Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
›borgen‹ und nach Watsa zu fliegen. Dort sollte der Pilot heimlich einen Deserteur, einen Offizier von Five Commando, aufnehmen. Nach Ablieferung des Deserteurs in Uganda sollte der Kubaner fünftausend Dollar erhalten. Und so kam es, daß Steady Haynes Tinker Burns mit einem Rucksack, der sechsundsechzig Pfund Goldbarren enthielt, aus dem Kongo herausbrachte. Und so kam Tinker Burns an das Kapital, um ins Waffengeschäft einzusteigen, und Steady möglicherweise an die viertausend Dollar, die er jeden Monat erhielt.«
»Was geschah mit dem kubanischen Piloten?«
»Wer weiß?«
Mott nickte nachdenklich, drehte sich mit seinem Sessel um und starrte aus seinem Eckfenster hinaus. Seine Aussicht ging auf einige andere Gebäude, die seinem sehr ähnlich sahen. Über ihren Dächern konnte er die landenden und startenden Flugzeuge am National Airport beobachten.
Den Blick noch immer auf die Flugzeuge gerichtet, fragte Mott: »Wissen Sie, daß Steady ein Buch geschrieben hat?«
Er drehte sich gerade rechtzeitig zurück, um Haynes nicken zu sehen. »Er und Isabelle. Seine Memoiren – oder Autobiographie.«
»Es ist natürlich urheberrechtlich geschützt«, sagte Mott.
»So?«
»In seinem Testament hat er Ihnen das Copyright übertragen. Ihr einziges Erbe, abgesehen von dem alten Caddy.«
»Mein eigenes Copyright. Stellen Sie sich das vor.«
»Hören Sie mir zu«, sagte Mott. »Vor zwei Wochen, als Steady sein Testament aufsetzte, kurz bevor er und Isabelle sich im Hay-Adams einquartierten, hat er ein versiegeltes Exemplar bei mir hinterlegt. Nach seinen Worten das einzige Exemplar. Des Manuskripts, nicht des Testaments.«
»Der Ausdruck ›einziges Exemplar‹ hat mich stets beunruhigt.«
»Mich auch«, sagte Mott. »Aber in diesem Fall kann es zutreffen.« Er hielt kurz inne, als beginne er einen neuen Absatz, und sagte: »Ungefähr dreißig oder fünfunddreißig Minuten, bevor Sie durch meine Tür kamen, hatte ich einen Anruf von jemandem, den ich als Anwalt mit sehr guten Beziehungen bezeichnen würde.«
»Was heißt, er ist ein Ex-Was?«
»Ein Ex-Senator mit einem Mandanten, der, wie er sagt, sehr großes Interesse daran hat, das Copyright an einem unveröffentlichten Werk von Steadfast Haynes zu erwerben. Was natürlich bedeutet, der Mandant möchte alle Rechte an Steadys Manuskript kaufen und kontrollieren: Druck, Tonaufnahmen, Film, Theater und so weiter. Der Senator war nicht ermächtigt, den Namen seines Mandanten preiszugeben, aber er war ermächtigt, ein Angebot zu machen.«
»Für etwas, was er nicht mal gelesen hat«, sagte Haynes.
»Exakt.«
»Wieviel?«
»Einhunderttausend.«
»Jemand will es tief vergraben.«
»Anscheinend.«
»Rufen Sie ihn zurück und sagen Sie ihm, der Sohn und Erbe will genau eine halbe Million. Und dann warten Sie ab, was er sagt.«
»Er wird nein sagen.«
»Dann sagen Sie ihm, der Sohn und Erbe hat einen steuerbegünstigten Abschreibungsfonds auf die Beine gestellt und plant derzeit, auf Grundlage des unveröffentlichten Manuskripts seines Vaters das Drehbuch für einen Kinofilm zu schreiben, die Regie zu führen und die Hauptrolle zu übernehmen.«
Mott starrte Haynes an und bemühte sich erst gar nicht, die rasche Neubewertung zu verbergen, die sein Verstand vornahm. »Ich dachte, Sie seien beim Morddezernat.«
»War ich, aber jetzt bin ich Schauspieler.«
»Ich glaube auch, Sie meinen es ernst.«
»Die Aufgabe eines Schauspielers ist es, dafür zu sorgen, daß Sie etwas glauben.«
»Steady konnte das normalerweise auch – dafür sorgen, daß ich fast alles glaubte. Beachten Sie, daß ich ›fast‹ betone.«
»Dann habe ich offenbar nicht nur ein Auto und ein Copyright geerbt, sondern auch eine Begabung.«
»Nehmen Sie die Hunderttausend«, sagte Mott. »Das ist mein bester Rat. Wenn Sie versuchen, mehr aus ihnen herauszuholen, könnten Sie eine ganze Menge Geld verlieren.«
»Ich habe schon eine ganze Menge Geld«, sagte Haynes.
»Merkwürdigerweise glaube ich Ihnen auch das.«
Mott fischte einen kleinen Schlüssel aus seiner Hosentasche und öffnete damit die untere rechte Schublade seines Schreibtisches. Aus der tiefen Schublade nahm er ein in festes braunes Packpapier gewickeltes, mit Bindfaden verschnürtes Paket heraus. Das Paket war an drei Stellen mit rotem Wachs versiegelt. Mott reichte es Haynes, der auf dem Etikett den handgeschriebenen Namen seines verstorbenen Vaters und die Adresse in Berryville, Virginia, las. Außerdem klebten
Weitere Kostenlose Bücher