Daemonenblut
Mehr als einmal musste ich mir auf die Zunge beißen, um ihm nicht versehentlich zu antworten und mich vor Pepper, Jonah oder einem Kunden lächerlich zu machen.
Wann immer keine Kunden im Laden waren, wurden Pepper und Jonah nicht müde, mich über meine missglückte Séance auszuquetschen. Ich blieb bei der Wahrheit– zumindest die meiste Zeit über. Hughs Auftauchen ließ ich natürlich aus und erzählte ihnen stattdessen etwas von missglückten Spezialeffekten und dem enttarnten Projektor.
Am Nachmittag bemerkte ich plötzlich, dass Hugh nicht mehr da war. Ich sah mich überall um, durchforstete den Laden, das Lager und alle Nebenräume, ohne auch nur den leisesten Schimmer von Blau zu entdecken. Bei Ladenschluss war er immer noch verschwunden, und ich begann allmählich Hoffnung zu schöpfen, dass das so bleiben würde.
11
Als ich an diesem Abend nach Hause kam, war ich so platt, als hätte ich Dads komplette Nachtschichten eines ganzen Monats übernommen. Meine Güte, was für ein Tag! Umso mehr freute es mich, dass Dad zu Hause war. Laut seinem Plan hätte er heute eigentlich eine Doppelschicht gehabt und bis Mitternacht im Krankenhaus sein müssen. Zu hören, wie er in der Küche hantierte, hellte meine Stimmung sofort auf. Garantiert machte er sein berühmtes Indisches Curry– meine absolute Leibspeise.
Immer noch müde, aber guter Dinge, streifte ich meine Schuhe ab und ging in die Küche. » Hi, Dad. Ich wusste gar nicht– «. Ich verstummte so schlagartig, als hätte mir jemand ein klebriges Knäuel in den Mund geschoben. Das war nicht Dad, der da am Herd stand.
Der blau schimmernde Glatzkopf drehte sich zu mir um, einen Kochlöffel in der Hand. » Ah, da bist du ja endlich! Ich hatte schon Angst, du kommst zu spät und mir verkocht alles. «
» Hmpf. « Mehr brachte ich beim besten Willen nicht heraus. Trotzdem bemühte ich mich, ungeachtet meines heruntergeklappten Kiefers etwas Sinnvolles herauszuwürgen, was allerdings in einem lang gezogenen » Waddl? « über meine Lippen kam.
» Was ich hier mache? «
Ich nickte.
» Kochen. «
Worte mochten nicht funktionieren, dafür gelang es mir, die Augen bedrohlich zusammenzukneifen.
» Du magst doch hoffentlich Spaghetti Bolognese? «
» Ich mag … will vor allem wissen, wie du hierherkommst! « Hurra, ich konnte wieder sprechen. » Wie hast du mich gefunden? «
Hugh tauchte den Kochlöffel in die blubbernde Soße und rührte um. » Ich bin deiner Aura gefolgt. «
» Gefolgt? Du warst vor mir da. «
» Das ist doch Wortklauberei. « Er zuckte die Schultern, ohne vom Topf aufzusehen. » Als du aus dem Laden gestürmt bist, habe ich zufällig die Briefe in deiner Handtasche gefunden. Da stand deine Adresse drauf. «
» Du hast in meiner Tasche gewühlt? « Er hatte meine persönlichen Sachen durchsucht! Das war echt das Letzte! Wäre er ein x-beliebiger Typ gewesen, hätte ich ihm einen derartigen Föhn verpasst, dass er hinterher nicht mehr wissen würde, ob er da Spaghettisoße oder Zahnpasta kochte. Nur war er kein x-beliebiger Typ. Und eine wichtige Frage war noch offen. » Nur fürs Protokoll: Bist du gefährlich? «
Er warf mir einen Blick über die Schulter zu. » Würde ich es dir sagen, wenn ich es wäre? «
» Vermutlich nicht. Trotzdem, noch mal: Bist du es? «
» Nein. «
» Schwörst du das? «
» Bei meinem Leben « , grinste er.
» Sehr witzig. « Seltsamerweise glaubte ich ihm trotzdem. Vielleicht lag es daran, dass ich ihn selbst gerufen hatte und mir einfach nicht vorstellen konnte, dass ich imstande sein könnte, ein menschenfressendes Monster zu beschwören. Oder aber ich war einfach nur ein gutgläubiger Trottel, der auf das fröhliche Grinsen seiner Blauschimmrigkeit hereinfiel. So oder so, ich hatte keine Angst mehr vor ihm. » Okay, noch mal also: Warum bist du noch hier? «
» Weil die Bolognese noch nicht fertig ist. «
» Hugh! «
Er hob beschwichtigend die Hände. Vom Kochlöffel tropfte Hackfleisch auf den Fliesenboden. » Entschuldige, du bist einfach so leicht hochzuschießen, da kann ich nur schwer widerstehen. «
» Habe ich die falschen Worte benutzt, um dich zurückzuschicken? «
» Schätzchen, das hat doch nichts mit Worten zu tun. «
Es machte mich wahnsinnig, dass er sich alles aus der Nase ziehen ließ. Er wusste das. Und genoss es. » Womit dann? « , fragte ich bemüht ruhig.
» Willenskraft. Statt diesem ›Verschwinde dahin, wo du hergekommen bist‹-Kram, könntest du genauso gut
Weitere Kostenlose Bücher