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Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Titel: Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Reiff
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ihre Freundin in dieser Sekunde.
    „Ich weiß, Alexander liegt dir nicht sonderlich“, begann Doro, „Aber es ist nun einmal so, ich fühle mich bei ihm geborgen und seine Nähe gibt mir Halt.“
    Lille schüttelte den Kopf. „An Heyders Seite könntest du ein sorgenfreies Leben führen. Aber, nein, du entscheidest dich für einen Mann, über den du so gut wie nichts weißt. Du hast keine Ahnung, was der Kerl da unten tatsächlich auf seinem gottverlassenen Stück Erde treibt.“
    „Alexander ist Historiker. Er begutachtet antike Bücher. Unter anderem auch Beschwörungsbücher für Heyder, der bei dir so hoch im Kurs steht.“
    Lille hatte in der Zwischenzeit auch den Salat weggeputzt. Als sichtbares Zeichen dafür, dass Sie ihr opulentes Mal beendet hatte, legte sie die Gabel ordentlich in die leere Schüssel zurück.
    „Und wenn schon“, entgegnete sie, „Heyder mag ein ausgefallenes Hobby haben, aber das ist doch nicht verwerflich oder?“
    „Nein, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass Heyder, trotz allem guten Zureden von dir, einfach nicht mein Typ ist. Und mit Sicherheit auch nie sein wird.“ Doro machte eine kurze Pause.
    Lille schwieg und schmollte.
    Doro griff über den Schreibtisch hinweg nach Lilles Hand. „Hey, ich will mich nicht mit dir streiten und schon gar nicht über Männer. In Ordnung?“
    Lille nickte verhalten. Dann sah sie auf ihre Armbanduhr, sammelte das schmutzige Einweggeschirr zusammen und stand auf.
    „Wo willst du hin?“, fragte Doro.
    „Runter an den Empfang. Meine Mittagspause ist gleich vorbei.“
    Das ‚ ich habe hier nicht die gleichen Privilegien wie du’ stand wie eine unsichtbare Trennwand zwischen ihnen. Es schmerzte, wie weit sie und Lille im Augenblick von einander entfernt waren.
    „Hast du heute Abend Lust auf einen Absacker in dem neuen Pub am Marktplatz? Nur wir beide“, wollte Doro wissen, „Weißt du, wie der Laden heißt?“
    „ Clansman heißt die Kneipe und, nein, ich habe heute Abend schon etwas vor. Ein andermal gern“, gab Lille zurück und verließ das Büro.
     
    Das eigenwillige Gespräch mit Lille ging ihr den ganzen Nachmittag über nicht aus dem Kopf. In der Vergangenheit war es ihr nie in den Sinn gekommen, dass ihre Freundin materiellen Verlockungen so viel Bedeutung beimessen könnte und genau das war es, was sie im Moment so an Lille erschreckte. Sie hatte Lille für einen Menschen gehalten, der über den Dingen stand. Vor ein paar Jahren, als es ihr nach ihrem Unfall wirklich dreckig ging. Als ihre komplette Zukunft und damit auch ihre sämtlichen Hoffungen ein jähes Ende gefunden hatte, da war es Lille gewesen, die ihr über viele Monate hinweg beigestanden hatte. Unzählige Male hatte sie Doro aus ihren abgrundtiefen Seelenlöchern gezogen, wenn sie wieder einmal dabei war, sich völlig in sich zurückzuziehen, weil ihre eigene Welt keine Fröhlichkeit und keine Freude mehr kannte. Seit der Grundschule hatten sie und Lille jedes erdenkliche Geheimnis miteinander geteilt. Sie hatten gemeinsam für Musiker, Filmschauspieler und Soapdarsteller geschwärmt, hatten sich bei Geheimtreffen in Lilles Keller ewige Freundschaft geschworen oder auf dem Heuboden des Reitstalls über Jungs unterhalten und Erfahrungen über das Erste Mal ausgetauscht. Und was die letzten fünf Jahre betraf, so mochte es sich vielleicht theatralisch anhören, aber sie fühlte, dass sie ihr Leben ein gutes Stück auch Lille verdankte. Wäre sie nicht gewesen…? Sie verweigerte sich eine Antwort auf diese Frage. Alle weiteren Überlegungen hätten nur an die Oberfläche geschaufelt, was momentan gut verborgen unter einer dicken Schicht sorgenfreien Lebens lag. Ganz gleich, wie annehmbar sich ihr Dasein im Moment auch gestaltete, in den letzten Wochen war etwas geschehen. Ihre Betrachtungsweisen hatten sich grundlegend geändert. Lille neidete Doro bestimmt nicht ihren beruflichen Erfolg, da war sie sich sicher. Wahrscheinlich war es auch nicht Alexander, der sie entzweite. Zum ersten Mal seit sie sich kannten, hatten sie unterschiedliche Positionen bezogen. Militärisch ausgedrückt: Lilles Stellung befand sich nahe bei Heyders Reihen und ihre eigene irgendwo im rebellischen Untergrund.
    Thomas Heyder. Nach wie vor erfüllte sie dieser Mann mit zwiespältigen Gefühlen. Ohne Zweifel war er derjenige, der dieses tote Nest wieder mit Leben erfüllte, der den Menschen Arbeit und damit eine Zukunft gab und er kümmerte sich um eine Vielzahl sozialer Projekte.

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