Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
rollen gesehen hat, bevor sie dein Los teilen muss.«
Während R’shiels Ausführungen ihm allmählich einleuchteten, ließ sich Damin bedächtig auf einen Lehnstuhl sinken. Marla musterte R’shiel mit einem Blick, der Überraschung bezeugte. »Ihr seid in der Staatskunst eine höchst vortreffliche Denkerin, Dämonenkind.«
»Ich hatte vorzügliche Lehrerinnen, Eure Hoheit.«
»Darin ist einer der Vorteile zu sehen, wenn man eine Ausbildung bei der Schwesternschaft des Schwertes genießt«, meinte Damin mürrisch. »Du erkennst Verrat, wo andere Ehre sehen. Wie also, Dämonenkind, lautet dein Vorschlag? Soll ich Adrina der Gnade meiner Feinde überlassen?«
»Freilich nicht. Im Gegenteil, wir befreien sie aus ihren Krallen. Aber für diesen Zweck setzen wir kein Heer in Marsch.«
Kurz blickte Damin ihr in die Augen, ehe er ihre Antwort zu durchschauen glaubte und nickte. »Ich verschaffe uns ein Schiff. Auf dem Landweg braucht man zum Dregischen Gau drei Tage, und die Götter mögen wissen, welche Übeltaten man unterdessen an Adrina verbricht.«
»Wir nehmen weder den Land- noch den Seeweg. Aber sorge dich nicht, man könnte Adrina ein Leid zufügen. Cyrus wird ihr schwerlich etwas antun, und tot wäre sie für ihn ohne Nutzen.« R’shiel wandte sich an Marla. »Eure Hoheit, ist es Euch möglich, die Täuschung zu bewerkstelligen, Damin weile noch in der Stadt, obwohl er fort sein wird?«
»Zu welchem Zweck?«
»Zweifellos hat Cyrus überall seine Späher, die darauf lauern, ihm seinen Aufbruch zu melden. Narvell, ich schlage vor, Ihr und Rogan bereitet Eure Kriegsscharen auf Kampf vor, aber lasst Euch dabei tunlichst Zeit. Solange Cyrus glaubt, Damin befände sich noch in Groenhavn, wird er weniger auf der Hut sein.«
»Wie viele Leute brauchen wir?«, fragte Damin.
»Zwei. Dich und mich.«
»Ihr könnt doch unmöglich zu zweit Schloss Dregien angreifen«, hielt Narvell ihr äußerst bestürzt entgegen.
»Dahin geht mein Vorsatz auch gar nicht. Wir befreien Adrina nicht durch Gewalt, sondern in aller Heimlichkeit, ohne dass Cyrus Aarspeer es merkt. Dann erwarten wir die Ankunft Tejay Löwenklaus und veranstalten – ganz wie vorgesehen – die Kriegsherren-Vollversammlung.«
»Und wenn Cyrus seinen Trumpf ausspielen will, muss er feststellen, er ist ihm entglitten«, fasste Marla voll unverhohlener Bewunderung zusammen. »Damin, du hättest dich mit ihr vermählen sollen.«
Damin warf seiner Mutter einen missfälligen Blick zu, aber ersparte sich eine Erwiderung. Stattdessen wandte er sich erneut an R’shiel. »Wie schleichen wir uns, ohne bemerkt zu werden, aus dem Palast?«
»Das überlasse getrost mir.«
»Wenn du dergleichen sagst, Dämonenkind, wird mir angst und bange.«
R’shiel hob die Schultern. »Wann wollen wir aufbrechen?«
Wüst grinste Damin, seine Stimmung hob sich merklich dank der Aussicht, etwas Nützliches tun zu können. »Am besten sofort, es sei denn, du hast etwas Gescheiteres zu tun.« Er sprang auf, in seinem Gesicht zuckte das Grinsen, das man stets bei ihm sah, wenn er in den Kampf zog. Derlei kriegerische Mienen mussten, so dachte R’shiel bei sich, eine männliche Eigenschaft sein. Bei Tarjanian war Gleiches der Fall. »Narvell, halte die Augen offen, solang ich fort bin. Und lass Mutter nicht auf dir herumhacken.«
Marla wirkte, als wolle sie gegen diese Ausdrucksweise Widerspruch erheben, aber Damin und R’shiel warteten nicht so lange, dass sie dazu eine Gelegenheit gehabt hätte.
26
»Wo geht es empor aufs Dach?«, fragte R’shiel, als sie den Flur betraten. Damin, der die Tür schloss, sah darin den Dolch stecken. Er riss ihn heraus und schleuderte ihn wutentbrannt auf den Fußboden.
»Weshalb willst du aufs Dach?«
»Weil wir beabsichtigen, unbemerkt aus dem Palast zu gelangen, Damin, und es könnte allzu auffällig sein, wenn ich einen Drachen mitten im Haupthof erscheinen ließe.«
»Einen Drachen? Du willst einen Drachen rufen?«
»Wenn Meister Dranymir einverstanden ist.«
»Ob sich diese Seite des Palasts für derlei Vorgänge eignet, weiß ich nicht, aber an die Gastgemächer des Westflügels grenzt ein Dachgarten. Kann er taugen?«
»Ich denke, ja.« R’shiel folgte Damin; gemeinsam eilten sie durch die Hinterlassenschaften des ausgetragenen Gefechts. Noch immer mussten sich Bedienstete damit beschäftigen, die Leichen der Palastwächter aufzusammeln, denen die Verteidigung des Gebäudes das Leben gekostet hatte. Auf der marmornen
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