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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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obwohl sie erst gestern abend in Chelsea angekommen waren. Sein Blick glitt über das Familienwappen an der Tür und mußte an das geschnitzte über dem großen steinernen Kamin in Falmouth denken. Was das erst ein paar Tage her? Er konnte sich nicht daran erinnern, es früher so schnell vermißt zu haben.
    Er sagte: »Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird.« Matthew schielte von oben auf ihn herab, sein Gesicht glänzte im hellen Sonnenlicht des Morgens wie ein roter Apfel. Auf dem Gut wurde er noch immer der junge Matthew genannt, eine Erinnerung an die Jahre, da er als junger Bursche die Pferde betreut hatte. »Fahr nach Chelsea zurück und kutschiere Lady Catherine umher!« Bedeutungsvoll blickte er Allday an. »Ich würde es als Gefallen betrachten, wenn du ihr Gesellschaft leisten würdest.«
    Es schien, als würden sich um die Augen des Mannes ein paar Lachfältchen bilden, die ihm mitteilen sollten: »Ich habe Ihnen ja gesagt, Sie kommen ohne mich nicht aus.«
    Bolitho musterte das schlichte Gebäude der Admiralität. Wie oft war er hierher gekommen? Um Befehle zu empfangen oder um ein Schiff zu betteln, um wieder zur Stelle zu sein, sobald sich die dunklen Wolken des Krieges über den Kanal wälzten. Hier hatte er Herrick getroffen, hier hatten sie sich als Freunde die Hände geschüttelt und wie Fremde getrennt.
    Bolitho hatte seinen Besuch durch einen Boten angekündigt und fragte sich, ob ihn Godschales Nachfolger warten lassen oder das Treffen für heute völlig platzen lassen würde. Es war seltsam, daß er sogar in der kleinen Welt der Marine so wenig über Sir James Hamett-Parke r wußte. Er hatte erst im Zusammenhang mit den großen Meutereien auf der
Nore
und vor Spithead mehr von ihm gehört. Ganz England war geschockt und erschreckt über den plötzlichen Ausbruch von Aufruhr gewesen, der sogar die verläßlichsten Männer zu Meuterern gemacht und England wehrlos der Gnade der Franzosen ausgeliefert hatte.
    Die Meuterer hatten sich in Räten organisiert, deren Sprecher ihre Forderungen vertraten. Die Bitte um bessere Lebensbedingungen auf allen Ebenen: Bezahlung, Verpflegung und Lockerung des unmenschlichen Drills, der einige Schiffe in Gefängnisschiffe verwandelt hatte. Hier machten bösartige Kapitäne den Seeleuten das Leben zur Hölle. Einige der Offiziere, die für ihre Brutalität und herzlose Behandlung bekannt waren, hatte man gewaltsam an Land gesetzt. Einer von ihnen war Hamett-Parker gewesen.
    Irgend jemand in der Admiralität mußte entschieden haben, daß bei Herricks Kriegsgerichtsverfahren keinerlei Schwäche oder Sympathie gezeigt werden sollte. Es war offensichtlich gewesen, daß man fest mit einem Schuldspruch gerechnet hatte. Hätte nicht sein Flaggkapitän die Aussage geändert, hätten Herrick die Entehrung und höchstwahrscheinlich der Tod erwartet. Hamett-Parkers sehr rigide Auffassung von Disziplin und Pflicht hatte ihn zur ersten Wahl für den Vorsitz des Gerichts werden lassen.
    Bolitho schnallte den Degen um die Hüfte. Es war nicht die Ehrengabe der guten Bürger von Falmouth für seine Verdienste im Mittelmeer und der Schlacht von Abukir, sondern die alte Familienwaffe. Sie war für seinen Großvater, Kapitän David, 1702 geschmiedet worden und war leichter als viele der modernen Klingen, dazu gerade und scharf wie immer. Ein Zeichen von Aufsässigkeit? Eher von Eigensinn würden einige behaupten. Er lächelte in sich hinein. Der Unterschied zwischen beiden war allerdings gering.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?« Eine Ordonnanz der Admiralität hörte auf, die Delphine aus Messing zu polieren, die eine Schiffsglocke hielten, und blickte ihn an. Sekundenschnell hatten seine wäßrigen Augen die glänzenden Epauletten mit den beiden Sternen, die Streifen an den Ärmeln und den goldenen Nilorden am Hals taxiert.
    »Bolitho, mein Name.« Was sollte er mehr sagen, daher fragte er: »Was ist mit Pierce?«
    Der Mann starrte ihn noch immer an. »Ich fürchte, der hat die letzte Reise angetreten, Sir Richard.« Er schüttelte den Kopf und fragte sich, wie es kam, daß der berühmte Offizier, geliebt von seinen Matrosen und allen, die unter ihm dienten, sich an den alten Portier erinnerte.
    »Das tut mir leid, kann ich irgendwie helfen?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Er war schon lange krank, Sir Richard. Hat oft von Ihnen gesprochen, ja, das hat er.«
    Bolitho entgegnete leise: »Er hat mir viel beigebracht …« Ärgerlich über sich selbst, brach er ab. Ein

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