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Dämenkind 2 - Kind der Götter

Dämenkind 2 - Kind der Götter

Titel: Dämenkind 2 - Kind der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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zur Last, aber man könnte glauben, dieser Bengel hätte den Vorsatz gefasst, uns ganz allein in die Flucht zu schlagen.«
    Neugierig musterte Tarjanian den Burschen. » Er ist ein karischer Kundschafter?«
    Seine Belustigung versetzte den Jungen in Zorn. »Gottloses Schwein! Der Allerhöchste schmeißt dich ins Meer der Verzweiflung.«
    »Allmählich bedauere ich, dass ich deinen Kopf gerettet habe, du Lümmel«, antwortete Tarjanian. »Ich rate dir, deine Zunge zu hüten.«
    »Ich steh unter dem Schutz des Allerhöchsten.«
    »Gegenwärtig kann ich ihn weit und breit nicht sehen«, sagte Almodavar lachend, dann wechselte er ohne das knappste Stocken zurück ins Medalonische. »Es juckt Euch nicht zufällig, ihn unter Eure Obhut zu nehmen, Hauptmann?«, fragte er Tarjanian. »Ich befürchte, mit seiner Haltung überlebt er bei meinen Männern nicht mehr lange.«
    Tarjanian furchte die Stirn. Ein aufsässiger Zehnjähriger, der im Namen des »Allerhöchsten« im medalonischen Heer Unruhe anrichtete, war eigentlich das Letz
    te, was er gebrauchen konnte. Doch mit der Einschätzung, dass man dem jungen Karier unter den Hythriern voraussichtlich bald den Garaus machen würde, hatte Almodavar wohl durchaus Recht. Kurz überlegte er, bevor er dem hythrischen Reiterhauptmann Antwort gab.
    »Nun gut, ich nehme ihn mit«, willigte Tarjanian ein und sprach Karisch, damit der Bursche der Unterhaltung folgen konnte. »Ihr behaltet seinen Bruder in Eurem Gewahrsam. Sollte der Kerl mir Ärger bereiten, sende ich Euch Nachricht, und Ihr schickt mir jedes Mal, wenn Ihr von mir Mitteilung erhaltet, einen Finger von der Hand seines Bruders. Sind alle Finger dahin, nehmt Euch die Zehen vor. Mag sein, die Aussicht, dass sein Bruder Glied um Glied verstümmelt wird, lehrt ihn ein wenig Selbstbeherrschung. Anscheinend wird diese Tugend nämlich nicht vom ›Allerhöchsten‹ gefördert.«
    Das mit Blut befleckte Gesicht des Jungen erbleichte, ihm quollen Tränen der Furcht und des Schreckens aus den Augen. »Bösartiger barbarischer Lump!«, schrie er.
    »Bedenke stets, dass ich so und nicht anders bin, du Rotznase«, warnte Tarjanian ihn. Er vermied es, Almodavar anzuschauen. Der Hythrier stieß nämlich soeben einen Laut aus, der nach einem Aufhusten klang, jedoch vermutete Tarjanian, dass es der misslungene Versuch war, ein Lachen zu unterdrücken. »Geh deine Sachen holen. Bist du nicht gleich wieder da, wollen wir einmal schauen, wie dein Bruder ohne sein linkes Ohr aussieht.«
    Der Junge eilte fort, und Almodavar brach endlich in Gelächter aus. »In der Tat, Hauptmann, ich könnte schwören, ihr wandelt Euch zum Hythrier.«
    »Nun denn, was erwartet Ihr von einem ›bösartigen, barbarischen Lumpen‹ meines Schlages?«
    »Ganz und gar nichts anderes«, räumte Almodavar ein. »Ihr habt einen geschäftigen Tag. Erst zankt Ihr mit meinen Männern, dann bändigt Ihr mit wenigen Worten einen karischen Glaubenseiferer. Welche heldische Großtat verübt Ihr als Nächstes?«
    »Ich hatte gehofft, Ihr könntet mir sagen, welche Möglichkeit sich mir bietet«, scherzte Tarjanian. »Euch liegt noch keine Nachricht von Damin Wulfskling vor?«
    »Keine, Hauptmann. Plagt Euch deshalb nicht mit Sorgen. Er kommt wieder.«
    Tarjanian seufzte. Im Grunde genommen hatte er mit keiner anderen Auskunft gerechnet. Er kommt wieder, wie vortrefflich , dachte er. Aber vor oder nach dem Krieg?

15
    SCHRAMMSTEIN WAR EINE RIESIGE STADT, die sich in der Ausdehnung durchaus mit Talabar messen konnte, aber sie hatte nichts von der beschwingten Anmut und gediegenen Schönheit der südlichen Großstadt. Die festen Gebäude hatten spitze, mit grauem Schiefer gedeckte Satteldächer; dagegen bestanden die ärmeren Viertel aus elenden Behausungen, die lediglich aus dem zusammengezimmert waren, was die bedauernswerten Bewohner gerade an sich bringen konnten. Über den Dächern lag die weite Königsburg wie der Schatten einer Faust; sie wirkte noch abweisender als die rings um ihre steilen Mauern herangewachsene Stadt.
    Adrina sehnte sich nach den Flachdächern und dem rosigen Stein der Wohnsitze Talabars, den breiten Balkonen, von Blumen strotzenden Gitterwerken und schweren Blütendüften in der stillen Luft. Sie vermisste die freien, mit Bäumen gesäumten Straßen und Talabars farbenfroh gekleidete Einwohner. Hier hingegen war alles grau: Die Stadt, der Himmel, ja sogar die Menschen gingen grau in grau um. Schrammstein bedrückte das Gemüt und war schmutzig, und

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