Daemonenblut
Ganz davon abgesehen würde ich mich irgendwann wahrscheinlich sowieso verplappern. Das alles war einfach zu viel, als dass die Synapsen in meinem Gehirn da noch die richtigen Weichen stellen und entscheiden konnten, welche Infos raus durften und welche unter Verschluss zu bleiben hatten. Außerdem: Wenn sowieso die Gefahr bestand, dass Nick eines Tages die Wahrheit erfuhr, wollte ich es lieber gleich hinter mich bringen, statt mich die nächsten Wochen oder Monate– vielleicht sogar Jahre– zu fragen, wann es passierte. Wann ich etwas sagte, das alles zerstören würde. Je länger ich es hinauszögerte, desto mehr würde es wehtun, ihn zu verlieren.
Ich kaute auf meiner Lippe herum, suchte nach den passenden Worten, als sich Hugh leuchtend mitten im Zimmer manifestierte.
» Was machst du denn hier? « Ich wusste nicht, ob ich erleichtert sein sollte, dass mir sein Auftauchen einen Aufschub gewährte, oder wütend, weil es mit jeder Minute nur noch schwerer werden würde.
» Ich folge dir schon den ganzen Tag und passe auf, dass nicht wieder irgendwo ein Schurke drinsitzt, wo ich ihn nicht vermute. « Er sah sich im Zimmer um, dann richtete er den Blick auf Nick. » Dein Palast ist sauber. Die Nachbarschaft auch, soweit ich es gesehen habe. «
Unwillkürlich musste ich lächeln. Hugh hatte noch immer ein schlechtes Gewissen, wegen dem, was gestern im Laden passiert war. Er war der beste Geist, den man sich wünschen konnte. Und der freundlichste. Auch wenn er mir manchmal gehörig auf die Nerven ging. » Danke, Hugh. Hör mal, ich muss etwas mit Nick besprechen und… «
» …und ich soll mich am besten ins Licht verpfeifen. «
» Nicht ganz so weit. «
Er zog eine Augenbraue in die Höhe. » Was denn, du willst mich nicht mehr mit Fackeln und Mistgabel bewaffnet aus dem Dorf jagen? Dann geh ich mal sehen, was ich euch Turteltäubchen zu Essen zaubern kann. «
Turteltäubchen? Wenn ich mit Nick fertig war, wären wir alles andere als das. Unglaublich, wie ein Geist so sehr vom Essen besessen sein konnte, wenn er selbst gar keine Nahrung brauchte.
Sobald Hugh fort war, zog Nick mich mit sich aufs Sofa. » Es ist ernst, oder? « , fragte er, kaum dass wir saßen. Als ich nickte, wollte er mich an sich ziehen, aber ich hielt ihn auf Abstand. » So ernst? «
» Es ändert alles. «
» Du hast gelernt, Schimpfwörter zu benutzen, und willst jetzt alles nachholen, was du mir schon immer mal an den Kopf werfen wolltest? «
Mir war nicht nach Witzen zumute. Bevor er mich noch zum Weinen brachte und ich gar nicht mehr wusste, wo ich anfangen sollte, fiel ich mit der Tür ins Haus. » Meine Mom war ein Dämon und ich bin zur Hälfte auch einer « , platzte ich heraus.
Nicks Augenbraue hob sich.
Ohne eine Pause zu machen, aus Angst vor seiner Antwort, erzählte ich ihm alles, was ich von Dad erfahren hatte. Als schließlich alles gesagt war, nachdem jedes Wort aus mir heraus war, das mir so sehr aufs Herz gedrückt hatte, atmete ich tief durch und stand auf.
» Wo willst du hin? «
» Gehen, bevor du mich rauswirfst. «
» Setzen! «
Ich ließ mich zurück aufs Sofa fallen, als hätte mir dieses eine Wort mit dem dicken Ausrufezeichen dahinter die Beine abgesägt.
» Wie kommst du darauf, dass ich dich rauswerfen würde? «
» Du hasst Dämonen « , quetschte ich mit dünner Stimme raus. » Du hältst sie für abartig und widerwärtig, das hast du selbst gesagt. Und ich bin ein Dämon. «
Jetzt stand er auf, zog mich mit sich auf die Beine und schob mich vor sich her, zum Spiegel. Seine Hände lagen um meine Taille, sein Kinn ruhte auf meiner Schulter, als er mit mir zusammen in das Glas blickte.
» Zwei Ohren, zwei Augen. « Seine Finger wanderten über mein Gesicht, folgten seinen Worten. » Eine Nase, ein Paar wunderschöner Lippen. « Hier verweilten seine Finger eine Weile. » Perfekt menschlich. Alles, was du in dir hast, ist ein bisschen Dämonenblut. Mehr nicht. «
» Und jede Menge Magie « , fügte ich hinzu.
» Mich hast du jedenfalls verzaubert. « Er drehte mich zu sich herum und nahm mich in die Arme. » Ich gebe zu, dass mich deine Neuigkeit überrascht hat. Vor ein paar Tagen noch, als ich dich noch nicht so gut kannte, hätte ich vielleicht auch anders reagiert. Aber heute? Ganz ehrlich, Riley, du bist nicht dämonischer als ein Fußbad. «
Obwohl mir schon wieder die Tränen kamen und ich einen dicken Kloß im Hals hatte, musste ich lachen. » Es macht dir nichts aus? Wirklich
Weitere Kostenlose Bücher