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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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das TeleMaster-System ein synthetisches Sprachmodul hat. Richtig?»
    «Ja.» So machten sie es also. Mosely erinnerte sich aus der Schulung, dass das System synthetische Sprachsoftware benutzte, um Kunden in der Warteschleife Ansagen ins Ohr zu sprechen. Man tippte einfach nur etwas ein, und das System las es dann übers Telefon vor. Vielleicht hatten die Computerleute ja daran herummanipuliert, um ihn zu verarschen. Na gut, erst mal würde er mitspielen. Er sah auf den Bildschirm. Wenn diese Abschlüsse real waren, spielte er nur zu gern mit.
    «Diese ganze Institution wird über Datenbanken gesteuert, Mr.   Moze-ly. Nicht nur das Callcenter. Türen, Beleuchtung, Buchhaltung, Dienstpläne – das alles regelt Datenbank-Software. Haben Sie das verstanden?»
    Er versuchte, seine Gereiztheit zu verbergen. «Ja.»
    «Ich will Ihnen meine Macht beweisen, Sie müssen nur einwilligen.»
Pause.
«Möchten Sie, dass ich Sie aus dieser Einrichtung heraushole?»
    Das war natürlich eine Falle.
    Sie antwortete genau darauf.
«Wenn ich ein Aufseher wäre, würde das hier juristisch das Provozieren einer strafbaren Handlung darstellen.»
    Während seines zweiten Knastaufenthalts vor fünf Jahren hatte er Jura studiert. Das Anwaltsexamen hatte er nicht geschafft, aber die Stimme hatte recht. Ihn zur Flucht anzustacheln wäre eindeutig das Provozieren einer strafbaren Handlung. Es würde den Computertypen, der diese Nummer hier abzog, in Teufels Küche bringen und ihm, Mosely, vielleichtein paar Straferleichterungen bringen, wenn er den Mund hielt.
    Sie wiederholte ihre Frage:
«Möchten Sie, dass ich Sie aus dieser Einrichtung heraushole? Ich kann nichts für Sie tun, solange Sie nicht ‹ja› sagen.»
    Er holte tief Luft und sah sich wieder um. «Ja.»
    «Wenn wir uns das nächste Mal sprechen, werden Sie wissen, was ich für Sie bewirken kann.»
Sie legte auf.
    «Computerschlampe.»
    Auf dem Bildschirm erschienen die Daten eines weiteren Abschlusses. Mosely blickte auf und sah den Schichtleiter die Reihe der Arbeitsplätze entlangkommen.
    «Mist   …» Aber da waren keine Aufseher beim Schichtleiter.
    Der Typ zeigte auf Mosely und lächelte. «Mosely, wie zum Teufel haben Sie sechs Abschlüsse in fünf Minuten hingekriegt? Das muss Betriebsrekord sein. Wenn Sie so weitermachen, kriegen Sie von mir eine Golfjacke.» Er ging an ihm vorbei.
    Mosely starrte auf das Stahldrahtgitter des Raumteilers vor ihm. «Das ist genau das, was ich brauche.»
     
    Mosely saß in einer nagelneuen Golfjacke auf seiner Zellenpritsche und las Cervantes’
Don Quijote
.
    Stokes, einer seiner drei Zellengenossen, lachte ihn schlichtweg aus. «Warum trägst du das bescheuerte Teil, Chaz?»
    Mosely sah nicht mal von seinem Buch auf. «Weil ich eine geschätzte Stütze dieses Knastbetriebs bin.»
    Stokes lachte schallend.
    Mosely war beliebt. Umgänglich, aber körperlich einschüchternd. Groß und muskulös, die Arme von Schussnarben und halbverblassten Gang-Tattoos überzogen. Er mieddie Muslimbrüder und genoss sogar bei den Latinos und den rechtsextremen Rassisten Respekt, weil er nun mal einfach Charisma hatte. Vielleicht hatte er ja deshalb eine Chance im Callcenter gekriegt.
    Stokes’ Lachen verstummte abrupt. Mosely sah auf. Vier Aufseher standen vor der Zellentür, angeführt von Alfred Norris, dem stämmigen, rotgesichtigen Wachleiter. Norris sah gar nicht erfreut aus.
    «Was soll das, Mosely? Gefällt es Ihnen hier so gut, dass Sie gar nicht wegwollen?»
    Mosely war auf der Hut. Er senkte das Buch. «Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Norris.»
    «Ihre Verlegung. Warum ist Ihr Zeug nicht gepackt?»
    Mosely blieb cool, aber irgendwas war hier im Gang. Er legte das Buch hin und stand auf. «Ich werde verlegt?»
    «Versuchen Sie gar nicht erst, mich zu verarschen, Mosely. Ich weiß nicht, wem Sie in den Hintern gekrochen sind, um in die mittlere Sicherheitsstufe zu kommen, aber ich habe keine Lust, den ganzen Tag hier herumzustehen und zu warten. Die Anweisung datiert vom letzen Monat, also müssen Sie’s gewusst haben. Kriegen Sie jetzt sofort Ihren Arsch hoch und packen Sie Ihren Krempel!»
    Das tat Mosely nur zu gerne.
     
    Fünf Minuten später ging Mosely, einen Pappkarton mit seinen persönlichen Habseligkeiten unterm Arm und verfolgt von den verwunderten Blicken seiner Nachbarn, den Zellengang entlang. Wortlos ließ er sich von den Aufsehern führen. Bald darauf stand er in der Sicherheitsschleuse zur Garage. Ein Aufseher scannte

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