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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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niederschlug. »Aber wie unser alter Nelson richtig zu sagen pflegte, dürfen Formalien nie die Initiative eines eifrigen Offiziers bremsen!« Er lächelte. »Vielleicht kommt er trotzdem nicht.« Eine innere Stimme flüsterte ihm zu:
Du wirst ihn vielleicht nie wiedersehen. Niemals!
Wie so viele andere Männer, die nur noch in der Erinnerung existierten.
    Sampsons persönlicher Steward huschte herein, fast ein zweiter Ozzard, aber mit dem Akzent der Slums Ostlondons. Er goß Wein nach und bemerkte: »Verzeihung, Sir Richard, aber mein oller Vater diente unter Ihnen auf der
Undine.
Hat 'ne Menge Gratisrum geschluckt, wenn er sein Garn von Sie gesponnen hat.«
    Er verließ die Kabine, und Bolitho blickte auf den warmen Wein. Wieder diese Familienfirma Navy, dabei hatte er ihm nicht mal seinen Namen genannt.
    Als sich die Abenddämmerung auf die verankerten Schiffe senkte, funkelten die Ankerlichter wie Glühwürmchen über das Wasser. Bolitho hörte, wie ein Boot in die Großrüsten einpickte. Die Handvoll verfügbarer Seesoldaten nahm stampfend Haltung an. Warum hatte er gezweifelt, daß Herrick kommen würde? Herrick würde es nicht aus Neugierde oder aus Freundschaft tun, sondern weil er immer pflichtbewußt gewesen war und auf Form hielt. Er würde nie Kapitän Sampsons Einladung ignorieren, ganz gleich, was er dachte. Das war das schlimmste: Er kannte ihn genau, vielleicht zu genau.
    Ein Posten der Marines öffnete die Tür, und sie traten ins Kerzenlicht. Bolitho erlebte zwei Überraschungen. Er konnte sich nicht erinnern, Herrick jemals ohne Uniform gesehen zu haben, sogar unter den gelockerten Bedingungen auf See, außerdem schien er in der kurzen Zeit um Jahre gealtert zu sein.
    Herrick trug einen dunklen Frack, nur das Hemd brachte in die Düsternis seiner Erscheinung etwas Farbe. Er ging leicht gebeugt, was wahrscheinlich auf seine Verwundung an Bord seines Flaggschiffs
Benbow
zurückzuführen war. Sein Gesicht wies tiefe Falten um den Mund auf, aber als er in den Schein der tanzenden Lichter trat, waren seine Augen unverändert: klar und blau, wie an dem Tag, als Bolitho ihn als Leutnant kennengelernt hatte. Sie schüttelten sich die Hände. Herricks Druck war hart und fest wie gegerbtes Leder.
    »Es tut gut, dich zu sehen, Thomas. Ich hätte nie gedacht, daß wir uns hier treffen würden.«
    Herrick blickte auf das Tablett, das ihm der schwarze Diener hinhielt. Er fragte kurz: »Ingwerbier?«
    Sampson schüttelte den Kopf und begann sich zu sorgen: »Nein, Sir, ich bedauere.«
    »Egal.« Herrick nahm ein Glas Rotwein. »Ich habe es auch nie geglaubt, Sir Richard. Aber wir müssen tun, was wir können, und ich hatte nicht den Wunsch, in England zu bleiben.« Seine blauen Augen blickten scharf. »Ohne Beschäftigung.«
    Erstaunlicherweise mußte Bolitho an den großen Seesoldaten denken, der ihm »guten Stoff« auf Hamett-Parkers Empfang in London gebracht hatte. Und wie er gesagt hatte, daß es falsch wäre, Herrick nach New South Wales zu schicken.
    Herrick blickte Avery an und dann auf die goldene Kordel an seiner Schulter. »Der andere wurde befördert, nehme ich an?«
    »Ja, Stephen Jenour hat sein eigenes Kommando.«
    »Wieder ein glücklicher junger Mann.«
    »Er hat es verdient.«
    Herrick sah zu, wie das Glas wieder gefüllt wurde, und wandte sich dann Kapitän Sampson zu. »Auf Ihre Gesundheit, Sir, aber ich beneide Sie nicht um Ihre Aufgabe hier.« Zu allen gewandt, fuhr er fort: »Es ist doch seltsam, daß wir einerseits unsere Kräfte schwächen, Schiffe und Männer abstellen, die anderenorts dringend gebraucht werden, nur um ein paar Wilde, die sich gegenseitig an die Sklavenhändler verkauft haben, zu finden und zu befreien.« Er lächelte plötzlich und für eine Sekunde sah Bolitho den dickköpfigen, aber auch einfühlsamen Leutnant von früher vor sich. »Andererseits verschiffen wir unsere eigenen Landsleute schlimmer als Vieh, nein, schlimmer als wilde Tiere, was diese Männer und Frauen nur gegen uns aufbringen kann.« Er wechselte das Thema. »Wie geht es Ihrer Ladyschaft, Sir Richard, und was macht die kleine Elizabeth?«
    »Lady Catherine erfreut sich guter Gesundheit, Thomas.« Sogar die Benutzung seines Titels war wie ein Schlag ins Gesicht.
    Herrick nickte ernsthaft. »Verzeihung, ich vergaß.«
    Das Mahl, das Sampson zusammengestellt hatte, erwies sich als überraschend appetitlich. Als Hauptgang gab es Wildgeflügel und saftigen Fisch, den die Boote vor Ort gefangen

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