DAEMON
wie ihr widerstand. Er hatte sich inzwischen eingeredet, dass selbst seine Frau das verstehen würde.
Trotzdem war es ein ungünstiger Zeitpunkt, um einfach zu verschwinden. Aber sie konnten ihn ja telefonisch erreichen, oder? Die Feds würden wahrscheinlich sowieso die ganze Nacht damit beschäftigt sein, das CyberStorm-Netzwerkauseinanderzunehmen. Und das Sobol-Anwesen? Ach, zum Teufel, dort waren Hunderte Polizeibeamte. Wenn es aufflog, würde es ihm kein Mann auf dieser Welt verübeln.
Er zögerte. «Ich bin nur …» Er fand keine Worte.
«Du musst wissen, was du willst, Pete.»
Das wusste er verdammt genau, natürlich würde er hinfahren. Mit ihr war er jemand ganz anders. Da rückten alle seine Verpflichtungen in weite Ferne. Es gab nur das eine Ziel im Hier und Jetzt – sie zu erobern. Denn das war gefordert: Eroberung.
«Bin unterwegs.»
Der Wilshire Boulevard zwischen Beverley Hills und Westwood Village war eine Schlucht zwischen schicken Hochhäusern. In Los Angeles wirkten sie irgendwie deplatziert, so als hätte jemand ein Stück von Manhattans Upper Eastside in die vorstädtische Bebauung dieser Stadt verpflanzt. Hier lag Cheryls Firmenapartment.
Cheryl hatte irgendeinen hochkarätigen Job bei einem Hersteller medizinischer Geräte. In einem seiner Anfälle von Neugier hatte Sebeck sie überprüft. Sie hatte eine erstaunlich harmlose Vergangenheit: Vorbereitungsstudium für Medizin, makellose Kreditauskunft, keine Vorstrafen. Die Firma, bei der sie war, verkaufte und installierte komplexe Diagnose-Systeme, und Cheryl reiste in der Welt herum und fädelte Millionendeals ein. Sie hatte Geld – in einem Umfang, von dem Sebeck nur träumen konnte. Und sie verfügte über allerlei zusätzliche Annehmlichkeiten wie die Firmensuite in diesem pseudoprovenzalischen Wohnturm mit Kupferdach.
Sebeck hatte noch eine Parkkarte, konnte also den Portier umgehen. Sein Gesicht war ständig in den Medien, und er wollte hier nicht gesehen werden.
Als er im fünfzehnten Stock aus dem Lift trat, vergewisserteer sich, dass nirgends jemand im Flur war. Er ging auf Cheryls Wohnungstür zu und bemerkte, dass sie nur angelehnt war. Nachdem er sich noch einmal umgeblickt hatte, stieß er die Tür auf. Cheryl stand unter einem Halogenspot in der Diele. Sie trug ein schwarzes Cocktailkleid mit Spaghettiträgern. Ihre langen Beine und wohlgeformten, unbeschuhten Füße steckten in schwarzen Strümpfen mit Strapsen, die unterm Rocksaum hervorguckten. Ihr rostrotes Haar glänzte im Licht. Sie lächelte und winkte ihn mit dem Zeigefinger heran. Sie war noch schöner, als er sie in Erinnerung hatte. Keine Frage: Für sie alles zu riskieren war es definitiv wert.
Sebeck trat ein und zog die Tür hinter sich zu. Er wusste, dass er von ihr keinen Trost zu erwarten hatte. Was sie beide verband, war etwas anderes. Als er fast bei ihr war, wirbelte sie herum und führte einen Karatetritt gegen seinen Kopf. Er konnte ihr Bein gerade noch rechtzeitig abfangen. Die Wucht schleuderte ihn gegen die Wand.
Sie reagierte mit einem Schlag mit offener Hand, genau auf sein Gesicht gezielt. Er duckte sich weg und ließ ihr Bein los. «Vorsicht! Keine sichtbaren Spuren! Cheryl –»
«Sch-sch.» Sie legte ihm einen lackierten Fingernagel auf die Lippen.
Sebeck nutzte den Moment, um sie am Handgelenk zu packen und ihr den Arm auf den Rücken zu drehen. Scheinbar aus dem Nichts zückte er ein Paar Handschellen. Sie versuchte sofort, ihm die Beine wegzutreten, aber er blockte den Tritt ab. Ihre Schienbeine krachten aufeinander, und er stürzte sich auf sie, um sie zu Boden zu werfen. Er fühlte den Widerstand ihres kräftigen, schmalen Körpers, dann hebelte sie ihn mit einem Wurf über sich hinweg. Er prallte auf den Teppichboden.
Nach Luft ringend, schaffte er es zu zischen: «Wir müssen leiser –»
Sie stieß ein Tigerfauchen aus, kickte die Handschellen weg und versetzte ihm ein paar gemeine Faustschläge in den Bauch. Seine angespannten Bauchmuskeln fingen das Schlimmste ab.
Sie lächelte neckisch und biss ihn leicht ins Ohr. «Du verdammtes Bullenschwein.» Sie nahm ihn in den Schwitzkasten und drückte zu.
Eine Mischung aus Parfüm und Schweiß stieg ihm in die Nase. Adrenalin schoss durch seine Adern. Wenn das nicht Liebe war, war es jedenfalls fast so gut. Er fühlte sein Bewusstsein schwinden. Er schlug ihr mit offenen Händen auf die Ohren. Sie löste sofort den Würgegriff und hielt sich den Kopf.
Er rollte sich
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