Daemonenblut
Blumenkohl sagen. Wenn du dir nur stark genug wünschst, dass ich verschwinde, würde es auch dann funktionieren. «
Wenn einer den Willen hatte, ihn wieder loszuwerden, dann wohl ich. » Blumenkohl. « Hau ab! Hau ab! Hau ab!
» Du musst deine Kräfte bündeln « , erklärte er. » Dich konzentrieren. Aber du bist wohl einfach zu ungeübt. Ganz besonders, wenn es darum geht, jemanden wegzuschicken, der gar nicht gehen will. «
» Warum willst du das nicht? « Zum ersten Mal fragte ich mich, wie es wohl sein mochte, ein Geist zu sein. Wo er wohl herkam und wie es dort war?
» Ganz ehrlich? Tot zu sein, ist sterbenslangweilig. Außerdem « , er begutachtete mich von oben bis unten, » bist du viel zu dürr und kannst jemanden brauchen, der dich versorgt. «
» Das macht Dad ganz gut. «
» Und wo ist er? «
Seine Worte ließen mir die Luft raus. Ja, Dad kochte für uns. Wenn er zu Hause war. An allen anderen Abenden gab es irgendwelchen Tütenkram, Sandwiches oder auch mal gar nichts. Und diese blöde Geisterbolognese roch wirklich verflucht gut. Ich ging zum Küchentisch und ließ mich auf einen der Stühle fallen. » Und wie soll das hier jetzt weitergehen? «
» Für den Anfang mit einer großen Ladung Spaghetti mit Hughs Spezialsoße. « Er verfrachtete einen Berg Nudeln auf einen Teller, packte ordentlich Soße obendrauf und stellte ihn mir vor die Nase. » Zum Sterben lecker! «
Das war sie tatsächlich. Allerdings verkniff ich es mir, ihn zu sehr für seine Kochkünste zu loben, um ihn nicht noch zusätzlich zu ermuntern, sich dauerhaft hier einzunisten. Oder noch selbstzufriedener zu grinsen, als er es sowieso schon tat.
Nach dem Essen spülte Hugh das Geschirr, und ich verzog mich auf mein Zimmer, wo ich ein paar Mal versuchte, Madame zu erreichen. Die hatte inzwischen allerdings ihre Mailbox abgestellt, sodass ich nicht einmal eine weitere Nachricht hinterlassen konnte.
Lange Zeit saß ich auf meinem Bett, starrte an die Wand und fragte mich, was ich jetzt tun sollte. Draußen wurde es langsam dunkel und auch im Zimmer wuchsen die Schatten immer weiter an. Trotzdem machte ich mir nicht die Mühe, das Licht anzuschalten. Ich konnte also Geister rufen. Hieß das, ich war ein Medium? Oder eher eine Beschwörerin? Hugh hatte gesagt, ich wäre zu ungeübt. Vielleicht sollte ich ein wenig üben. Testen, wozu ich imstande war– und vor allem lernen, diesen Geisterrufkram zu kontrollieren. Andererseits hatte ich bereits einen Geist an der Backe. Die Vorstellung, noch ein paar dieser bläulichen Exemplare zu rufen, die sich nicht mehr verziehen wollten, gefiel mir nicht sonderlich. Am Ende wäre einer von denen dann vielleicht wirklich gefährlich. Außerdem war dieser ganze Geistermist auch irgendwie unheimlich.
Hugh ließ sich an diesem Abend nicht mehr blicken. Keine Ahnung, wohin Geister verschwanden, wenn sie… na ja, wenn sie eben verschwanden. Er tauchte jedenfalls nicht mehr auf, und ich schlief irgendwann ein, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, mit einem Geist im Haus garantiert kein Auge zuzutun.
Als mich mein Wecker am Morgen aus dem Schlaf brüllte, fühlte ich mich fit und ausgeschlafen. Bereit, es mit einem neuen Tag aufzunehmen. Solange nur keine weiteren Überraschungen– oder Geister– dazukamen. Dad saß bereits mit seiner Zeitung am Esstisch, als ich nach einer ausgedehnten Dusche in die Küche kam.
» Guten Morgen, Schatz « , begrüßte er mich guter Dinge.
» Morgen, Dad. « Ich küsste ihn auf die Stirn und warf einen Blick auf den Tisch. » Pfannkuchen, Rührei und Toast. Hattest du eine schlaflose Nacht oder wann hast du das alles gezaubert? «
» Das ist wohl das Mindeste, nachdem du die ganze Bügelwäsche erledigt hast. «
Hatte ich? Nicht dass ich wüsste– es sei denn, Schlafwandeln gehörte zu meinen neuen Fähigkeiten. » Äh… ja. Musste ja auch mal gemacht werden. «
» Hört, hört, da schmückt sich jemand mit fremden Federn. « Wie aus dem Nichts erschien Hughs schimmernde Gestalt neben dem Kühlschrank. » Mach dir keine Gedanken, Typen wie ich brauchen keinen Schlaf, und irgendwie muss man die Zeit ja totschlagen. « Er musterte mich von oben bis unten. » Hübsches Kleid übrigens. Rostrot steht dir gut. «
Meine Lippen formten ein lautloses » Danke « in seine Richtung– fürs Bügeln und für sein Kompliment–, das er mit einem Nicken quittierte, dann setzte ich mich zu Dad und lud meinen Teller mit den Leckereien voll, die er gemacht hatte.
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