Dämonen-Zwillinge
auch nicht! Ihr seid mir fremd. Ich bin nicht eure Mutter, und ich will es auch nicht sein, verdammt noch mal.
»Wovor fürchtest du dich?«
Beinahe hätte sie gelacht. Wie einfach war es zu beantworten! Sie fürchtete sich davor, dass sie noch einmal umgebracht wurde, wie es damals bereits geschehen war.
Ein schweres Atmen füllte die Umgebung. Es dauerte etwas, bis Dagmar festgestellt hatte, dass sie es war, die diese Geräusche ausgestoßen hatte. »Nein«, sagte sie stockend, »nein, ich will nicht. Ich will es, verdammt noch mal, nicht. Geht! Verschwindet wieder. Haut ab. Das hier ist kein Platz für euch.«
»Kinder müssen auch bei ihren Müttern bleiben...«
»Ihr seid keine Kinder mehr. Ich bin auch nicht eure Mutter, verflucht noch mal. Versteht das.«
»Doch, du bist es.«
»Ihr habt mich doch getötet!«, schrie sie plötzlich. Ihr war, als wäre ein Damm bei ihr gebrochen. »Ihr habt mich getötet. Ich bin in den Flammen umgekommen, aber ich weiß auch, dass nicht ich das gewesen bin. Das war ich nicht! Das war eine andere Person, aber nicht ich. Begreift das doch, verdammt!«
Die Zwillinge drehten die Köpfe und schauten sich an. Sie hoben die Schultern, und wieder sprachen sie wie aus einem Mund.
»Sie will es nicht wissen! Sie weigert sich! Sie will mit uns nichts zu tun haben. Das ist wirklich nicht gut. Ich glaube, sie schämt sich unseretwegen!«
»Ihr seid fremd, verflucht! Ihr seid nicht meine Töchter! Ich habe keine Kinder! Ich habe nie in meinem Leben welche geboren! Wann endlich begreift ihr das?«
»In deinem jetzigen nicht. Aber du hast schon mal gelebt. Das weißt du doch. Du bist eine Frau mit dem dritten Auge.«
»Das ich damals noch nicht hatte.«
»Wissen wir...«
»Also habe ich mit euch nichts zu tun! Ich lebe in einer anderen Zeit. Ich habe hier meinen Platz, meine Freunde, meinen Partner und auch meinen Beruf.«
Die Zwillinge schüttelten die Köpfe. »Sie will es nicht einsehen. Sie zeigt sich störrisch. Sie ist wie damals. Ja, sie stellt sich gegen uns. Noch immer...«
»Hört auf! Hört endlich auf...!«
Daran dachten die Besucherinnen nicht im Traum. Sie waren gekommen, um abzurechnen oder ihre Mutter zu holen. Das wusste Dagmar nicht genau. Sie befand sich in einer Klemme und sah keine Chance, aus ihr herauszukommen.
»Dann müssen wir...«
Da läutete der Türgong!
Nicht laut. Es war mehr eine weiche melodische Tonfolge, die sich ausbreitete, doch Dagmar kam sie vor wie die Fanfare des rettenden Engels. Es gab nur einen, der geschellt haben konnte.
John Sinclair!
Und plötzlich riss der Faden bei Dagmar Hansen. Sie spürte wieder Hoffnung in sich, und sie kümmerte sich nicht um die Zwillinge. So rannte sie nach vom und lief auf die Wohnungstür zu, um ihren Gast einzulassen...
***
Ich hatte mit Harry Stahl telefoniert und wusste, dass es fast auf jede Minute ankam. Ich musste etwas unternehmen und so schnell wie möglich bei Dagmar Hansen sein.
Der Weg über das Feld hatte nicht lange gedauert. Ich war auf eine Ansiedlung gestoßen. Neben einer Kirche hatte ich eine Kneipe gefunden. Es war zwar noch nicht geöffnet worden, aber eine Putzfrau wischte die Gaststätte. Mir wurde erlaubt, zu telefonieren. Mir wurde auch gesagt, wo ich mich befand. Es war ein kleiner Vorort von Wiesbaden, malerisch gelegen, die Hügel des Rheingau und des Taunus in Sichtweite.
Wenig später saß ich wieder in einem Taxi, das mich endgültig ans Ziel brachte.
Harry Stahl und Dagmar Hansen wohnten in einer Wohnung, die zu einem dreistöckigen Haus gehörte, in dem mehrere Parteien lebten. Es war ein Neubaugebiet und recht gepflegt. Wer hier wohnte, der zahlte auch den Blick in den Taunus mit und konnte auch auf die Häuser der Wiesbadener City schauen.
Ich zahlte den Preis und legte noch ein kleines Trinkgeld drauf. Er kam mir im ersten Moment niedrig vor, dann dachte ich daran, dass es keine DM mehr war, sondern Euro. Ich hatte mit dem Umrechnen leichte Probleme.
Zum Glück konnte ich das Haus sofort betreten, weil ein Junge dabei war, sein Fahrrad ins Freie zu schieben. Um die Wohnung meiner Freunde zu erreichen, musste ich hoch in die erste Etage und ging durch das helle und saubere Treppenhaus über die Steinstufen hinweg. Ich blieb vor der Tür stehen, schöpfte noch mal Atem und klingelte. Natürlich von der Hoffnung beseelt, dass alles okay war, wenn Dagmar Hansen mir öffnete. Das Echo der Klingelmelodie war im Innern noch nicht ganz verklungen, als die Tür
Weitere Kostenlose Bücher