Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Abend einholen würden. Er hatte es auf seinen Fahrten schon gesehen und zählte Tarjanian eine lange Reihe von Gründen auf, weshalb es langsam sein sollte, angefangen bei der untauglichen Bauart bis hin zur Unfähigkeit der Mannschaft.
Den meisten Eindruck hatte bei Drendik die Begegnung Tarjanians mit einem Drachen hinterlassen. »Die Göttlichen müssen tatsächlich das Füllhorn ihres Segens über dich geleert haben, da dir gestattet worden ist, mit einem Drachen zu reden«, beteuerte er. »Sogar unsere tüchtigsten Magier kennen sie nur vom Erzählen. Noch nie zuvor bin ich irgendwem begegnet, der sich mit einem Dämon unterhalten durfte.«
»Ich ebenso wenig.«
Der hoch gewachsene Fardohnjer lachte. »Für einen Gottlosen bist du ein feiner Kerl.«
»Wo sind wir?«, erkundigte sich Tarjanian, dessen Blick über das gewellte Grasland schweifte, das sich an beiden Ufern bis in weite Fernen erstreckte. Wo die Heiligen Berge aufragten, stand die Sonne tief über der rot verfärbten, zerklüfteten Grenze des Erdkreises.
»Bleibt es bei dieser Fahrtgeschwindigkeit, trennen uns noch ungefähr vier Tagesreisen von Markburg«, lautete Drendiks Antwort. »Die Karier müssten bald in Sicht kommen.« Er schaute hinüber zur Sonne, die im Westen sank. »Bestimmt legen sie für die Nacht am Ufer an.«
Tarjanian war alles zu glauben bereit, was Drendik äußerte, solang es darauf hinauslief, dass sie den karischen Gesandten einholten, ehe er Medalon verließ. Es sprach jedoch ohnedies sehr vieles für die Richtigkeit der Einschätzung. Unvertrautheit mit den Verhältnissen des Gläsernen Flusses gab auf dieser ausgedehnten, breiten Wasserstraße die hauptsächliche Ursache für Unglücke ab. Obgleich er bisher wenig zu Wasser gefahren war, wusste auch Tarjanian darüber Bescheid.
»Und wenn wir sie eingeholt haben, was soll dann geschehen?«, fragte Tarjanian. »Wenn ihr uns helft, das Schiff zu kapern, wird man es in Karien als Piraterie einstufen.«
Drendik zuckte mit den Schultern. »Wo ich herstamme, dort betrachtet man das Kapern eines Schiffs, um eine Göttliche zu retten, als eine Tat höchster Tapferkeit.« Voller Freundschaft klopfte er Tarjanian so kräftig auf die Schulter, dass dieser beinah in die Knie ging. »Ich weiß es zu würdigen, dass du dir solche Sorgen um uns machst, aber wir wollten ohnehin in den Süden fahren, und diese Fahrt unternehmen wir nur einmal im Jahr. Bis zum nächsten Jahr hat man den Vorfall vergessen.«
»Ihr müsst mir nicht helfen«, versicherte Tarjanian dem Capitan. »Wir werden's schon allein schaffen.«
»Wer? Du, der junge Hitzkopf und der Tattergreis?« Diese Vorstellung belustigte Drendik anscheinend aufs Köstlichste. »Ich bewundere deinen Mut, Rebell, doch halte ich wenig von deinem Verstand.«
»Ich wollte euch nur anbieten, euch von der Gefahr fern zu halten.«
»Dann betrachte ich diese Frage als geklärt«, antwortete Drendik und blickte wieder hinüber zur Sonne, die inzwischen sehr zügig unterging. »Das Großsegel reffen! Sonst segeln wir bei dieser Fahrt schnurstracks an ihnen vorbei.«
Während sich die Dämmerung über den Fluss senkte und der abendliche Chor nächtlichen Zirpgetiers seinen Gesang anstimmte, schwamm Maeras Tochter weiter nach Süden. Am Rand der Strömung glitt das Flussboot lautlos durch die Fluten. Tarjanian lugte den Großmast hinauf, an dessen Spitze Aber in waghalsiger Höhe als Ausguck hockte und nach den verräterischen Laternen der karischen Barke spähte. Ghari und Gazil achteten am Bug auf Anzeichen für das Insichtkommen der Karier. Tarjanian stand mit Padric und Drendik zusammen, der die Barke mit großem Geschick mitten in den stillen Wassern des Ufers und der starken Strömung der Flussmitte hielt. So befuhren sie den Fluss mehrere Stunden lang und blieben andauernd im Zustand gespannter Erwartung, bis Tarjanian am Ende zu der Auffassung neigte, sie müssten das karische Schiff längst überholt haben oder aber Drendik habe sich mit der Meinung geirrt, dass die Karier über Nacht angelegt hätten.
Doch plötzlich bewog ein gedämpfter Pfiff Abers alle auf Deck befindlichen Männer hochzublicken. Der Schiffer deutete ans westliche Ufer, und sogleich schaute Tarjanian in die gewiesene Richtung. Im Dunkeln glommen, fast zu schwach, um erkennbar zu sein, mehrere winzige Lichter.
Drendik riss das Steuerrad herum und lenkte die Barke zum Westufer. Tarjanian sträubten sich unwillkürlich die Haare, als das ruckartige
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