die sich am Versuch deiner Befreiung beteiligt haben, werden am Lagerrand festgehalten. Tarjanian liegt im Krankenzelt.«
Für einen Schlag stockte R'shiels Herz. »Wo? Was ist ihm zugestoßen?«
»Was glaubst du wohl, was sich zugetragen hat, R'shiel? Er gibt ungern klein bei. Während er sich einen Fluchtweg freikämpfen wollte, bekam er einen Schwertstich in den Leib ab.«
Denjons Worte klangen in einem Maße nach Vorwurf, dass es R'shiel zutiefst bestürzte. »Du redest, als hätte an alledem ich die Schuld.«
»Etwa nicht?«, fragte Denjon. Doch er konnte dem Blick ihrer fremdartigen Augen nicht standhalten und schaute schließlich zur Seite. »Sergeant, richte Hauptmann Dorak aus, er soll in Herzog Terbolts Zelt nach dem Rechten sehen. Dann begib dich zu den Gefangenen und … Wer ist Befehlshaber der Hythrier?«
»Kriegsherr Wulfskling«, erteilte Adrina ihm Auskunft.
»Der viel gerühmte Damin Wulfskling? Oho!« Offenbar war sich Denjon der Wichtigkeit dieses Gefangenen nicht bewusst gewesen. Adrina nickte; augenscheinlich belustigte sie Denjons Mienenspiel. Der Feldhauptmann wandte sich wieder an den Sergeanten. »Bring den Kriegsherrn Wulfskling zu mir, doch sei höflich zu ihm. Vor kurzem war er noch unser Bundesgenosse.«
»Jawohl, Feldhauptmann!« Der Sergeant entbot einen markigen Gruß und machte sich auf den Weg. Er hatte keine zwei Schritte getan, als Denjon ihm eine zusätzliche Weisung nachrief.
»Und sende jemanden aus, der Hauptmann Kilton und Hauptmann Linst zu mir bestellt. Sie finden mich im Krankenzelt.« Während sich der Sergeant an die Befolgung der Befehle machte, kehrte sich Denjon wieder R'shiel zu. »Ich muss dich warnen. Er ist in einem jämmerlichen Zustand.«
»Führ mich ohne viel
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