Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
sollen?«
»Ja.«
»Wenn Ihr Euch das nächste Mal im Sanktuarium aufhaltet, Eure Hoheit, müssen wir zwei ein längeres Gespräch über die Natur des Verhältnisses zwischen Dämonen und Harshini führen. Besonders über das willkürliche, beliebige Bemühen von Dämonen-Verschmelzungen.«
»Ich gebe dir mein Wort, dir voll und ganz das aufmerksamste Gehör zu schenken. Zur Stunde jedoch brauche ich einen Drachen.«
»Was Ihr braucht, ist geistige Zucht«, erwiderte der Erzdämon hochnäsig. »Indessen gestattet es mir meine Laune, Euch in der gewünschten Weise behilflich zu sein, und etliche meiner Brüder können aus einer solchen Übung sehr wohl ihren Nutzen ziehen.«
»Hab Dank«, sagte R’shiel erleichtert, beugte sich vor und küsste ihn auf die hutzlige graue Stirn. »Ich will es dir nicht vergessen.«
»Ich ebenso wenig«, lautete die rätselhafte Antwort des Erzdämons.
R’shiel und Damin wichen beiseite, sobald weitere Dämonen erschienen und sich um Dranymir scharten. Rasch wurde es R’shiel unmöglich, sie zu zählen. Die mit dem Geschlecht der té Ortyn verbundenen Dämonen waren Mitglieder der ältesten und umfangreichsten Dämonen-Bruderschaft, und daraus erklärten sich auch die Größe und die Stattlichkeit der Drachen, zu denen sie zu verschmelzen verstanden. Wie gebannt beobachtete R’shiel das Geschehen, während die Vereinigung ihren Lauf nahm. Fast verschmolzen die Dämonen schneller miteinander, als das Auge es erkennen konnte.
Der Drache wuchs zu solcher Riesigkeit an, dass seine Schwingen die Sterne verdunkelten.
»Sitzt auf, Eure Hoheit, und achtet sehr darauf, nicht abzustürzen.«
R’shiel benutzte ein Bein des Drachen als Trittstufe und erklomm den Rücken. Es überraschte sie, wie warm sich die Schuppen anfühlten, die so hart wie Erz waren. Auch Damin stieg auf und setzte sich hinter sie, schlang die Arme um ihre Leibesmitte. R’shiel suchte etwas, woran sie sich festhalten könnte, aber es gab nichts, das dazu gedient hätte.
»Ihr müsst mit den Beinen Halt bewahren«, teilte Dranymir ihr mit. »Einen Drachen zu reiten ist schlicht und einfach eine Sache des Gleichgewichts.«
»So, des Gleichgewichts«, brummelte R’shiel unsicher und bezweifelte inzwischen ernstlich, ob es ein kluger Gedanke gewesen war, für den Weg zu Adrinas Befreiung einen Drachen zu rufen. Über die Schulter wandte sie sich an Damin. »Bist du bereit?«
»Ich glaube, ja.«
Dranymir musste die Antwort gehört haben. Ein Schwall warmer Luft umbrodelte R’shiel und Damin, als der Drache mit den kraftvollen Schwingen schlug und sich empor ins Nachtdunkel erhob.
27
Schloss Dregien stand auf einem Felsen , der hinaus ins Meer ragte; beide zusammen glichen einem bis zum Heft in die weißen Kalkklippen gebohrten Schwert. Das Bauwerk war hoch und schmal; es hatte stärkere Ähnlichkeit mit einem Turm als mit einem herkömmlichen Festungsbau. Im Lauf der Jahre hatte die salzige Seeluft die einst weißen Quader verwittert und gelblich getönt. Anders als in Krakandar lag die Hauptstadt des Dregischen Gaus in einiger Entfernung vom Sitz des Kriegsherrn, nämlich an einer kleinen Bucht acht Landmeilen östlich der Feste.
In der Nähe eines Waldgebiets, das eine breite, durch Rodung entstandene Ödnis umgab, die man rund um die Burg geschaffen hatte, kehrte Dranymir zurück auf den Erdboden. Soeben zeichnete sich das erste Aufhellen der Morgendämmerung ab.
Mit steifen Gliedern kletterte R’shiel vom Drachen. Infolge der Anstrengung, sich mit den Beinen auf seinem Rücken festzuhalten, waren ihre Schenkel völlig verkrampft. Damin ging es, so hatte es den Anschein, nicht besser, als er wieder die Erde betrat. Für ein Weilchen humpelten sie beide umher, streckten und reckten die Gliedmaßen, um die Verkrampfungen zu lösen. Dranymir sah darin einen gewissen Anlass zur Belustigung.
»Ihr seht, es ist, wie ich es gesagt habe, Eure Hoheit: Fürs Drachenreiten bedarf man bestimmter Fähigkeiten, deren Aneignung Jahre verlangt.«
»Zumindest bin ich nicht abgestürzt, so viel musst du mir zugestehen.«
Der Drache senkte den Schädel und musterte sie aus Augen, die so groß waren wie Suppenschüsseln. »Ja, das kann ich Euch nicht streitig machen. Ist es Euer Wunsch, dass ich nun auf Euch warte?«
»Auf mich, ja. Damin muss voraussichtlich, nachdem wir Adrina befreit haben, auf gewöhnlichere Art und Weise nach Groenhavn umkehren.«
»Ich harre Eures Rufs, Eure Hoheit.«
Offensichtlich beruhigte
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