Daemonenbraut
schnupperte, wusste aber nicht, ob der Geruch ihm gefallen hatte oder nicht.
Nach dem Duschen stieg ich in meine schwarze Lederhose, zog mir kurze Stiefel an und streifte ein hellblaues Shirt über. Die Haare band ich zu einem Zopf, den ich wie gewohnt streng nach hinten kämmte. Einige Strähnchen fielen mir vorwitzig ins Gesicht, doch ich machte mir nicht die Mühe, sie mit Spangen zu befestigen. Die schwarze Lederjacke würde mich für den Rest des Tages warmhalten. Es war Ende Mai, aber für die Jahreszeit ungewöhnlich kühl.
Als ich nach unten ging, hatte Julius seinen Tee schon ausgetrunken. Er saß lässig auf meinem Sofa und streichelte meinen Kater. Verräter, dachte ich griesgrämig und blitzte Nikodemus an.
»Was hast du vor?«, fragte Julius, nachdem er einen Blick auf meinen Aufzug geworfen hatte.
»Ich hatte vor, mich über den Anwalt zu erkundigen. Auskundschaften, wo er wohnt.«
»Musst du nicht. Ich weiß, wo er wohnt, und um diese Zeit schlafen sowieso alle.« Julius stand auf und streckte sich, wobei sich das Shirt über seinen Bauchmuskeln spannte.
»Ich will mich lieber selbst vergewissern«, beharrte ich stur.
Seufzend verzog er den Mund. »Na gut, dann lass uns gehen.«
Lächelnd griff ich nach meiner Tasche, in der sich meine einzige Waffe befindet: mein Ausweis. Dadurch, dass ich immer Zugriff auf meine Macht habe, benötige ich nur mein Armband, denn keine Waffe, keine Kugel könnte tödlicher sein als meine Diener.
Als ich an Julius vorbeiging, hörte ich ihn schnuppern, doch als ich den Kopf hob, sah er mich nur unbeteiligt an.
Auf meine Frage, welches Auto wir nehmen, deutete er auf seinen Wagen. Ich stieg auf den Beifahrersitz des verdeckten Cabrios. Das Innere des Wagens war sauber, und ein Wunderbaum verströmte leckeren Erdbeergeruch. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, als er den Wagen startete und losfuhr.
Während der Fahrt warf ich ihm gelegentlich einen Seitenblick zu. Irgendetwas hatte sich geändert zwischen uns. Er war immer noch ein Frauenheld, doch seit den gestrigen Vorfällen schien sein Interesse an mir geweckt zu sein. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, schmeichelte es mir. Allerdings würde ich mir bei ihm nur eine blutige Nase holen. Die Verwandlung mochte noch einige Jahre auf sich warten lassen, doch irgendwann würde er zu einem Vampir werden, und dann ... Nein, nicht darüber nachdenken.
Julius wechselte in den nächsten Gang und bog Richtung Innenstadt ab. Es war Samstag kurz vor Mittag, die meisten Leute waren einkaufen oder gingen essen. Kein dämonisches Wesen trieb hier tagsüber sein Unwesen, das ging erst abends los und steigerte sich bis in die frühen Morgenstunden fast ins Chaos. Jetzt, im hellen Licht des Tages, waren die meisten, die hier lustwandelten, entweder ganz normale Menschen oder aber jene, die nicht gezwungen waren, im Schutz der Nacht zu leben.
»Woher kennst du eigentlich den Anwalt?«, fragte ich Julius neugierig. Ich sah, wie er das Gesicht verzog, und glaubte, Hass in seinen Augen zu erkennen.
»Na ja«, begann er, »ich weiß ja schon recht lange, dass ich mal zu denen gehören werde, und ich dachte mir, ich schnupper mal rein, um zu sehen, wie es ist. Dann ist man später nicht überrascht.« Seine vollen Lippen verzogen sich zu einem dünnen Strich. »Sein Meister hat ihm natürlich befohlen, sich aufopfernd um mich zu kümmern, doch Chris wollte mir kleine Streiche spielen. Ich erwachte plötzlich in einem Raum - zusammen mit einer hungrigen Vampirin. Einzig allein meinem Insti nk t habe ich es zu verdanken, dass ich das überlebt habe.« Er zog den Kragen seines Hemdes beiseite und enthüllte eine kräftige Narbe am Hals. »Natürlich konnte ich ihm nichts nachweisen, doch seitdem bin ich vor ihm auf der Hut.«
Was verständlich war. Ich musterte die dicke Narbe und schauderte. Irgendwie konnte ich das Gesicht des Anwalts nicht mit einem bösen Buben in Verbindung bringen. Er war zwar blass, aber sein Gesicht hatte etwas Verschmitztes, Jungenhaftes.
Selbstverständlich glaubte ich Julius, ich hatte keinen Grund, ihm zu misstrauen. »Wie ...« Nein, ich konnte ihn nicht fragen.
Er warf mir einen ratlosen Seitenblick zu, ehe er blinkte und in eine Tiefgarage abbog. »Was meinst du?«
Ich musste fragen. »Wie ... hast du das überlebt?«
Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. »Ich habe das getan, was ich am besten kann. Während sie von mir getrunken hat, habe ich es ihr besorgt.«
Wenn
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