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Daemonenhunger

Daemonenhunger

Titel: Daemonenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Carter
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hier passiert.«
    »Ach so.« Vincent blieb stehen und drehte sich um. Sie waren weit genug entfernt. Big Tom hatte vollkommen recht: Niemand würde sehen, was hier gleich passierte.
    Jedenfalls so gut wie niemand. An der anderen Ecke des Schulgebäudes entdeckte Vincent Barnaby und seine Leibwächter. Vincent hatte angekündigt, er würde Big Tom in der Mittagspause zusammenschlagen, und nun wollten sie sich wohl vergewissern, ob er sich das tatsächlich traute.
    »Was willst du mir denn zeigen?«, fragte Big Tom neugierig und musterte seinen Begleiter mit dem allerunschuldigsten Hundeblick.
    Vincent schaute auf seinen Freund herunter. Brachte er das wirklich übers Herz? Gab es denn keinen Ausweg? Er hatte sich schon den ganzen Morgen erfolglos das Hirn zermartert, doch die Fakten waren klar. Grimbowl hatte ihm befohlen, sich mit Barnaby anzufreunden. Barnabys Bedingung bestand darin, Big Tom zusammenzuschlagen. Und Vincent wiederum wusste genau, dass sein Schädel vor Schmerzen explodieren würde, wenn es ihm nicht gelang, Barnabys Freundschaft zu gewinnen.
    Es war hoffnungslos. Er musste es tun.
    »Du musst es tun, Kleiner.«
    Überrascht wandte Vincent sich um. Grimbowl stand zwei Meter hinter ihm und ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Was ist da?«, fragte Big Tom aufgeregt. »Ist es das, was du mir zeigen willst?«
    »Genau«, sagte Vincent und hatte plötzlich einen Geistesblitz. Er nahm Big Tom blitzschnell in den Schwitzkasten und presste ihm die Hand auf die Augen.
    »Hey«, protestierte Big Tom. »Spinnst du?«
    »Pssst«, zischte sein Freund. »Sonst verjagst du es.«
    »Es?«
    »Das magische Wesen«, sagte Vincent. »Wie in einem Fantasyfilm. Es steht direkt vor deiner Nase.«
    »Kleiner«, sagte Grimbowl, »was hast du vor?«
    »Es spricht mit dir, wenn du genau hinhörst«, sagte Vincent.
    »Ehrlich?«
    »Vincent«, sagte Grimbowl drohend.
    »Was war das?«, fragte Big Tom.
    Perfekt, dachte Vincent. Er glaubt mir. Er hört sogar Grimbowls Stimme. »Überzeug dich selbst.« Damit nahm er die Hände von Big Toms Augen.
    Der Junge starrte. Und starrte. Und starrte. Unterdessen funkelte Grimbowl Vincent wütend an, keineswegs erbaut von dieser Wendung.
    »Ist das Ding echt?«, fragte Big Tom.
    »Das Ding«, erwiderte der Elf ungehalten, »heißt Grimbowl.«
    Big Tom war derart perplex, dass er zurückgewichen wäre, hätte Vincent ihn nicht im Schwitzkasten gehabt.
    »Das ändert überhaupt nichts«, erklärte Grimbowl. »Du musst ihn trotzdem zusammenschlagen, Vincent.«
    »Wie bitte?«, fragte Big Tom und verrenkte sich beinahe den Hals, um seinen Freund anzusehen.
    »Mir bleibt leider nichts anderes übrig«, gestand Vin cent kleinlaut. »Ich erklär’s dir gerne, aber das ist eine lange Geschichte.«
    »Blödsinn, die Sache ist in zwei Sätzen erzählt«, mischte Grimbowl sich ein. »Vincent muss dich zusammenschlagen, mein Junge, damit Barnaby sein Freund wird.«
    »Ich höre wohl nicht richtig«, sagte Big Tom. »Du willst dich mit diesem Mistkerl anfreunden?«
    »Nein, nein, das stimmt so nicht.« Vincent warf einen Blick über die Schulter. Barnaby und seine Leibwächter wirkten bereits ziemlich ungeduldig.
    »Lass mich los!«, forderte Big Tom und fing plötzlich an, wie wild zu zappeln. Er war nicht nur besonders schnell auf den Beinen, sondern konnte sich auch wie ein Aal jeder Umklammerung entwinden. Einzig die beiden Leibwächter Barnabys schafften es mit vereinten Kräften, ihn festzuhalten.
    »Hör auf«, sagte Vincent und presste Big Tom noch fester an sich. Aber er wusste genau, es war hoffnungslos: Noch ein paar Sekunden, dann hätte sich sein Freund befreit und würde davonflitzen, ohne dass er die gerings te Chance hatte, ihn einzuholen.
    »Vincent«, sagte Grimbowl streng. »Ich befehle dir, deinen Freund auf der Stelle zusammenzuschlagen.«
    O nein, dachte der Junge verzweifelt. Das war’s dann wohl.
    Er packte Big Tom mit der freien Hand am Hemd und zog ihn hoch, dann drehte er ihn zu sich um und rammte ihm das Knie in den Bauch. Als sein Freund sich krümm te, holte er aus und schlug mit beiden Fäusten auf dessen Hinterkopf ein. Der arme Kerl sackte zusammen. Vincent hockte sich auf seine Brust und klemmte ihm die Arme mit den Knien fest.
    »Lass den Quatsch«, ächzte Big Tom.
    »Tut mir leid«, sagte Vincent und holte erneut aus.
    Er hatte irgendwo mal gelesen, dass sich Massenmörder während des Aktes der Tötung geistig ausklinken und in Gedanken an andere Orte schweifen.

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