Dämonen zum Frühstück
Begeisterung über seine Einsicht in die Hände klatschen müsste. Ich zuckte aber nur lässig mit den Achseln, was er wahrscheinlich ziemlich enttäuschend fand.
Er seufzte. »Leider geht es mal wieder um Geld. Sogar für die Kirche. Und das bedeutet, dass wir auf Spenden angewiesen sind.«
»Die natürlich um ein vieles üppiger fließen, wenn die Kirche einen solchen Schatz beherbergt«, fügte ich hinzu.
»Genau. Während es in den meisten Pfarreien irgendwelche Reliquien gibt, so ist doch die Sammlung von St. Mary etwas ganz Besonderes.«
»Und das funktioniert? Als PR – meine ich?«
»Wohl schon«, meinte er. »Darum sind zum Beispiel ja auch Sie heute hier.«
Ich verstand. »Natürlich! Die ganzen noch unkatalogisierten Schenkungen und Nachlässe.«
»Hier gibt es Kisten voll von Reliquien, Familienerbstücken und alten Taufurkunden. Außerdem Unmengen von Briefen, die sich Paare schrieben, die in unserer Kirche heirateten. Es ist ein riesiges Durcheinander. Alles natürlich sehr interessant, aber nur einige Dinge davon lohnen aufgehoben zu werden. Und kaum etwas befindet sich in irgendeiner Art von erkennbarer Ordnung.«
Mir wurde ganz anders. »Wie viel ist es denn?«
»Etwa dreihundert Kisten voller Dokumente und zweihundert weitere, in denen alle möglichen Sachen lagern.«
Ich schluckte.
Ich glaubte, einen Anflug von Belustigung im Gesicht des Priesters zu erkennen, aber vielleicht irrte ich mich auch. Das Licht im Keller war nicht sehr gut.
»Wie viel Zeit haben Sie?«, erkundigte er sich.
»Heute?« Ich warf einen Blick auf meine Uhr. »Bis um zwei. Da muss ich meinen Babysitter erlösen.« Ich hatte natürlich noch wesentlich mehr zu tun, aber ich nahm nicht an, dass sich Father Ben dafür interessierte.
»Dann haben Sie eineinhalb Stunden Zeit, sich einen ersten Überblick zu verschaffen«, sagte er. Mir fiel auf, dass er gar nicht auf die Uhr gesehen hatte, um diese genaue Zeitangabe zu machen. »Das dürfte fürs Erste reichen, vermute ich.« Er sah mich an, und diesmal war ich mir sicher, ein Lächeln über sein Gesicht huschen zu sehen. »In Wahrheit ist es nicht so schlimm, wie es sich anhört. Da mögen zwar dreihundert Kisten mit Dokumenten sein, aber dabei handelt es sich eigentlich nur um die Spenden von etwa fünfunddreißig Wohltätern. Und von denen haben nur etwa zehn herausragende Erbschaften hinterlassen.«
»Okay …« Ich war mir nicht sicher, was er sagen wollte. Zehn war natürlich eine wesentlich kleinere Anzahl, aber diese dreihundert Kisten standen hier noch immer irgendwie im Keller herum und warteten darauf, von mir durchsucht zu werden – und zwar in der vagen Hoffnung, irgendeinen Bezug zu Goramesh und seinen Absichten herstellen zu können.
Der Priester schien Mitleid mit mir zu haben und erklärte, was er meinte. »Die Hauptspender möchten natürlich ihre Spenden steuerlich absetzen, weshalb jede Gesamtspende mit einer kurzen Beschreibung der einzelnen Gegenstände versehen ist.« Er hielt die Hand hoch, als ob er meinen (überhaupt nicht vorhandenen) Protest abblocken wollte. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Das waren alles fromme Leute. Die Sachen wurden gespendet, weil sie der Kirche zugute kommen sollen. Aber selbst wenn man Richtung Himmel blickt, so befinden sich unsere Füße doch noch auf dieser Erde.«
»Dem Kaiser, was dem Kaiser gebührt«, erwiderte ich lächelnd.
»Genau.«
Das alles verstand ich nur allzu gut. Momentan hatte ich auch ganz und gar nichts gegen die Pingeligkeit des Finanzamts einzuwenden. Dieses Wohlwollen würde sich wahrscheinlich bei der nächsten Steuererklärung ändern; aber bis dahin würde ich mich mit dem größten Vergnügen mit den Listen der Spender auseinandersetzen, um herauszufinden, ob sich darauf eine Reliquie befand, die etwas mit meinem Fall zu tun hatte. Man konnte nie wissen. Vielleicht würde ja gleich der erste Eintrag eine große Kiste mit Knochen betreffen.
Father Ben erklärte mir, dass sich die besagten Kisten bereits in einer gewissen Ordnung befanden. Alles, was einen Wert besaß – einschließlich erstklassiger Reliquien wie zum Beispiel Knochen –, war zur Seite geräumt und im Tresorraum verstaut worden, damit sich der Archivar zu gegebener Zeit damit auseinandersetzen konnte. Die restlichen Kisten voller Dokumente, unter denen sich vermutlich auch eine Liste all der Dinge befand, die bereits herausgenommen worden waren, wurden im Keller gelagert, wo sie darauf warteten, begutachtet, aussortiert und
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