Daemonen kuesst man nicht
Körper strömen.
Officer Reynolds beugte sich über seinen Schreibtisch, faltete seine Hände und sah mich ernst an. »Greife sind die Lieblingszwischenmahlzeit von Sukkuben.«
Mir schlug das Herz bis zum Hals.
Dimitri hatte es schon wieder getan. Vielleicht war das ein Charakterzug von Greifen. Ich wollte es verstehen, aber es gelang mir nicht – es machte mich verrückt, dass er immer wieder einfach verschwand, um alles selbst in die Hand zu nehmen. Und das bedeutete üblicherweise, dass er sich selbst dafür opferte, was, wie er annahm, das Beste für die Gemeinschaft war. Er hatte kein Recht, das zu tun, vor allem wenn er nicht einmal den Anstand besaß, mir zu sagen, was er vorhatte.
Reynolds sah mich an, als würde er mich zum ersten Mal sehen. »Ah, also bringen Sie den Greif nicht in die Stadt, um eine Art Markierungssignal zu setzen?«
»Hören Sie auf«, befahl ich. Ich wusste zwar nicht genau, wer Officer Reynolds war, aber jetzt war das Maß voll. »Warum würde jemand einen Menschen als Markierungssignal benützen?« Das ist schrecklich , dachte ich. Mit Absicht. Um ihn auszutesten.
Zumindest besaß Reynolds jetzt die Höflichkeit, peinlich berührt dreinzuschauen. »Früher war das die übliche Vorgehensweise. Greife können Sukkuben sogar bekämpfen, zumindest für eine Weile. Sicher kennen Sie die Geschichte von den zwei Clans der Greife, die London im Jahr 932 nach Christi Geburt verteidigten? Diejenigen, die auf dem Londoner
Wappen verewigt wurden?« Er schüttelte den Kopf. »Schon gut.«
»Wissen Greife Bescheid? Darüber, was Sukkuben ihnen antun können?«
»Natürlich. Greife setzen alles daran, ihnen aus dem Weg zu gehen.«
Nur mein Greif nicht.
Die Sukkuben konnten mir gestohlen bleiben – ich würde Dimitri selbst umbringen.
Mit wütend funkelnden Augen und einer Genehmigung für Dämonenkiller-Anfänger stürmte ich aus dem Amt für Innermagische Angelegenheiten. Dimitri besaß die Frechheit, sich in Gefahr zu begeben, ohne mir etwas davon zu sagen. Natürlich wollte ich meinem Onkel Phil helfen, aber nicht auf Kosten des Mannes, den ich vielleicht liebte. Für irgendwelche Liebesgeständnisse war ich allerdings nicht in Stimmung. Im Augenblick würde ich Dimitri ebenso gern von der Leiter der Drachenlady stoßen wie ihn küssen.
Die Biker-Hexen hatten sich auf dem Parkplatz breitgemacht und grillten Würstchen und gaben Gummi. Irgendein Witzbold ließ Runnin’ with the Devil von Van Halen aus einem Ghettoblaster plärren. Dimitri konnte ich auf den ersten Blick nicht entdecken. Wenn wir zusammenarbeiten wollten – verflixt, wenn wir zusammen sein wollten –, dann sollte er jetzt besser offen und ehrlich mit mir reden.
Parate, mein Jack-Russell-Terrier, schoss wie ein Donnerschlag in Miniaturausgabe aus der Menge auf mich zu. »Lizzie!«
Seit ich das Alter erreicht hatte, in dem meine Kräfte als Dämonenkillerin wirksam geworden waren, konnte ich meinen Terrier reden hören – und er redete und redete!
Parate rammte mein Knie, prallte zurück und sprang wieder an mir hoch. »Ich helfe Sidecar Bob beim Grillen! Möchtest du einen Hotdog? Es gibt zwei Geschmacksrichtungen – roh und gebraten.«
Rasch hob ich ihn hoch, bevor er sich selbst verletzte. Er
schmiegte sich zappelnd an mich, während ich ihm einen Kuss auf seinen Nacken drückte. Parate war das einzige Wesen in meinem Leben, aus dem ich immer schlau wurde.
»Hast du Dimitri gesehen?«, fragte ich ihn und wischte die Würzmischung von Käsechips von seinem Rücken. Sollten die Hexen ihn doch mit Junkfood füttern. Wenn Parate nicht zur Hälfte orange gefärbt war, war er hauptsächlich weiß, mit einem braunen Fleck auf dem Rücken, der sich über seinen Nacken und eines seiner Augen zog.
»Dimitri? Klar! Dimitri hat mir Black Jack beigebracht! Es wäre einfacher gewesen, wenn ich zählen könnte. Soll ich es dir zeigen? Ich weiß, dass du mir immer ein paar Tricks beibringen wolltest.«
Wie wahr, allerdings hatte ich dabei eher an so etwas wie »Sitz!« und »Gib Pfötchen!« gedacht. Und vielleicht eine nette kleine Rolle, die nicht unbedingt im eingezäunten Rosengarten meiner Adoptivmutter mit den preisgekrönten Daisy-Bess-Rosen stattfinden sollte.
»Also, wo ist Dimitri?«, wiederholte ich und ließ den Blick über den heißen Parkplatz schweifen. Die Hexen hatten sich überall ausgebreitet, ganz zu schweigen von den üblichen Besuchern der Einkaufsmeile. Es war kaum zu erkennen,
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