DÄMONENHASS
einfach. Lardis stand ihr vor, und fast alle einhundertvierzig Arbeiter des Zufluchtsfelsens waren zugegen. Die Zeiten waren zwar schwer, aber Lardis hatte sein Bestes getan und Brot und Wein und ein Schlachttier bereitgestellt; Letzteres drehte sich bereits auf einem Spieß über dem Feuer.
Auf dem Höhepunkt der Veranstaltung versammelte der alte Lidesci das Paar und seine Eltern vor sich – Misha in Weiß gekleidet, Nathan in seiner frisch gereinigten Thyre-Kleidung, die nach den Maßstäben der Szgany immer noch außerordentlich schön aussah. Nana hatte sich vor Misha aufgebaut und Varna Zanesti funkelte Nathan an, dann sprach Lardis die althergebrachten Worte:
»Varna Zanesti, was kannst du uns über dieses Mädchen sagen, deine Tochter Misha?«
»Dass sie unschuldig ist und weder Mann noch Monster gekannt hat«, knurrte Varna. »Auch ist sie gehorsam und gut. Viel zu gut für den da!«
Nathan musste jetzt einen Schritt zurücktreten und den Kopf senken. Das gehörte alles dazu.
»Und Nana Kiklu«, wandte sich Lardis zu ihr. »Was hast du dazu zu sagen?«
»Kein einfaches Mädchen ist gut genug für einen Sohn meiner Lenden«, antwortete Nana, reckte das Kinn zu Misha und schniefte. »Ich kann nur hoffen, dass ihre Kinder mehr nach ihm kommen.« Aber nicht zu sehr nach ihrem Großvater!
Lardis wandte sich dem Paar zu. »Und liebt ihr euch?« Das bejahten sie. »Also dürft ihr und habt von nun an das Recht, euch mit Herz und Leib zu lieben – denn ihr seid nun Mann und Frau!«
Sie küssten sich. Die Leute klatschten Beifall. Alle genossen etwas vom Essen und stießen mit Wein auf die Gesundheit des jungen Paares an. Musik spielte auf, und die Jüngeren, die noch die Kraft dazu hatten, tanzten. Aber bei der ersten Gelegenheit schlichen Nathan und Misha sich leise davon ...
Ihr Karren wartete hinter einem Gebüsch am Fuß der Südwestwand des Felsens auf sie. Dort ließ Misha Nathan wegsehen – »Schließlich sind drei Jahre eine lange Zeit!« –, während sie Wandererkleidung anlegte und ihr weißes Kleid zu einem Kopfkissen zusammenfaltete. Dann wandte sie diskret die Augen ab, als er es ihr nachtat. So war es Sitte bei den Szgany. Dann gingen sie hinaus in den Wald, wobei sie den leichten Karren hinter sich herzogen. Sie wandten sich nach Südosten und gingen über einen alten Pfad am Felsen vorbei, bogen jedoch auf halbem Weg nach Siedeldorf in unberührtes Waldland ab und fanden schließlich einen Ort, an dem das Farnkraut hoch stand.
Mitten im Farn errichtete Nathan ihr Lager, eine Haut über dem Stamm eines umgestürzten Baumes, die an ein paar Ästen befestigt wurde, während Misha den Boden frei räumte und ihre Decken ausbreitete. Mit gemischten Gefühlen betrachteten sie, als sie schließlich fertig waren, ihr Werk. Mittlerweile schien für Nathan alles ineinander zu verschwimmen. Er wagte immer noch nicht recht, daran zu glauben, dass er aus Turgosheim entkommen war. Dennoch war er hier, war mit Misha verheiratet, und ihr erstes Bett war für sie bereit. Sie schien sich nicht verändert zu haben, es war, als wäre er nie fort gewesen.
»Unser Heim für einen halben Tag«, sagte er schließlich.
»Und einen Teil der Nacht«, erwiderte sie. »Denn ehe die Sterne am Himmel stehen, gehe ich nicht zurück. Gerade heute Nacht will ich mich nicht aus Angst vor ihnen verkriechen.«
Nathan blickte etwas wehmütig auf ihr einfaches Lager. »Nicht gerade ein tolles kleines Häuschen, oder?«
Sie lächelte auf eine Weise, die er kannte und die ihm gefiel. Dieses halb unschuldige, halb freche Lächeln zeigte sie nur ihm. Sie sagte: »Menschen haben schon in weit schlimmeren Unterkünften gelebt und geliebt, Nathan. Jedenfalls wirst du dich für den Rest deines Lebens an dieses kleine Haus erinnern. Dafür werde ich sorgen.«
Danach ...
... war es so, wie es zwischen Liebenden schon immer gewesen ist und auch immer sein wird. Für eine Stunde, zwei, drei, erregten, erforschten und erschöpften sie sich und einander. Misha war so unschuldig, dass sie kaum wusste, was sie zu tun hatte, und darüber waren sie beide froh. Und Nathan ... Wenn Misha etwas vermutete, dann schwieg sie dazu. Er achtete ohnehin darauf, nicht allzu viel zu ›wissen‹. Von nun an konnten sie gemeinsam lernen, zumindest musste er sie glauben lassen, dass es sich so verhielt. Eigentlich täuschte er sie nicht, sondern zog es vor, sie nicht zu enttäuschen.
Und dies tat er in keiner Weise ...
Nach dem Zeitmaß der Welt,
Weitere Kostenlose Bücher