Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)
Danielles Herz langsam nicht mehr ganz so heftig hämmerte, fiel ihr ein anderes Geräusch auf: Armand, der leise vor sich hin lachte.
»Ich konnte spüren, wie sie nach mir griff«, sagte Gerta. »Als ob ihre Magie ein Unkraut wäre, das seine Wurzeln in meine Adern krallt. Wenn Vater Isaac sie nicht abgeschnitten hätte, hätte sie mich auch geholt. Es tut mir leid.« Gerta wischte sich das Gesicht ab, als sie sich Talia zuwandte. Isaac nahm einen Umhang und legte ihn ihr um die Schultern. »Sie war überrascht. Sie hat nicht damit gerechnet, dass jemand versuchen würde, einen der Splitter zu entfernen, aber jetzt wird sie darauf vorbereitet sein. Sie wird darauf warten, dass ich es wieder versuche.«
Isaac stellte Kelch und Splitter auf ein kleines Regal und murmelte einen schnellen Segen über beide, ehe er wieder zum Prinzen zurückging. Er legte eine Hand auf seine Brust und fing an zu beten.
»Nicht einmal unsere Mutter konnte derartige Magie wirken!«, flüsterte Gerta. »Schnee hat Isaacs Schutzzauber durchbrochen und meine eigenen Zauber abgeschüttelt – und das alles durch so ein winziges Stückchen Glas!«
»Du bist immer noch hier«, sagte Talia, »und das ist es, was zählt. Wir werden einen anderen Weg finden.«
Wieder lachte Armand. Ein dünner Blutfaden lief an seinem Bauch hinunter und befleckte den Bund seiner Hose. »Erzählst du solche Lügen, um dich selbst zu trösten, Talia? Oder bist du so dumm, dass du glaubst, was du sagst?«
Danielle ging vom Altar weg. Seit dem einen fehlgeschlagenen Versuch, Gerta zu packen, hatte Armand sich nicht mehr bewegt. »Vater, wird Eure Magie ihn festhalten?«
»Seinen Körper«, antwortete Isaac, während er ebenfalls vom Altar wegtrat. »Für den Augenblick.«
Danielle bedeutete den anderen, ihr zu folgen, und begab sich zur anderen Seite der Kapelle. Mit gesenkter Stimme sagte sie: »Danke, dass du es versucht hast, Gerta.«
Gerta rang sich ein schiefes Lächeln ab. » Jetzt vertraust du mir also?«
Gerta mochte eine Fremde sein, doch die Vertraulichkeit, mit der sie sprach, erinnerte Danielle so sehr an Schnee, dass sie ein Lächeln nicht verkneifen konnte. »Es ist ein Anfang.«
»Wird Schnee jetzt hinter dir her sein?«, fragte Talia.
»Ich glaube nicht.« Gerta inspizierte ihren Daumen: Blut quoll aus dem Schnitt, deshalb wickelte sie den Saum ihres Umhangs darum. »Sie hat mich vor sich selbst versteckt und sich die Erinnerung an mich aus dem Verstand gerissen, um mich vor dem Dämon zu beschützen. Sie weiß, dass jemand versucht hat, Armand zu befreien, aber sie weiß nicht, wer ich bin.«
Danielle drehte sich weg. Wozu hatte Schnee Gerta ausersehen? Gerta war nicht stark genug, um gegen einen Dämon zu kämpfen. War sie bloß ein Mittel für Schnee, irgendeinen Teil ihrer selbst zu retten?
»Was nun?«, wollte Talia wissen. »Der halbe Palast ist auf den Beinen und macht Jagd auf Schnee und den Prinzen, aber wir wissen nicht, wo sie als Nächstes hin will.«
»Sie ist auf dem Meer«, sagte Gerta.
Die anderen drei starrten sie an.
»Als Schnee versucht hat, mich zu packen, da … ich glaube, da habe ich auch einen flüchtigen Eindruck von ihr erhascht. Von ihrem Aufenthalt und ihren Gedanken. Wie ein Albtraum, der versuchte, mich in die Dunkelheit zu ziehen und zu verschlingen, aber ich sah Wasser, und ich spürte die Bewegungen das Decks.«
»Sie ist auf dem Weg nach Hause!«, flüsterte Talia. »Nach Allesandria.«
»Woher weißt du das?«, wunderte sich Gerta.
»Sie sprach vom Schmerz, die Heimat zu verlassen. Seinem Geburtsrecht zu entsagen.« Talia senkte den Blick. »›Niemand hat dich gezwungen zu fliehen, deinem Thron den Rücken zu kehren.‹ Sie sprach von mir, aber …«
»Aber auch von sich«, beendete Danielle Talias Satz. »Bei günstigem Wind sind wir vielleicht in der Lage, sie abzufangen, bevor sie Allesandria erreicht.«
»Weißt du denn, wie man einen Dämon aufhält?«, wandte Gerta ein. »Sie hat deinen Sohn entführt und ist durch den Palast spaziert, als ob Wachen und Abwehrzauber gar nicht existierten!«
»Berichte über solche Wesen sind selten«, sagte Isaac. Er hakte die Daumen in seine Halskette ein und fing an, auf und ab zu gehen. »Die Kirche lehrt, dass Dämonen Bestien der Hölle sind. Gemäß ihrer Natur verbreiten sie Schmerz und Chaos und hören nicht damit auf, bis sie vernichtet oder in die Hölle zurückgeschickt werden.«
»Es gibt Theorien, dass die Hölle einfach nur eine andere
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