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Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Mr. Ozanne, wenn es Ihnen recht ist!« Er blickte sich um und bat einen Matrosen: »In die Kabine, Thomas, meinen Degen, und etwas plötzlich, wenn es geht!«
    So unerwartet der Wind aufgekommen war, so begann es auch zu regnen, ein Schauer, der schnell und dicht über das Wasser zog und ihnen die Sicht nahm. Als er das Schiff erreicht hatte, blieben die Männer atemlos auf ihren Plätzen, einige prusteten voller Freude. Wieder waren Detonationen zu vernehmen, und wieder schien es nur ein Schiff zu sein, das feuerte. Dann war da eine große Explosion, die minutenlang andauerte. Tyacke empfand sie wie eine Faust, die am Rumpf der
Larne
rüttelte.
    Das ferne Geschützfeuer verstummte, nur das Rauschen des Niederschlags blieb. Dann zog der Regen ab, und die Sonne brach wieder durch, so als ob sie sich nur versteckt hätte. Die Segel, Decks und das Rigg dampften, und die Seeleute blickten sich an, als ob sie gerade eine Schlacht überlebt hätten.
    Aber der Wind blieb und machte die ferne Küste sichtbar. Stromkabbelungen erschienen auf dem Wasser.
    Der Ausguck rief: »An Deck! Segel im Südosten, Rumpf unter der Kimm!«
    Der Wind vertrieb den Dunst, und Tyacke realisierte, daß es zu einem großen Teil Pulverqualm war. Das andere Schiff war bereits so weit entfernt, daß es nur noch der Ausguck sehen konnte. Der Killer. Ein paar seiner Männer entfernten sich von den Geschützen oder hielten bei ihrer Arbeit inne.
    Sie starrten auf irgend etwas. Es hätte ein Riff sein können, doch es gab hier keines. Es hätte auch ein altes treibendes Wrack sein können, das man seinem Schicksal überlassen hatte. Aber das war es nicht. Es war der gekenterte Rumpf eines Schiffes, etwa von derselben Größe wie der
Larne.
Auf der einen Seite stiegen große Luftblasen auf, wahrscheinlich verursacht durch die Explosion. In kurzer Zeit würde das Schiff versunken sein.
    »Beidrehen, Mr. Ozanne! Bootsmann, Boote aussetzen!«
    Die Männer rannten an die Taljen und Brassen, als die
Larne
in den Wind drehte und die Segel back kamen. Noch niemals hatte Tyacke gesehen, daß die Boote so schnell ausgesetzt wurden. Die große Erfahrung, gesammelt bei der Überprüfung vermeintlicher Sklavenschiffe, machte sich jetzt bezahlt. Diese Männer, seine Männer, brauchten nicht angetrieben zu werden. Tyacke richtete sein Teleskop aus und sah die kleinen Figuren, die sich in Sicherheit zu bringen suchten oder schlaff in den treibenden Überresten des Riggs hingen.
    Diesmal waren es keine Fremden. Sie sahen aus wie sie selbst. Ein Offizier trug dieselbe Uniform wie Ozanne, die Seeleute hatten dieselben gestreiften Hemden an wie die Männer, die ihn umgaben. Auch Blut war im Wasser und umspülte das kieloben treibende Schiff, als ob es eine fürchterliche Wunde hätte.
    Die Boote schossen über das Wasser, Tyacke sah, daß der Dritte Offizier seinen Bootssteuerer auf etwas aufmerksam machte.
    Ohne hinzusehen, wußte Tyacke, daß der Schiffsarzt und sein Gehilfe an Deck bereitstanden, um den Überlebenden zu helfen. Es würden nicht viele sein.
    Wieder zerplatzten große Luftblasen. Tyacke mußte zur Seite blicken, als ein offensichtlich von der Explosion erblindeter Mann auftauchte, die Arme ausgestreckt, den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet. Tyacke ballte die Fäuste.
Das hätte ich sein können.
    Er blickte zur Seite und sah, daß sich ein junger Seemann bekreuzigte, ein anderer leise schluchzte.
    Ozanne senkte sein Fernglas. »Sie geht unter, Sir. Ich habe gerade den Namen sehen können: Es ist die
Thruster
.« Er schien es kaum zu fassen. »Das hätten wir sein können!«
    Tyacke drehte sich wieder um, damit er die Boote beobachten konnte, die sich so nahe wie möglich heranwagten, Leinen auswarfen und die Riemen denjenigen entgegenhielten, die schwimmen konnten. Die Brigg sackte langsam unter die Oberfläche ab, und ein paar Männer versuchten noch immer, von ihr wegzukommen, bevor sie ihre letzte Reise antrat. Es schien ewig zu dauern, bis die Leichen, die Überreste des Riggs und das verbrannte Segeltuch in einem wilden Strudel verschwunden waren.
    Tyacke sagte müde: »Eines der Schiffe von Sir Richard, Paul.« Er dachte an den Ausruf des Leutnants.
Das hätten wir sein können.
Und an den blinden Mann, der um Hilfe rief, obwohl es keine geben konnte.
    Pitcairn, der Navigator, fragte rauh: »Was hat das zu bedeuten?«
    Tyacke ging fort, um die wenigen zu begrüßen, die dem Tod entronnen waren. Er blieb am Fuß der Leiter zum Hauptdeck

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