DÄMONENHASS
auch sein magst! Du bist zwar groß und stark, aber du hast kaum hart arbeiten müssen. Zu welchem Stamm gehörst du?«
Shaitan schüttelte den Kopf.
»Warum bist du nackt?«, wollte der kräftige Klaus Luncani mit dem vorstehenden Gebiss wissen. »Bist du überfallen worden? Ah, im Gebirge treiben sich zu viele Wildlinge herum, Einzelgänger, die einen Mann bloß um seines Ledergürtels willen erschlagen würden!«
Wieder schüttelte Shaitan den Kopf und zuckte die Achseln.
Aber der junge, drahtige Vidra Gogosita öffnete ein Bündel und holte eine lange Lederjacke hervor, die er Shaitan über die Schultern breitete, während er am Feuer saß. Die Jacke war alt, aber bequem. Und er sagte: »Die Nächte sind kalt. Ein Mann – selbst ein Narr – sollte nicht nackt durch die Hügel wandern!«
Shaitan lächelte und nickte und dachte bei sich: Von den dreien soll er allein am Leben bleiben – als mein Knecht. Denn er ist empfindsam, daher werden seine Qualen unter meinem Joch umso schlimmer sein! Das hat ein ›Narr‹ bestimmt ... So sei es! Laut sagte er: »Ich danke dir. Doch was mich angeht ... Ich wünschte, ich könnte euch mehr sagen. Leider kann ich mich an nichts erinnern.« Das entsprach im Wesentlichen der Wahrheit.
»Überfallen, ganz sicher«, schnaubte Klaus Luncani, als sei die Sache damit zweifelsfrei bewiesen. »Von Gesetzlosen aus den Bergen. Hat eins mit der Keule auf den Kopf bekommen und das Gedächtnis verloren. Und seine Kleider haben sie ihm auch gestohlen. Ein Mann, der allein auf die Jagd geht, setzt viel aufs Spiel!«
Dezmir Babeni rückte näher und streckte die Hand nach Shaitans Kopf aus – vielleicht, um nach einer Wunde zu suchen. Doch Shaitan wehrte ihn mit erhobener Hand ab. »Nein! Es ... tut weh!«
Dezmir nickte und ließ es gut sein.
Damit schien die Angelegenheit erledigt. Shaitan war offenbar Räubern zum Opfer gefallen. Er konnte von Glück sagen, dass sie sein Leben verschont hatten.
»Nun, in einem hat Dezmir recht.« Klaus Luncani reichte Shaitan ein Stück Käse und einen Happen grobes Brot. »Du siehst ganz gewiss ziemlich groß und stark aus! Du wirst am Leben bleiben, da bin ich mir sicher!«
Tja, aber du nicht, dachte Shaitan und blickte auf das Essen in Luncanis ausgestreckter Hand. Das Zeug war abscheulich, und er schüttelte den Kopf. »Ich ... ich habe ein Tier getötet«, log er, »und sein Fleisch gegessen. Das ist noch nicht lange her. Ich bin nicht hungrig.«
»Ein Tier?« Das kam vom jungen Vidra Gogosita.
»Mit nach hinten geschwungenen Hörnern. So.« Seine schlanken Hände deuteten die Krümmung an. »Klein, aber süß ...« Ihr werdet noch viel süßer sein.
»Eine Ziege«, sagte Dezmir Babeni. »Oder ein Zicklein. Hah! Da hat er wohl mehr Glück gehabt als wir drei zusammen!«
»Eine ... Ziege, ja«, wiederholte Shaitan langsam und legte die Hand an die Stirn, um das allmählich zurückkehrende Gedächtnis anzudeuten.
»Das kommt schon noch wieder«, sagte Klaus Luncani, der sich im Schutz dreier Felsen, etwas vom Feuer entfernt, ein Nachtlager bereitete. »Hör mal, wir sind den Großteil des Tages unterwegs gewesen – auch wenn wir nur ein paar Ferkel im Sack haben, um es zu beweisen! Also holen wir jetzt etwas Schlaf nach! Das ist sicherer, als im Dunkeln herumzuklettern! Nur ein paar Stunden, bis der Mond wieder aufgeht; dann geht es zurück auf die Ebene und zum Lager unseres Anführers, Heinar Hagi!«
Dezmir Babeni ergriff das Wort. »Du würdest gut daran tun, mit uns zu kommen, Shaitan, da du doch nichts anderes vorhast. Ach, du bist schon ein seltsamer Kerl: groß und bleich, und in deinem hübschen Kopf ist das Gehirn ganz durcheinander. Keine nennenswerten Erinnerungen, und kein Stamm, dem du dich zugehörig fühlst. Aber die Szgany Hagi haben schon den einen oder anderen Streuner bei sich aufgenommen. Also ... Was sagst du dazu?«
Shaitan blickte zu ihm hoch, und in diesem Moment fiel Babeni die Art und Weise auf, in der sich das Feuer in seinen Augen spiegelte. Rasch wandte Shaitan sich wieder ab und starrte wie zuvor in die Glut. »Nehmt euch euren Schlaf«, sagte er, »ihr alle. Später ... werden wir weitersehen.«
Babeni zuckte die Achseln, entfernte sich ein kurzes Stück und trampelte sich im Farnkraut ein Bett zurecht. Er legte sich nieder, zog sich eine Decke über den Leib, grunzte und schnaubte ein paarmal und wurde still. Klaus Luncani schnarchte bereits in seinem Felsennest. Doch Vidra Gogosita, der Jüngste der
Weitere Kostenlose Bücher