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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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wirklich solide Leute. Sein Honda Si war auf einen Mann aus Oregon zugelassen, der beim Automobilzulieferer TRW arbeitete. Die feine Ironie entlockte Gragg stets ein Lächeln. Natürlich achtete er darauf, Zahlungsverpflichtungen, die er auf den Namen desjenigeneinging, immer pünktlich zu begleichen – zumindest solange er die jeweilige Identität benutzte.
    Doch durch das Fiasko mit den Filipinos stand er jetzt ohne anständigen Wagen da, und er hatte noch keine Zeit gehabt, sich eine neue Identität zuzulegen. Außerdem wollte Gragg im Moment nicht draußen herumlaufen und sich einen neuen Wagen kaufen. Zu riskant.
    Also musste er jetzt in seinen
eigenen
Wagen steigen – mit einem Laptop voller
Warez
und einer 9-Millimeter -Pistole. Die Pistole war nicht so ein Problem – schließlich war er hier in Texas   –, aber der Laptop machte ihn nervös. Er wusste, vor Schusswaffen hatte die Regierung keine Angst, vor Laptops hingegen sehr wohl – und was die Regierung fürchtete, das bestrafte sie. Wenn eine Verbindung zwischen seiner wahren Identität und der Welt des Hacking ans Licht käme, wäre das für ihn eine Katastrophe. Für die Behörden war er ein unbedarfter junger Typ ohne Highschool-Abschluss, der sich noch nie etwas hatte zuschulden kommen lassen, und dabei sollte es auch bleiben. Er hatte einen Degausser dabei und einen DC/​A C-Adapter für seinen Zigarettenanzünder. In der Not konnte er damit die Festplatte entmagnetisieren. Schlimmstenfalls würde ihn die Polizei dann verdächtigen, den Laptop geklaut zu haben. Aber das war keine große Sache.
    Gragg hatte ein paar Stunden geschlafen, nachdem es ihm gelungen war, Boerners Code zu knacken. Er konnte es zwar kaum erwarten, seine selbstgesetzte Aufgabe weiterzuverfolgen, aber es war ja möglich, dass da Schwierigkeiten auf ihn zukamen – also wollte er wach sein. Meth war keine Lösung. Das endete nur damit, dass man durchknallte und Schwierigkeiten übelster Art mit der Polizei bekam. Nein, es war wichtig, sein Blut clean zu halten.
    Als er neben dem Ford Tempo stand, musterte er nocheinmal seine Nachbarschaft. Die umliegende Leichtindustrie stellte Dinge wie Fliegengitter und Autozubehörteile her. Nach Einbruch der Dunkelheit war hier gewöhnlich alles ausgestorben, bis auf den einen oder anderen Pitbull hinter einem Zaun oder mal einen Sattelschlepper, der rückwärts in eine Einfahrt stieß. Heute Abend war das auch nicht anders. Gragg sog die Nachtluft ein. Sie war frisch und belebend.
    Er legte das GP S-Gerät neben sich auf den Vordersitz. Die Koordinaten der entschlüsselten Botschaft gehörten zu einem Ort irgendwo in der Nähe des Houston International Airport – in Nord-Houston, beim Beltway 8, zwischen Tomball Parkway und Interstate 45.   Wenn er sich recht erinnerte, war das Buschland mit kleineren Landstraßen, sumpfigen Flussarmen und versprengten Wohnsiedlungen.
    Gragg fuhr fast eine Stunde durch die kühle Nachtluft stadtauswärts. Zwischen den Büroparks und sonstigen Ansammlungen von Vorstadtbesiedlung wich die Straßenbeleuchtung schierem Dunkel, und die Sterne funkelten herab. Der angenehme Duft von Herbstlaub und Kaminrauch überlagerte streckenweise sogar den Schimmelgeruch des Wageninneren.
    In den Grobbereich der GP S-Koordinaten zu kommen war der leichtere Teil. Normalerweise hätte Gregg die Koordinaten einfach als Zielpunkt in sein GPS eingegeben, aber in diesem Fall wollte er keine Datenspur hinterlassen. Also verwandte er zwei Stunden darauf, einen Weg zu finden, der ihn seinem Ziel näher brachte, wobei er nur ab und zu einen Blick auf die Karte seines GPS warf. Etliche ländliche Strecken waren nicht in der Datenbank, sodass ihm nichts weiter blieb, als auf seinen Instinkt zu vertrauen und sich im Zickzack über kleine Sträßchen voranzutasten.
    Die Szenerie wechselte zwischen schmalen, waldgesäumten Straßen, blitzblanken Neubausiedlungen und schmutzigenIndustrieanlagen. Gegen ein Uhr morgens fand Gragg eine Landstraße, die ihn endlich bis auf zwei Dezimalstellen an seinen Zielpunkt heranführte. Als er gerade wieder in niedrig bewachsenes Ödland hinauskam, tauchte plötzlich zwischen Baumgruppen zu seiner Linken ein halb verfallen aussehendes, niedriges Schlacksteingebäude auf. Laut Schild handelte es sich um die «Spedition Nasen», obwohl auf dem Parkplatz hinter dem Maschendrahtzaun kein einziger Lkw zu sehen war. Eine einsame Straßenlaterne schien von einem Telefonmast neben dem Tor herab.
    Gragg

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