Daemonenhunger
beinahe allen anderen Arten den Garaus gemacht.«
»Genau dasselbe Schicksal steht euch Menschen bevor«, ergänzte Clara, »wenn ihr die Portale nicht bald findet.«
»Tut uns wirklich leid, das kommt wahrscheinlich al les ein bisschen plötzlich für dich«, fügte Nod hinzu. »Wir geben euch natürlich Bescheid, sobald wir die Portale entdeckt haben, aber wenn es uns nicht gelingt, kann es hier ganz schön ungemütlich werden.«
Nachdem die Feen sich verabschiedet hatten, über dachte Vincent noch einmal, was er soeben erfahren hat te. Hunderte Fragen brannten ihm auf der Zunge, aber genau genommen lief es immer wieder auf dieselbe überwältigende Erkenntnis hinaus: Die Welt stand kurz vor dem Untergang.
Nachdem er eine Weile dagelegen und gegrübelt hatte, wurde ihm plötzlich klar, dass er schleunigst etwas unternehmen musste. Nur was?
»Ich muss unbedingt mit Chanteuse sprechen«, sagte er zu sich. »Sie weiß bestimmt Rat.«
Als sich die Flügeltüren der Kapelle am nächsten Morgen öffneten, wappnete sich Vincent für die unangenehmen Fragen, die ihm bevorstanden. Vielleicht hatte er ja Glück, und sein Vater und Max hielten die aufregenden Erlebnisse der vergangenen Nacht für einen Traum.
Bevor die Feenwesen aufgebrochen waren, hatten sie ihm noch dabei geholfen, die Kapelle aufzuräumen. Der Altar stand wieder aufrecht, die Limonadenflaschen waren verschwunden, und nicht ein einziger Chipskrümel war noch zu sehen. Niemand hätte etwas von den nächtlichen Besuchern ahnen können, und es gab nicht einen Beweis, dass Vincent keineswegs seine Sünden bereut, sondern im Gegenteil einen unterhaltsamen Abend verbracht hatte.
Nicht einen Beweis außer den Erinnerungen von Max und seinem Vater. Vincent holte tief Luft und drehte sich zur Tür um. Er war bereit, die Suppe auszulöffeln.
Zu seiner grenzenlosen Überraschung stand seine Mutter vor ihm. Der Junge blinzelte und schirmte die Augen vor der ungewohnt hellen Kellerbeleuchtung ab.
»Hoffentlich hast du deine Lektion gelernt«, sagte Mrs. Drear.
»Und ob«, antwortete Vincent und rechnete mit einer Gardinenpredigt.
»Ausgezeichnet«, erwiderte sie. »Komm jetzt frühstü cken. Ich habe Pfannkuchen gebacken.«
Vincent traute seinen Ohren kaum und blinzelte ein zweites Mal. Was war hier eigentlich los?
»Was ist hier eigentlich los?«, fragte er, als er hinter seiner Mutter die Kellertreppe hinaufstieg.
»Ich finde, du hast dir nach dieser Nacht in der Kapel le eine kleine Belohnung verdient«, tönte es zurück.
»Wirklich?« Die Verblüffung des Jungen wuchs mit jedem Augenblick, während er sich am Küchentisch niederließ. Nicht nur, dass die Pfannkuchen bereits fix und fertig gebacken waren, auf dem Tisch stand außerdem noch Ahornsirup, der normalerweise ausschließlich für den Weihnachtsmorgen bestimmt war.
»Ja, das finde ich«, bekräftigte Mrs. Drear und nahm ihrem Sohn gegenüber Platz. »Darf eine Mutter ihr Kind denn nicht ab und zu ein bisschen verwöhnen?«
»Ich dachte immer, das Triumvirat wäre dagegen«, gab Vincent zurück und musterte sie argwöhnisch. Bis her war das zumindest die felsenfeste Überzeugung seiner Eltern gewesen.
»Ich habe das ehrlich gesagt auch angenommen«, er widerte seine Mutter und verteilte die Pfannkuchen. »Aber heute Nacht hat mir ein Engel etwas anderes eingeflüstert.«
Vincent erstarrte, die Hand mit dem Sirup noch in der Luft. »Ein Engel?«, fragte er.
»Ja, gestern Nacht bin ich aufgewacht, als ein himmlisches Wesen deinen Vater ins Bett zurückgelegt hat«, erklärte seine Mutter. »Es meinte, das Triumvirat sei al les andere als begeistert, wie wir dich behandeln.«
»Ach, ehrlich?« Vincent unterdrückte ein Grinsen. Dieser unverschämte Nod.
»Es hat mich aufgefordert, dich zu verwöhnen«, fuhr seine Mutter fort. »Und das tue ich hiermit.«
Vincent fand diese Kehrtwende ausgesprochen spaßig, bis er seiner Mutter in die Augen blickte. Sie wirkte voll kommen verängstigt. Vermutlich spürte sie dieselbe Furcht wie er selbst, als er zum ersten Mal einer Fee begegnet war. Natürlich glaubte seine Mutter an die Existenz von Engeln und Dämonen, aber diese Wesen mit eigenen Augen zu sehen, war etwas ganz anderes.
»Äh, vielen Dank, Mum«, sagte Vincent und goss Si rup über die Pfannkuchen. »Wirklich nett von dir.«
»Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«, fragte Mrs. Drear mit angespannter Stimme. »Ein Glas Milch? Oder möchtest du es mal mit einer Tasse Kaffee
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