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Dämenkind 2 - Kind der Götter

Dämenkind 2 - Kind der Götter

Titel: Dämenkind 2 - Kind der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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Schleier wehte ihr zehn Schritte weit nach und schwebte auf dem leichten Luftzug, den ihr eigenes Vorwärtsschreiten erzeugte, während sie, begleitet vom erschrockenen Gekeuche des versammelten karischen Adels, den langen Weg durch den Mittelgang des Xaphista-Tempels zurücklegte.
    Beim Durchqueren des gewaltigen Tempels fühlte sich Adrina vom Prunk des Bauwerks in gewissem Maße durchaus überwältigt. Nachdem sie das trostlose, strenge Kloster auf Slarn gesehen hatte, empfand sie
    den hiesigen Xaphista-Tempel als nahezu pomphaft. Hohe, geriefte Säulen aus goldfleckigem Marmor ragten in regelmäßigen Abständen empor und stützten ein Gewölbe, das über dem Altar in eine Kuppel mündete. Geschmückt war die Kuppel mit Zierleisten aus abertausenden winziger Perlmuttkacheln, die den Sonnenschein widerspiegelten und Xaphistas Anbeter mit Schlieren regenbogenbunten Lichts bestrahlten.
    Bis zum Äußersten füllten sämtliche Adeligen beiderlei Geschlechts aus ganz Karien, denen es gelungen war, sich zur königlichen Hochzeit eine Einladung zu verschaffen, den Tempel. Adrina hörte sie angesichts des freizügigen Brautkleids entgeistert tuscheln. Irgendein Zeichen der Herzlichkeit gab es nicht. Adrina sah weder vertraute Gesichter noch aufmunterndes Lächeln.
    Tristan war mitsamt ihrer übrigen Leibwache der Zutritt versagt worden. Da sie als Heiden den heiligen Tempel nicht durch ihre Anwesenheit entweihen durften, mussten sie draußen warten. Das einzige bekannte Gesicht, das Adrina während ihres scheinbar endlosen Durchschreitens des Mittelgangs sah, gehörte Vonulus, der mit anderen Geistlichen im Altarraum des Tempels stand, gekleidet in eine prächtige Festkutte und in der Hand seinen kostbaren Stab. Kaum merklich schüttelte der Priester, als sie ihn anblickte, den Kopf, als wollte er sie für ihre Aufmüpfigkeit tadeln.
    Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Altar und die Gestalt von Kronprinz Cratyn, der leicht entsetzt dreinschaute. Er hatte sich von Kopf bis Fuß in Schwarz gewandet; nur eine zierliche Goldkrone auf dem Scheitel und ein silberner Umhänger mit Xaphistas Wahrzei
    chen – fünfzackiger Stern und Blitz – linderten die Düsterkeit seiner Erscheinung. Seine Miene brachte stärkeren Unmut zum Ausdruck, als sie ihm während ihrer kurzen Bekanntschaft bisher angemerkt hatte. In die Sieben Höllen mit ihm , dachte Adrina. Allesamt sollen sie hinab in die Sieben Höllen fahren.
    Die Hochzeitszeremonie blieb erfreulich kurz und verlangte von ihr kaum mehr als die Beteuerung, Cratyn in jeder Hinsicht gehorsam sowie eine treue Verteidigerin des Glaubens zu sein. Adrina war verheiratet, fast ehe sie sich versah. Der Oberpriester, der im Lauf des Zeremoniells beträchtliche Mühe aufwandte, um die bemerkenswerte Menge nackter Haut, die sie zeigte, nicht zu beachten, erklärte sie und Cratyn zu Ehefrau und Ehemann, dann maß er vor dem Altar der Länge nach den Fußboden. Dank der sorgfältigen Unterweisung durch Vonulus wusste Adrina über diesen Teil der Trauung Bescheid, und als Cratyn an ihrer Seite das Gleiche tat, folgte sie dem Beispiel des Oberpriesters.
    Sie musste ein Aufjuchzen unterdrücken, sobald ihre bloße Haut den kalten Marmorboden des Tempels berührte. Vorübergehend bereute Adrina die Anwandlung, das eigene Brautkleid anzulegen. An diese Eigentümlichkeit des Zeremoniells hatte sie nicht mehr gedacht. Alle Anwesenden hatten sich vor ihrem Gott aufs Gesicht zu werfen, und wie das gedämpfte Stöhnen und Schnaufen hinter Adrinas Rücken bezeugte, fiel es manchen karischen Adeligen schwerer als ihren Standesgenossen.
    Beinahe eine Viertelstunde mussten sie, während im Tempel Stille herrschte, auf dem Fußboden ausharren, angeblich damit sämtliche Gläubigen das Gewissen
    erforschen und über die Tauglichkeit ihrer Dienste nachsinnen konnten, die sie Xaphista erwiesen hatten. Adrina wünschte nichts anderes, als aufstehen zu dürfen. Der Fußboden war wirklich eisig.
    Zu guter Letzt richtete der Oberpriester sich unter unsäglicher Plackerei wieder auf, und die Versammelten ahmten sein Vorbild nach. Adrina kehrte sich, indem sie beschloss, sich wenigstens in der Öffentlichkeit umgänglich zu benehmen, Cratyn zu und lächelte ihn an. Unsicher nahm er ihre Hand und führte sie unter dem laschen, lustlosen Jubel der Hochzeitsgäste durch den Tempel zurück zum Portal.
    Auf der Freitreppe angelangt, verspürte Adrina beim Anblick Tristans und der Leibwache, die erneut im leuchtend

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