Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Wendeltreppe, die hinauf zu den Gastgemächern führte, kamen R’shiel und dem Kriegsherren zwei Hythrier entgegen, die eine Trage hinab beförderten. Ein Tuch bedeckte den ausgestreckten Leichnam, verbarg aber nicht das blaue Kleid und ein Paar blutgetränkter Schuhe. »Damin!«
Damin heftete den Blick auf die Trage und befahl den Männern anzuhalten. Mit einer gewissen Bangigkeit lüftete er das Tuch. R’shiel entfuhr ein gedämpfter Aufschrei, als sie sah, wer auf der Trage lag.
»Ihr Götter«, murmelte Damin. »Ein solches Schicksal hatte Tamylan nicht verdient.«
»Tamylan war Adrinas engste Freundin.«
»Sie war nur eine Sklavin, R’shiel«, berichtigte Damin sie, breitete das Tuch sachte über die Tote und gab den Männern durch einen Wink zu verstehen, dass sie den Weg fortsetzen sollten.
»Dennoch war sie Adrinas beste Freundin.«
Grimmig nickte Damin. »Komm. Insofern haben wir einen Grund mehr, Kriegsherr Aarspeer das Handwerk zu legen.«
Als sie ins zweite Obergeschoss gelangten, sah R’shiel auf einer Stufe Mikel sitzen, dem Tränen über die Wangen rannen. Ohne Damins ungeduldiges Aufstöhnen zu beachten, kniete sich R’shiel an seine Seite. »Mikel, bist du verletzt worden?«
Er schüttelte den Kopf. »Verzeiht mir, edle Dame …«
»Verzeihen soll ich dir? Aber was denn nur? Du hast keine Schuld an dieser Sache.«
»Wir haben die Eindringlinge gehört … Tamylan und ich … während wir der Prinzessin eine Mahlzeit brachten. Plötzlich stürmten Fremde in den Flur, und Tamylan lief ihnen entgegen. Mir rief sie zu, ich solle mich verstecken. Also hab ich’s getan …«
»Dann brauchst du dich nicht zu schämen, Mikel.«
»Aber Tamylan ist tot, und ich habe in einem Versteck gehockt!«, heulte Mikel auf. »So viele Tote hat es gegeben … Und ich weiß nicht, wo Jaymes ist …«
Ratlos blickte R’shiel den Kriegsherrn an. Sie wusste nicht, was sie zu dem Kind sagen sollte.
Obwohl sie ihm anmerkte, dass er aus Ungeduld innerlich schäumte, kauerte sich Damin neben dem Burschen auf die Treppe. »Schau mich an, Mikel!« Damins herrischen Ton konnte Mikel unmöglich missachten. Er wischte sich die Augen und sah ihm ins Gesicht. »Wer meinem Befehl untersteht, weiß ganz genau, dass er Befehle zu befolgen hat, auch wenn sie ihm nicht behagen. Und ich erwarte, dass anschließend niemand dasitzt und deswegen flennt.«
»Jawohl, Kriegsherr«, antwortete Mikel mit matter Stimme.
»Und was deinen Bruder betrifft, so ist er am Leben und wohlauf. Er zählte zu meinen Begleitern, als ich in der Absicht zur Stadt hinaus ritt, mich mit Kriegsherrin Löwenklau zu treffen.«
Diese Neuigkeit besserte Mikels Gemütsverfassung erheblich. »Wirklich?«
»Ja, es ist wahr. Und nun reiß dich zusammen, mein Junge, spute dich zu Reiterhauptmann Almodavar und richte ihm aus, er soll dir eine nützliche Betätigung zuweisen. Gegenwärtig wird jeder Mann gebraucht, daher kann ich nicht dulden, dass du hier sitzt und heulst wie ein kleiner Junge.«
»Jawohl, Kriegsherr.« Mikel rückte die Schultern gerade und blickte Damin zaghaft ins Gesicht. »Werdet Ihr die Prinzessin retten, Kriegsherr?«
»Wenn ich nicht immerzu aufgehalten werde, gewiss«, gab Damin zur Antwort, indem er R’shiel einen ungehaltenen Seitenblick zuwarf.
Sie lächelte Mikel zu, dann folgte sie einer plötzlichen Eingebung und rief die kleine Dämonin, die scheinbar eine Neigung hatte, immer aufs Neue Scherereien zu machen. Sobald das Geschöpf vor ihm erschien, fuhr er erschrocken zusammen.
»Nun hast du Gesellschaft, Mikel, bis wir wiederkehren. Aber du darfst niemandem verraten, dass wir fort sind.«
Einige Augenblicke lang starrte Mikel die Dämonin an; dann wandte er sich an R’shiel. Unzufrieden schnatterte die Dämonin ihm etwas zu, weil sie wohl seinen Kummer spürte. »Wie lautet sein Name?«
» Sie hat noch keinen Namen. Mag sein, du kannst ihr dabei helfen, einen Namen zu ersinnen.«
Mikel nickte und schniefte, seine Tränen versiegten. »Und nun auf und davon mit dir, mein Junge«, befahl Damin. Die Verzögerung brachte ihn beträchtlich aus der Ruhe.
Ohne ein weiteres Wort hastete Mikel die Treppe hinab, die kleine graue Dämonin purzelte ihm schier hinterdrein. R’shiel schaute ihnen nach, dann drehte sie sich Damin zu und lächelte. »Du kommst ausgezeichnet mit ihm zurecht.«
»Du hast ihm eine Dämonin zugesellt.«
R’shiel zuckte die Achseln. »Um ihn von trüben Gedanken abzulenken.«
Kurz musterte
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