DAEMON
hatte er nicht. Das obere Bett war frei und das Etagenbett an der anderen Wand ebenfalls. So viel Privatsphäre hatte er seit vier Jahren nicht mehr gehabt.
Mosely ließ die Ereignisse des Tages Revue passieren. Die synthetische Stimme hatte gesagt, sie werde ihm helfen. Warum? Er war ein dreimal verknackter Verlierer, der niemandem etwas zu bieten hatte. Das würde bald herauskommen, und dann hieß es zurück nach Highland und noch fünf Extrajahre abbrummen. Er drehte sich auf die Seite und versuchte, nicht darüber nachzudenken. Es tat so gut, sich wieder ein bisschen wie ein Mensch zu fühlen. Das Gefühl zu haben, dass jemand sich um einen kümmerte. Auch wenn es nicht stimmte. Im Einschlafen dachte er an seinen kleinen Sohn und wie er jetzt mit sieben wohl aussah.
Am nächsten Morgen öffnete sich Moselys Zellentür automatisch. Er setzte sich auf und sah zwei Aufseher wartend in der Tür stehen.
Der eine hatte ein Klemmbrett, auf das er jetzt schaute, ehe er wieder Mosely ansah. «Charles Barrington Mosely. Gefangener Nummer 1 - 1 - 3 - 1 - 9 - 0 - 0?»
Mosely nickte misstrauisch.
«Sie sollen heute entlassen werden. War das der Grund für Ihre Verlegung hierher?»
Mosely versuchte sich auf die Frage zu konzentrieren und nickte. «Ja, ich bin aus Houston.»
«Also, dann nehmen Sie Ihr Zeug.»
Mosely schnappte seinen Pappkarton – der noch unausgepackt auf dem Boden stand – und nickte, als sie ihm bedeuteten, die Zelle zu verlassen.
Nachdem sie ein paar hundert Meter durch Gänge zwischen weißen Metalltüren mit kugelsicheren Sichtfenstern gegangen waren, wurde Mosely durch eine Serie von stählernen Sicherheitstüren geführt. Aus jeder Ecke hoch unter der Decke starrten Kameras herab.
Die nächsten Minuten waren ein einziger Nebel. Mosely wurde ins Entlassungsbüro geführt, wo ein Aufseher hinter einem Stahlgitter die Kleiderkammer verwaltete. Regale hinter ihm enthielten Kartons mit persönlichen Dingen, die Gefangene am Tag ihrer Einlieferung abgegeben hatten. Moselys Magen krampfte sich vor Nervosität zusammen. Seine Zivilkleidung. Sein Schmuck. Seine Brieftasche. Er war noch keine vierundzwanzig Stunden in Fayette. Die Sachen konnten unmöglich aus Highland hierhergelangt sein. Er sah sich um. Aber von diesen Aufsehern hatte gestern keiner Dienst gehabt. Er beschloss, es einfach drauf ankommen zu lassen. Nur cool bleiben.
Der Kleiderkammer-Aufseher brachte einen größeren Karton und scannte einen Barcode an der Seite ein. Er blickte auf den Computerbildschirm, scannte dann den Barcode auf Moselys Overall. Der Computer piepte. Der Aufseher sah ihnan. «Mosely.» Er schob ihm ein Papier über den Schalter hin und reichte ihm einen Kugelschreiber. «Überprüfen Sie den Inhalt des Kartons und unterschreiben Sie. Wenn die Liste nicht vollständig ist, folgen Sie den Anweisungen unter 2a. Sie können lesen?»
Mosely nickte. «Ja.»
Der Aufseher schob ihm den Karton hin und nahm den Deckel ab.
Mosely war wie gelähmt. Er riss sich zusammen und zog den Karton an sich. Zuoberst lagen ein sorgsam gefaltetes Anzugjackett, ein frisches, noch verpacktes Set aus Hemd und Seidenschlips. Das waren nicht seine Sachen. Er befühlte den Anzugstoff. Gabardine. Beste Qualität. In seinen Glanzzeiten hatte er teure Anzüge gehabt. Der hier war vom Feinsten. A48 lang. Seine Größe. Er sah die Sachen weiter durch. Unter der Kleidung waren ein Paar Schuhe. Schwarz. Blitzblank. Ebenfalls seine Größe. Darunter lag in einem braunen Umschlag eine Titan-Rolex mit Oystergehäuse und dunkelblauem Zifferblatt.
Mosely sah auf. Der Kleiderkammer-Aufseher tippte auf seiner klebrigen Tastatur. Die anderen Aufseher erledigten ein Stück weiter irgendwelchen Papierkram. Niemand schien sich auch nur im Geringsten für ihn zu interessieren. Er wurde nach zwei Monaten Haft entlassen. Routinesache.
Er forschte weiter. Da war eine erstklassige Lederbrieftasche. Definitiv nicht seine. Er klappte sie auf. Zweihundert Dollar in Zwanzigern. Aber kein Ausweis – kein Führerschein, keine Kreditkarten. Wessen Brieftasche war das? Wie zum Teufel sollte er sich ausweisen? Er sah wieder in den Karton.
Da war auch noch ein Handy. Klein, mit Aluminiumgehäuse. Oder war das auch Titan? Verflixt klein, das Ding. Und schließlich lag ganz unten im Karton ein Kupferschlüssel ineinem eigenen Umschlag. Mosely musterte den Schlüssel von allen Seiten. Er war in keiner Weise
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