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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Leib-und-Magen-Roß, hast du doch verflucht, daß ihm von Rechts wegen die Ohren hätten abfallen müssen.«
    »War schon ein Prachtstück, dieses Tier, nicht wahr?« meinte sie liebevoll. So starrköpfig das Pferd auch gewesen sein mochte, Lucinda hatte immer die Oberhand behalten. Noch vor wenigen Jahren war sie mit beinahe jedem Exemplar fertiggeworden, auf das sie sich setzte.
    »Also worüber wolltest du mit mir reden?«
    »Über mein Testament«, sagte sie direkt. »Morgen werde ich den Anwalt kommen lassen. Besser, ich mache es gleich; denn es sieht so aus, als ob mir weniger Zeit bleibt, als ich glaubte.«
    Webb setzte sich neben sie auf das Sofa und nahm eine ihrer knochigen, zittrigen Hände in die seinen. Sie war zu gerissen und auch zu stolz, als daß sie sich mit Platitüden von ihm hätte trösten lassen; daher versuchte er es erst gar nicht. Aber es gefiel ihm nicht, sie gehen lassen zu müssen. Ganz und gar nicht! »Ich liebe dich«, sagte er. »Damals war ich stinkwütend auf dich, weil du bei dem Mord an Jessie nicht zu mir gehalten hast. Es hat verteufelt weh getan, daß du mich dazu für fähig gehalten hast. Ganz bin ich immer noch nicht drüber weg, aber ich hab dich trotzdem lieb.«
    Tränen traten ihr in die Augen, doch sie blinzelte sie energisch weg. »Natürlich bist du noch nicht drüber weg. Ich habe nie angenommen, daß du mir endgültig verzeihen würdest, und der Himmel weiß, ich hab es auch nicht verdient. Aber ich liebe dich auch, Webb, und halte dich seit jeher für Davenports besten Treuhänder.«
    »Überlaß es Roanna«, sagte er. Diese Worte sprudelten von ganz allein aus seinem Mund. Er hatte Davenport immer als sein Eigen betrachtet, als etwas, das einmal ihm gehören würde, und alle seine Kräfte darin investiert. Aber ganz plötzlich wußte er, daß es anders richtiger war. Davenport stand Roanna zu. Trotz allem, was Lucinda dachte, ja auch trotz allem, was Roanna dachte, war sie mehr als in der Lage, die Zügel zu übernehmen.
    Roanna war stärker und klüger, als alle annahmen, einschließlich ihrer selbst. Webb begann erst jetzt langsam ihren Charakter zu begreifen. Jahrelang hatte sie jeder für zart und schwach gehalten, alle hatten gedacht, daß das emotionale Trauma von Jessies Ermordung Roannas Ruin war; doch statt dessen hatte sie sich in sich selbst zurückgezogen, ausgeharrt, Kraft gesammelt. Man brauchte schon eine besondere Art von Stärke zum Ausharren in unabänderlichen Situationen – sich sozusagen einfach hinzuhocken und die Sache auszusitzen. In letzter Zeit jedoch kam Roanna mehr und mehr aus ihrem Panzer hervor, zeigte stückweise ihre Persönlichkeit, stand mit einer Reife und Gelassenheit für sich ein, die eher unauffällig sein mochte, aber gleichwohl vorhanden war.
    Lucinda blinzelte ihn überrascht an. »Roanna? Glaubst du nicht, ich hätte nicht schon längst mit ihr darüber geredet? Sie will Davenport nicht.«
    »Nein, sie will bloß nicht ihr Leben mit Finanz- und Papierkram verbringen sowie dem Studium von Börsenberichten«, korrigierte er. »Aber sie liebt Davenport. Überlaß es ihr.«
    »Du meinst, das Erbe aufsplitten?« fragte Lucinda vollkommen verwirrt. »Ihr das Haus überlassen und dir alles übrige?« Sie klang geschockt; das war unausdenkbar. Davenport und alles was dazugehörte, hatte immer in einer Hand gelegen.
    »Nein, ich meine, überlaß alles ihr. Es steht ihr auch rechtmäßig zu.« Roanna brauchte ein Zuhause, das hatte sie ihm selbst gesagt; sie brauchte etwas, das nur ihr gehörte, was ihr niemand mehr wegnehmen konnte. »Sie hat nie das Gefühl gehabt, irgendwo daheim zu sein; wenn du alles mir überläßt, wird sie glauben, sie wäre nicht tüchtig genug gewesen, um Davenport zu bekommen – natürlich würde sie sich mit jedem Testament einverstanden erklären. Aber dann fehlt ihr ihr Nest, Lucinda. Auf Davenport sollten Davenports leben, und sie ist die letzte.«
    »Aber ... aber selbstverständlich wird sie hier leben.« Lucinda blickte ihn unsicher an. »Du würdest sie nie wegschicken. Ach, du meine Güte! Das wird komisch aussehen, nicht wahr? Die Leute hätten was zum Tratschen.«
    »Sie hat mir erzählt, sie möchte sich etwas Eigenes kaufen.«
    »Und Davenport verlassen?« Allein der Gedanke erschreckte Lucinda. »Aber hier ist doch ihr Zuhause.«
    »Genau«, erwiderte Webb leise.
    »Also, sieh mal an!« Lucinda lehnte sich zurück und dachte über diese Wendung der Dinge nach. Doch eigentlich war es ja

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