Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
zwei oder drei Wochen, waren die Schmerzen zurückgekehrt und ihre Hoffnung löste sich in Wohlgefallen auf. Diesmal verhielt es sich anders, davon war sie zwischenzeitlich überzeugt. Um sicher zu gehen, dass sie sich nicht wieder täuschte, hatte sie begonnen, die Belastung des Beines kontinuierlich zu steigern und bislang machte es keine Probleme.
Am Waldrand schlug das Wetter um. Aus dem sanften Schneefall wurden über der freien Fläche dicke Flocken, die ihr ein eisiger Wind in Böen ins Gesicht trieb. Doro zog den Reißverschluss ihrer Daunenjacke nach oben, bis der aufgerichtete Kragen Mund und Nasenspitze gegen den beißenden Winterwind schützte. Sie seufzte. Es war Mitte Januar. Hochwinter. Die kalte Zeit würde noch mindestens drei Monate dauern. Als Kind hatte sie den Winter geliebt und auch, als sie noch reiten konnte, war sie gern stundenlang durch die tief verschneite Landschaft gestreift. Der Unfall hatte vieles verändert und so hatte irgendwann die kalte Jahreszeit ihren Reiz verloren. Winter bedeutete für sie endlose Monate der Dunkelheit und Kälte, in denen sie jede Menge Zeit hatte, über ihr Schicksal nachzudenken.
Sie blieb stehen, um sich zu orientieren. Der Schotterbelag der Straße war unter einer geschlossenen Schneedecke verschwunden. Sonst dienten die Fahrspuren von Alexanders Defender als Wegweiser, aber das Schneetreiben und der stürmische Wind hatten sie verweht. Sie kniff schützend die Augen zusammen und blickte in Richtung der alten Mühle. Sie war schon ein paar Mal zu Fuß zur Mühle hinunter gegangen, aber heute erschien ihr der Weg eigenartig fremd. Es lag nicht daran, dass es wie wild schneite. Es war die Mühle. Aus den Fenstern drang eine unwirklich gleißende Helle. Das war keine Sinnestäuschung, da war sie sie sicher, denn sogar durch den dichten Flockenvorhang, blendete das grelle Licht in ihren Augen, wenn sie hineinblickte.
Fröstelnd schlang sie die Arme um ihren Körper. Der Schnee auf ihrer Mütze begann allmählich zu schmelzen und von ihrem Kopf aus breitete sich eine unangenehme Kälte über ihren gesamten Körper aus. Sie lief schneller, während sie weiter auf die Mühle zuhielt. Ihre Fantasie hatte ihr am Waldrand offensichtlich einen derben Streich gespielt, denn je näher sie dem Höllengrund kam, desto schwächer wurde das eisige Leuchten. Als sie in den Innenhof abbog, erinnerte nichts mehr an die seltsame Begebenheit. Die Gebäude lagen friedlich und still unter einer heimeligen frostigweißen Haube. Schneeflocken wirbelten im warmen Licht der alten Glaslaterne über der Eingangstür wie Nachtfalter. Und Schnee bedeckte den Hof, den langen Holzstapel unter den Fenstern des Kaminzimmers und die Stufen, die zur Eingangstür empor führten. Alles erschien ihr wie gewohnt. Nein.Nicht alles…
Zuerst hatte sie das Auto nicht bemerkt, denn der alte, dunkelgrüne Toyota-Pickup, hob sich kaum von der nächtlichen Farbe der Scheune ab. Nachdenklich betrachtete sie die Fahrzeugsilhouette. Sie kannte nur einen Menschen in der Gegend, der so einen Wagen fuhr: Ihren Ziehvater Eric Tanner. Ihr blieb keine Zeit zum Rätselraten. Aus dem Innern des Hauses drangen Stimmen. Es bestand kein Zweifel sie gehörten Eric und Alexander. Die Heftigkeit, mit der sich die beiden Männer unterhielten, ließ keinen anderen Schluss zu, als den, dass sie miteinander stritten. Sie konzentrierte sich auf das Gespräch, doch es fiel ihr schwer, die einzelnen Worte zu verstehen. Die Stimmen drangen verzerrt an ihr Ohr und waren mit dem gleichen seltsamen Zischen unterlegt, dass sie bereits von Alexander kannte, als er sie in seinem Arbeitszimmer erwischt und zur Rede gestellt hatte.
Doro drückte sich in den Schatten der Hauswand und blieb regungslos stehen. Wenn sie sich nicht getäuscht hatte, war soeben ihr Name gefallen. Auf aberwitzige Weise fühlte sie sich an ihren allerersten Besuch auf dem Höllengrund erinnert. Sie hatte an exakt der gleichen Stelle gestanden und das Gespräch zwischen Heyder und Alexander mitgehört. Damals hatte sie die Unterhaltung unabsichtlich verfolgt, heute Abend war die Situationeine andere. Wieder hörte sie ihren Namen. Irgendetwas ging hier vor, was ihr absolut missfiel, denn sie wurde das ungute Gefühl nicht los, dass sie der Auslöser für den Streit zwischen den beiden Männern war.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Stimmen, die Aus den Innern des Hauses drangen. Eric war wesentlich erregter als Alexander, und entgegen
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