Dämenkind 2 - Kind der Götter
überwiegend beleidigte die Nase der rauchige Geruch der Holzbefeuerung, deren Dunst die Stadt ständig durchwallte, als wäre sie immerfort in Nebel gehüllt.
Die Aussicht, an dieser Stätte ihr gesamtes Leben zubringen zu müssen, ließ Adrina schier verzweifeln.
Die Vermählung fand – in nahezu ungehöriger Hast – schon am Tag nach der Ankunft statt. Vonulus übte mit ihr den karischen Hochzeitsschwur ein, und die Erste Hofdame Madren scheute keine Mühe, um zu gewährleisten, dass die Braut genau wusste, wie sie sich während der Trauung zu verhalten hatte. Kaum hatte das Schiff in Schrammstein angelegt, beförderte man Adrina in ihre geräumigen, aber zugigen Gemächer, um sie auf das am folgenden Tag vorgesehene Hochzeitszeremoniell vorzubereiten. Nicht einmal die Ehre, zuvor König Jasnoff oder Königin Aringard vorgestellt zu werden, gestand man ihr zu, eine Kränkung, über die Adrina innerlich vor Entrüstung schäumte.
Tamylan, die einzige Sklavin, die man ihr gelassen hatte, half ihr am Morgen vor der Eheschließung beim Ankleiden. Die Hofdamen blieben aus, sie hatten allem Anschein nach anderweitige Pflichten zu erfüllen, eine Sonderbarkeit, die Adrina allerdings keinerlei Kopfzerbrechen verursachte. Entschieden verwarf sie das steife, graue Seidenkleid, das nach Madrens Angaben das Hochzeitskleid sein sollte, und legte stattdessen das dem alten fardohnjischen Brauch entsprechende Brautkleid an, das sie im Gepäck hatte.
Ursprünglich war es für Cassandra geschneidert worden, jedoch zeichneten sie und Adrina sich durch ungefähr die gleichen Maße aus, deshalb hatte Adrina es ihrer jüngeren Schwester abgenommen, und sich jede Erklärung, wieso Japinel doch kein neues Kleid anfertigen sollte, schlichtweg gespart. Zwar saß es ein wenig
eng, und ihr war völlig klar, dass es Bestürzung hervorrufen musste, aber daraus machte sie sich wenig, weil der unverkennbare Widerwille Kronprinz Cratyns gegen sie, seine fürwahr unverdiente fardohnjische Braut, sie anhaltend wurmte.
Zu den wissenswerteren Dingen, die sie während des kurzen Aufenthalts auf Burg Setenton erfahren hatte, zählte unter anderem, dass vor dem Abschluss des Vertrags zwischen den Kariern und ihrem Vater Cratyn mit der Hofdame Virgina verlobt gewesen war und er das Bündnis gelöst hatte, um sich mit Adrina zu vermählen. Daraus ließen sich Cratyns Abneigung sowie Virginas erbärmliches Benehmen, sobald der Kronprinz in Sichtweite aufkreuzte, ohne weiteres erklären. Offensichtlich schmachtete die junge Frau in hoffnungsloser Liebe zu ihm, und Adrina vermutete, dass er Virginas Gefühle erwiderte. Doch sie hegte den festen Vorsatz, es zu schaffen, dass er das Vorhandensein dieser dummen Kuh vergaß, und wenn irgendetwas Adrinas beispiellose Schönheit vollauf zur Geltung brachte, dann allemal das seit alters gebräuchliche fardohnjische Brautkleid.
Dieses Gewand umfasste zwei Teile. Das dunkelblaue, in Reihen mit Diamanten besetzte Spitzenleibchen hatte lange, enge Ärmel, ließ den Bauch frei und bot einen verführerischen Einblick auf Adrinas üppigen Busen. Straff umschmiegte der Rock – im gleichen prächtigen Blau wie das Leibchen – ihre Hüften; er bestand aus etlichen Lagen durchscheinender Seide, die sich wie ein Wasserfall über ihre Beine breiteten. Ein Gürtel aus Silbergeflecht hielt den Rock. An dem Silbergürtel hing in seiner Scheide der kurze, mit Edelsteinen
geschmückte Brautdolch, den einst ihre Mutter getragen hatte.
Vor Jahrhunderten hatten fardohnjische Bräute ein Schwert an der Seite gehabt, doch heute geschah es nicht mehr aus Notwendigkeit, sondern allein noch aus Brauchtum, dass eine Braut sich mit einer Klinge ausstattete, und der Brautdolch war mehr Zierat als eine echte Waffe. Aber die Schneide war scharf. Adrina hatte sich, nachdem der Brautdolch ihr am Tag der Abreise aus Talabar von Hablet überreicht worden war, beim Prüfen der Klinge in den Finger geschnitten.
Die fardohnjischen Brautjuwelen verliehen ihrer Ausstattung Vollkommenheit. In ihrem Nabel stak ein blauer Diamant von unermesslichem Wert, der das aus Saphiren und Diamanten zusammengefügte Gehänge, das ihren langen, schlanken Hals umflocht, auf vollendete Weise ergänzte. Sie trug das Haar offen, sodass es ihr, wie es Sitte war bei allen fardohnjischen Bräuten, in ebenholzschwarzen Wellen bis hinab über die Leibesmitte hing. Über den Kopf hatte sie einen blau schimmernden Schleier geworfen, der ihr Gesicht verhüllte. Der
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