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Daemonenherz

Daemonenherz

Titel: Daemonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Zogg
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Antwort und fischte eine Tiefkühlpizza aus dem Eisschrank. Schweigend griff er sich zwei Gläser und eine Flasche Cola und verzog sich ins Wohnzimmer.
    Ich folgte ihm, setzte mich neben ihn und seufzte. Es dauerte einige Sekunden, ehe er den Kopf an meine Schulter lehnte. Für einmal war die Welt ganz ok.

Hallo Hölle
     

    Wir verbrachten den ganzen Samstag vor dem TV. Irgendwann um drei Uhr morgens war ich eingeschlafen. Ich hatte noch den Anfang von Hellboy 2 mitbekommen, soweit ich mich erinnern konnte. Jedenfalls wachte ich am Morgen in meinem Bett auf. Nicht allein. Raciel schlief tief und fest neben mir.
    Sein Gesicht war mir zugewandt und gab mir so die Möglichkeit, ihn genauer zu betrachten. Ich hätte das am liebsten schon viel früher getan, aber er bemerkte immer sofort, wenn ich ihn ansah.
    Jetzt war der perfekte Zeitpunkt. Viel gab es nicht zu sehen. Seine Gesichtszüge waren perfekt. Seine Nase war perfekt. Seine Augen waren selbst in geschlossenem Zustand perfekt. Seine Haare lagen perfekt und seine Lippen ebenfalls. Gar nicht gut, schoss es mir durch den Kopf. Er hatte eine so erhabene und – ja, perfekte – Ausstrahlung, dass es mir wahrscheinlich nicht einmal aufgefallen wäre, wenn er eine Narbe mitten im Gesicht gehabt hätte. Er war zum Kotzen perfekt. Nur die Tätowierung unter seinem linken Auge ließ ihn weniger perfekt, dafür umso cooler wirken.
    Bei näherem Hinsehen fiel mir auf, dass es kein einfacher dicker Strich, sondern eine Art Strichcode war.
    Ich fuhr mit der Hand durch meine roten Haare und stellte fest, dass sie wieder einmal Shampoo benötigten. Meine Fingerspitzen streiften meine Wangen. Kraterlandschaft. Peeling wäre nicht schlecht. Dummerweise besaß ich sowas nicht. Von Schminke ganz zu schweigen. Meine bleiche Haut und die Sommersprossen um die Nase mussten neben dieser perfekten Gestalt wie eine Beleidigung wirken.
    Ich ließ mich nach hinten ins Kissen fallen. Mit meinen knapp sechsundzwanzig Lebensjahren hatte ich es in punkto sozialer Kompetenz nicht wirklich weit gebracht. Vielleicht war jetzt der Zeitpunkt gekommen, mich endlich einmal wie eine Altersgenossin zu verhalten. Neben ihm konnte ich einfach nicht so rumlaufen.
    Ich stand auf, kramte eine Jeans aus einem Stapel neben meinem Bett, griff nach einem Shirt von 30 Seconds to Mars und verschwand im Badezimmer. Innerhalb von zehn Minuten war meine Morgentoilette erledigt und ich schlich aus dem Haus.
    Der Hauptbahnhof war etwa zwanzig Gehminuten entfernt. Ein Bus fuhr am Sonntag nicht, also musste ich wohl oder übel zu Fuß gehen. Es war ruhig auf den Straßen. Die meisten genossen ihren – laut Raciel unverdienten – freien Sonntag und schliefen aus. Nur eine Verrückte rannte zum Hauptbahnhof, um in einem Anflug von plötzlich auftretender Eitelkeit die halbe Kosmetikabteilung leer zu kaufen.
    Meine Ex-Freunde würden sich darüber wahrscheinlich entweder kranklachen oder sich beschweren, dass ich das für sie nie getan hatte. Für mich ein Indiz, dass sie die Falschen gewesen sein mussten. Irgendwie beruhigte mich der Gedanke, dass ich jetzt plötzlich beim Anblick eines bestimmten Mannes durchdrehte. Andererseits war das in Anbetracht seiner Jobbeschreibung eher schlecht.
    Es war mir gleichgültig. Es wurde Zeit, mal auf mich zu hören und auf das, was mein Gefühl mir sagte. Ha. Nimm das, Verstand!
    Am Bahnhof war selbst zu dieser frühen Stunde mehr los als auf der Straße. Ich war nicht die einzige, die einen Sonntagseinkauf für angebracht hielt.
    Das alte Bahnhofsgebäude befand sich im Umbau. Die Gerüste, Leitern und Betonplatten standen herrenlos an den schmucken Fassaden, die ab und zu von einem Schaufenster unterbrochen wurden. Eines dieser Schaufenster gehörte der Parfumerie. Sofort steuerte ich sie an und baute mich drinnen vor dem Make-up-Regal auf.
    Ich war maßlos überfordert.
    Stifte und Tuben, Schächtelchen und Dosen in allen möglichen Farben und Formen. Anscheinend strahlte ich komplette Hilflosigkeit aus, denn innerhalb von Sekunden flankierten mich zwei dieser hübschen, zierlichen Verkäuferinnen mit rosaroter Halsschleife.
    «Können wir Ihnen behilflich sein?», flötete die eine.
    Bleib stark, raunte ich mir zu und mit meinem schönsten Lächeln säuselte ich: «Ja, sehr gern. Ich weiß nur nicht genau, was ich alles benötige.»
    Etwas ungläubig starrten mich die beiden Parfumerie-Puppen an, ehe sie begriffen. «Nun ja, sie haben eine sehr helle Haut.» – «Ihre Lippen

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