Dämonen-Spiele
len würde; selbst das Spiel hatte seine Grenzen. Entweder er schaffte die Flucht jetzt, oder es würde nie mehr etwas daraus.
Er legte den Keim im Laufen an die Stirn. Schon kam ihm die Idee. »Jenny!« rief er. »Laß das Seil runter! Mach es fest!«
Sofort warf Jenny ein Ende des Seils herunter, während sie das andere an einer Felsnadel befestigte. Dug griff danach, packte es und riß die Beine gerade noch rechtzeitig hoch, um einem weiteren Dampfstoß zu entgehen, der nun statt dessen gegen die Wand klatschte. Er hangelte sich am Seil hoch, stemmte sich mit den Beinen an der Wand ab. Und der Drache ließ es zu. Weil es eine Zulässige Flucht war. Natürlich hätte ihn der Drache im wirklichen Leben sofort erledigt; aber das Spiel verlangte nun einmal, daß dem Spieler jede Chance gegeben werden mußte. Wahrscheinlich war es mit dem Rokh im Ärgerbaumwald dasselbe gewesen, und auch mit dem Zensurschiff. Dug brauchte nur zu lernen, wie man das Spiel richtig spielte.
Er schaffte es bis zum Vorsprung und stemmte sich über die Kante. Keinen Augenblick zu früh – langsam bekam er von der ungewohnten Anstrengung Krämpfe in den Armen. Da spielte es auch keine Rolle, daß es sich nur um ein Spiel handelte und er in Wirklichkeit gar nicht hier war, und daß sein wirklicher Körper wie hypnotisiert vor dem blöden Bildschirm saß. Er hatte sich inzw i schen voll und ganz eingestimmt und spürte genau das, was er auch spüren sollte. Und das war im Augenblick überwiegend Freude, weil er nun wußte, was er tun mußte, um an sein Ziel zu gelangen, gleich, welches das sein mochte. Er hatte eine vernünft i ge Entscheidung gefällt, sich von Nada Naga zu trennen, um sich damit eine törichte Ablenkung vom Hals zu schaffen. Und jetzt hatte er beschlossen, das Spiel richtig zu spielen, nachdem er be i nahe den Faden verloren hätte und wieder hinausgeflogen wäre.
Und so stand er nun auf dem Vorsprung und blickte auf den Drachen herab. Der Drache wiederum blickte zu ihm hinauf. Und dann zwinkerte er.
Doch es gab noch etwas, was an Dug nagte. Er war tolpatschig gewesen, selbst wenn man alle hinderlichen Faktoren berücksic h tigte. Er war dem Drachen fast direkt vor die Schnauze gefallen. In diesem Augenblick hatte er etwas getan, was eigentlich ein tödl i cher Fehler hätte sein müssen – und wofür er dementsprechend hätte büßen müssen. Com-Puter hatte keinerlei Gnade walten la s sen, als er den Rätselwettbewerb verlor. Weshalb war der Drache dann soviel großzügiger verfahren?
Dug ging die Sache noch einmal durch, weil er den Verdacht hegte, daß er möglicherweise einen Schlüsselfaktor übersehen ha t te. Schlüsselfaktoren waren hier sehr wichtig. Sie ließen sich auf mehr als eine Situation anwenden, so beispielsweise auch der Keim. Und deshalb wollte er diesen ergründen.
Er war herabgestürzt, während er versuchte, die Rampe zu ze r trümmern, damit der Drache nicht bis zum Felsvorsprung kam. Dann hatte er am Boden gelegen, während der Drache gerade die Rampe hinaufkletterte. Der Drache wollte die beiden auf dem Felsvorsprung festsitzenden Leute verschlingen. Also hatte Dug geschrien und die Aufmerksamkeit des Drachen auf sich gelenkt.
Und genau das war es auch: Er hatte – im Eifer des Gefechts – selbstlos gehandelt. Er hatte sich in Gefahr begeben, um seine Gefährten zu retten. Dabei spielte es keine Rolle, daß der Drache nicht wirklich hinter ihnen her gewesen war, weil die eine seine Gefährtin und der andere nur ein gewöhnlicher Mitreisender war. Es zählte nur, daß Dug etwas Großmütiges getan hatte. Wah r scheinlich hatte er sich damit einen Bonuspunkt verdient. Deshalb hatte der Drache ihn entkommen lassen – natürlich nur nach e i nem entsprechenden, angemessenen Theater!
Jetzt war Dug alles klar. Und so zwinkerte er seinerseits dem Drachen zu.
Dann drehte er sich um. »Mal sehen, wie es hier weitergeht«, sa g te er. »Ich bin sicher, daß es einen Weg nach oben gibt. Was meint Sammy dazu?«
Die kleine Katze huschte die Stufen aus Schnee empor, welche die beiden bis zu dem höhergelegenen Felsvorsprung angelegt hatten. Sammy wußte, wo es langging – jetzt, da sie den Drachen hinter sich zurückgelassen hatten. Die Gefährtin durfte zwar he l fen; aber die eigentliche Herausforderung mußte der Spieler schon selbst meistern. Also gut.
Und was würde die nächste Aufgabe sein? Das konnte er in E r fahrung bringen. »Jenny, was werden wir südlich der Spalte vorfi n den?«
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