Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
stoßartigen Atemzügen zu bewegen. Gelal beugte sich über sein lebloses Opfer. Er weitete seine Nasenflügel und roch an ihr, um selbst noch die leiseste Emotion in ihr aufzuspüren. Doch da war nichts. Keine Leidenschaft, keine Zufriedenheit, keine Angst. Nichts. Heute Nacht war er zu weit gegangen. Er schloss die Augen der Frau, die immer noch in die Leere der Nacht starrten. Ihre letzten Gedanken hatten Thomas Heyder gegolten, was lag demnach näher, als genau in dieser Gestalt das Haus zu verlassen.
Kapitel 14 - Entzweiende Erkenntnisse
„Also, ich an deiner Stelle, würde mich glücklich schätzen“, gab Lille zurück. Sie saß auf dem freien Stuhl, der Doros Schreibtisch gegenüberstand und stopfte sich einen weiteren Löffel Pasta aus der Aluschachtel in den Mund.
Doro hatte hinter ihrem Schreibtisch Platz genommen und stocherte lustlos in ihrem Nizzasalat herum. Seit sich die Büroräume hier draußen in der alten Papiermühle befanden, waren sie und Lille immer seltener in Francos Restaurant in der Altstadt, sondern waren dazu übergegangen, sich die Sachen liefern zu lassen. Vor allem jetzt, Mitte Januar, hatten sie beide wenig Lust auf lange Fußmärsche durch Kälte, Eis und Schneematsch.
„Kannst du mich denn gar nicht verstehen?“, fragte Doro.
Lille schluckte hastig den Bissen Nudeln hinunter. „Nein!“
„Und warum nicht?“
„Weil es für einen normal denkenden Menschen nichts zu verstehen gibt. Dein Chef macht dir seit Wochen den Hof. Und widersprich mir jetzt nicht. Ich weiß, dass es so ist“, Lille grinste, „Schließlich geht die Hauspost durch meine Hände…“
„Du liest meine Post?“
„Ja! Aber das ist nicht das Thema.“
„Ach ja. Das hätte ich fast vergessen.“
Lille legte ihren Plastiklöffel in die Schachtel und sah Doro forschend ins Gesicht. „Weißt du eigentlich, wie sehr sich andere Frauen in deine Position wünschen würden? Und damit meine ich nicht deine berufliche Tätigkeit. Du scheinst Heyder eine Menge zu bedeuten. Er lässt dir freie Hand. Du kannst tun und lassen, was du willst und trotzdem…“
Doro spießte eine Kirschtomate auf die Gabel und betrachtete die blassrote kleine Kugel von allen Seiten. „Und trotzdem was?“, hakte sie nach, bevor sie sich die Tomate in den Mund schob und krachend zwischen ihren Backenzähnen platzen ließ.
„Mir will einfach nicht in den Kopf, warum du Heyder gegenüber so stur bist. Er sieht gut aus. Er hat Geld. Er wohnt in einem schönen Haus. Bitte, was willst du mehr?“ Lille pflügte mit dem Löffel durch die Mitnahmebox und schob sich hektisch den nächsten Happen in den Mund.
„Ist das alles, was für dich zählt? Aussehen, Geld, ein großes Haus, ein teures Auto.“ Doro spürte, wie sich leiser Zorn in ihr formierte.
Lille schüttelte den Kopf. „Ich denke eben nur praktisch.“
„Du denkst nicht praktisch, Lille, du denkst oberflächlich. Und wenn es um Heyder geht, setzt bei dir der Verstand aus.“ Sie schob wütend die Salatschale bei Seite. „Hast du dir schon mal überlegt, dass es zum Glücklichsein ein bisschen mehr braucht als Geld?“
„Ich glaube, du verstehst mich komplett falsch. Wenn du mich fragst, könntest du mit Heyder das große Los ziehen. Und ich kapier einfach nicht, dass du dich so dagegen wehrst.“
„Die Antwort ist ganz einfach: Ich fühle mich nicht zu ihm hingezogen. Ich mag ihn nicht und ich will auch nicht sein Geld. Das Einzige, womit ich konform gehe, ist mein Arbeitsplatz. Okay?“
Lille zeigte auf die Plastikschüssel mit dem nahezu unberührten Inhalt. „Isst du deinen Salat noch?“
„Nein. Sorry, aber bei dem Thema vergeht mir der Appetit.“
„Nehmen wir einmal an, es gäbe keinen Alexander Maar in deinem Leben, würdest du dich dann anders entscheiden?“
„Bestimmt nicht.“ Doro beobachtete Lilles nächste Reaktion. Noch zögerte ihre Freundin offenbar sich die Plastikgabel zu greifen und sich über ihre halbvolle Salatschüssel herzumachen, stattdessen sagte sie: „Kannst du mir erklären, was du an diesem Maar findest?“
Lille hatte ihre Hemmschwelle überwunden; ihre rechte Hand glitt in Richtung der Gabel.
„All das, was Heyder mir trotz seinem Reichtum nie bieten könnte“, antwortete sie.
Lille sah sie verständnislos an.
Doro rang sich ein Lächeln ab. Es war nicht zu übersehen, die letzen Wochen hatten sie beide verändert. Wahrscheinlich gab es Momente, in denen Lille sie genauso wenig wiedererkannte, wie sie
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