Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
zusammengesunkene Gestalt.
„Komm rein und schließ die Tür“, flüsterte eine Greisenstimme.
Bei den schlechten Lichtverhältnissen nahm Doro den auf der Couch Sitzenden zunächst nur vage wahr. Sie lehnte die Tür an, bevor sie einige vorsichtige Schritte in den Raum tat. Der Gestank intensivierte sich. Je näher sie nun an das Sofa trat, desto klarer offenbarte die Dunkelheit ihre grausigen Details. Auf der Couch hockte ein alter Mann. Der weichfallende, dunkle Anzug war etliche Nummern zu groß und schlabberte an Armen und Beinen. Das Haar des Alten war schütter, weißgrau und struppig, gleiches galt für seinen Bart. Die Haut seines Gesichtes glich im flackernden Kerzenschein einem frisch aufgebrochenen Acker. Sie war von tiefen, furchenartigen Falten durchzogen, die jede Mimik erstickten. Einzig seine steingrauen Augen leuchteten ihr klar und wissend entgegen.
„Thomas?“, fragte sie unsicher. Innerlich verneinte sie sich bereits ihre Frage, denn die vergreiste, ausgemergelte Kreatur vor ihr konnte unmöglich Thomas Heyder sein. Kein Mensch war in der Lage, innerhalb weniger Stunden derart körperlich zu verfallen.
Der Mann hob zitternd seine Hände und fuhr seine knöchernen Wangen entlang. „Ich weiß, was du denkst, aber ich bin es wirklich. Ich bin Thomas Heyder“, sagte der Alte mit brüchiger Stimme.
„Was ist passiert?“, fragte Doro, während sie ihr Gegenüber argwöhnisch musterte.
Heyder versuchte in einer ratlosen Geste die Schultern zu heben und scheiterte bereits im Ansatz. „Ich kann es dir nicht genau sagen, denn ich befürchte, dass meine Erinnerung einige Lücken aufweist. Ich bin Malphas nach draußen gefolgt“, er machte eine kurze Pause, „Am seltsamsten war es, festzustellen, dass sich eigentlich nichts geändert hatte. Alles war so, wie ich es kannte. Das hat mich irritiert.“
„Was hattest du erwartet? Fegefeuer und Schwefel?“
„Nein. Eigentlich hatte ich kein konkretes Bild von der Zwischenwelt, doch ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es dort genau wie in unserer Welt aussehen sollte. Ich habe nach Veränderungen gesucht und keine gefunden.“
Sie konnte seine Empfindungen nachvollziehen, schließlich war es ihr ähnlich ergangen. Selbst sie als Magische , hatte Lavinas Hilfe benötigt, um die Unterschiede zu begreifen.
Heyder fuhr fort: „Ich hatte keine Ahnung, was Malphas mit mir vorhatte und ob er mich tatsächlich zu Bael führen würde. Ich wusste nur, dass irgendetwas nicht stimmte und ich war der festen Überzeugung, dass Malphas dabei war, mich zu täuschen.“
„Was ist weiter geschehen?“
„Zuerst habe ich mich betrogen gefühlt, dann überfiel mich plötzlich eine Beklommenheit, die ich bis dahin nicht kannte. Etwas Mächtiges begann sich in mir einzunisten, während die Erkenntnis in mir wuchs, dass es mich von meinem Ziel abbringen wollte.“
Heyders feines Gespür überraschte Doro. Bislang kannte sie ihn als berechnenden Kopfmenschen und hatte ihm Gefühlsregungen, wie er sie augenblicklich offenbarte, nicht zugetraut. Die Ehrlichkeit, die er ihr entgegenbrachte machte ihn zwar menschlich, trotzdem blieb sie misstrauisch. Und so entschied sie sich dagegen, Heyder über Malphas wahren Charakter aufzuklären. Schließlich war es der Hauptgeist gewesen, der ihr Heyders Vorhaben gezeigt hatte und es kam einem Verrat gleich, wenn sie Heyder sein Wesen offenbarte.
Statt einer Erklärung fragte sie knapp: „Und dann?“
„Das Ganze glich zunehmend einem schlechten Traum und ich wollte verhindern, dass am Ende ein Alptraum daraus wird. Ich war fest davon überzeugt, dass ich mich in unserer Welt befand und so lag für mich nahe, dass ich mich durch eine Flucht retten konnte.“ Er fuhr mit zitternden Händen über das dünne Haar, das seine Kopfhaut durchschimmern ließ. „Also bin ich in mein Auto gestiegen und abgehauen.“
„Und Malphas hat das zugelassen?“ Ihr Erstaunen war unüberhörbar.
Heyder suchte ihren Blick. „Sieh mich an, dann kannst du dir diese Frage selbst beantworten.“
Mittlerweile hatten sich Doros Augen an das Halbdunkel des Raumes gewöhnt. In den wenigen Minuten, in denen sie miteinander sprachen, waren seine Wangen weiter eingefallen. Einzig seine grauen, wachsamen Augen erinnerten noch an den Thomas Heyder, den sie aus einer anderen Welt kannte.
„Wann hat es angefangen?“, wollte sie wissen.
„Zunächst habe ich keine Veränderung gespürt.“ Heyders Stimme wurde bei seinen
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