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Daemonenherz

Daemonenherz

Titel: Daemonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Zogg
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meiner Eltern lebte ich alleine. Obwohl die Gegend nicht gerade die Beste war, weigerte ich mich zu verkaufen.
    Meine Hausschlüssel waren bei Raciel, also läutete ich. Erst hörte ich nichts, schließlich rumpelte es und er öffnete die Tür mit Schmerz verzerrtem Gesicht.
    «Was ist los?» keuchte ich erschrocken.
    Er hüpfte auf einem Bein.
    «Zeh angeschlagen», wimmerte er und humpelte den Gang zurück ins Wohnzimmer.
    Leise schloss ich die Tür hinter mir, hing meine Jacke an den Haken, warf meine Handtasche in die Ecke beim Eingang und ging ins Wohnzimmer. Der Geruch von Popcorn stieg mir in die Nase.
    Raciel saß bereits wieder auf dem Sofa, eine Schüssel Popcorn auf dem Bauch und starrte in den Fernseher während er seinen Zeh rieb.
    Auf dem Fenstersims war ein halber Dschungel entstanden. Blumentöpfe standen dort. Kakteen, Orchideen, eine Osterglocke, eine kleine Palme und ein Bonsai. Auf dem Wohnzimmertisch stand noch eine Orchidee.
    «Hast du nen Floristen ausgeraubt?»
    «Ich mag Pflanzen. Du hattest keine einzige.»
    «Ich weiß auch warum. Die überleben bei mir nie länger als zwei Wochen.»
    «Dann gibst du dir zu wenig Mühe», meinte er. «Ab jetzt hast du Pflanzen. Ich schau schon nach ihnen, keine Sorge.»
    Mich beunruhigten nicht die Pflanzen an sich. Nur die Tatsache, dass er anscheinend daran dachte, sich für länger hier bei mir einzuquartieren. Ich ließ die Schultern hängen und setzte mich neben ihm aufs Sofa. Ein altes, blumenverziertes Möbelstück aus den 70ern. Es war nicht wirklich schön, modern schon gar nicht, aber zumindest äußerst bequem. Es war eines dieser Sofas, in denen man versank und sich nur mit größter Kraftanstrengung wieder rauswühlen konnte.
    Im TV lief der zweite Teil von «Herr der Ringe». Die Schlacht um Helms Klamm tobte gerade in der Schlussphase. Die Menschen gewannen wieder die Überhand.
    «Ich finde das gemein», murmelte Raciel zwischen zwei Ladungen Popcorn. «Warum müssen immer die Guten gewinnen? Und wer sagt, dass sie die Guten sind?»
    Ich zog eine Augenbraue hoch.
    «Du bist für die Orks?»
    «Ich bin nicht für die Orks. Ich frage mich nur, woher ihr Menschen wissen wollt, was gut und was schlecht ist.»
    Ich schwieg und überlegte. Verstand nicht genau, was er mir damit sagen wollte. Gerade ein Dämon sollte sich bewusst sein, auf welcher Seite der Skala er stand.
     

    Nach dem Essen räumte ich die Teller in die Küche. Abwaschen würde ich morgen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit nicht.
    Ich war todmüde. Nach einer schlaflosen und definitiv nervenaufreibenden Nacht und einem ganzen Arbeitstag war ich fertig. Ich schlüpfte in meinen flauschigen Hello Kitty Pyjama und schlurfte ins Wohnzimmer.
    «Ich geh schlafen. Gute Nacht. Das Gästezimmer hast du ja sicher schon gefunden», murmelte ich, drehte mich um und machte mich auf den Weg zur Treppe.
    «Du gehst schon schlafen?»
    Ich drehte mich am Treppenabsatz um und blinzelte ihm entgegen. Dafür, dass er so tief im Sofa gelegen hatte, war er ziemlich fix.
    «Ja.»
    «Warum?»
    «Weil ich müde bin. Ich hab – falls du dich nicht daran erinnern kannst – gestern Nacht einem Dämon das Leben gerettet und nicht geschlafen.»
    «Stimmt.»
    Er packte mich und hob mich hoch.
    Ich quietschte erschrocken auf und zappelte wie ein Fisch an der Angel. «Lass mich runter!»
    «Sei still, du bist müde. Du stehst ja kaum noch richtig.» Seine Stimme hatte einen Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Ich schwieg und ließ es über mich ergehen. Er trug mich die alte knarrende Treppe hinauf, öffnete die Tür mit dem Ellenbogen und trat hinein. Das Fenster stand offen, ein kalter Wind blies uns entgegen. Er fröstelte, legte mich ins Bett und packte mich in die Decke. Rasch schloss er das Fenster.
    «Du solltest nicht mit offenem Fenster schlafen. Das ist gefährlich», murmelte er.
    Ich verfolgte seine Schritte und seine Bewegungen misstrauisch und definitiv überfordert. Er kehrte zur Seite meines Bettes zurück, beugte sich über mich und küsste meine Stirn.
    «Schlaf gut.»
    Erstarrt musterte ich die Decke, bis er die Zimmertür hinter sich schloss und ich das Knarren der Stufen hörte.
    Natürlich schlief ich nicht. Zuerst dachte ich darüber nach, was ich von seiner eben geleisteten Aktion halten sollte.
    Ich versuchte, seine Handlungen irgendwo in ein mir bekanntes Verhaltenschema einzuordnen. Das gelang mir, aber das Schema passte mir überhaupt nicht.

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