Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
einem Aufschluchzen warf sich Adrina in seine Arme. Fest drückte er sie an sich und hob sie in seine Arme, sodass sich ihre Füße vom Boden hoben. Anschließend küsste er ihr Stirn, Hals, Augen, ja alles, was in die Reichweite seiner Lippen geriet. Als er sie auf den Mund küsste, schrie sie vor Schmerz auf und stieß ihn zurück.
»Bei den Gründerinnen, Damin, es hat sie doch jemand auf den Mund geschlagen.« R’shiel maß ihn ungnädigen Blicks, und er stellte Adrina sogleich vorsichtig auf den Boden. Kurz untersuchte R’shiel die Platzwunde und gelangte zu der Schlussfolgerung, dass sie mit der Heilung noch ein wenig warten konnte. Vielleicht ließ Damin, solange die Verletzung vorhanden war, ein wenig mehr Beherrschung walten. »Habt Ihr sonstige Wunden, die wir nicht sehen?« Adrina schüttelte den Kopf und wischte sich die Augen. »Und ist auch das Kind wohlauf?« Erschrocken sperrte Adrina die Augen auf und blickte Damin an. »Keine Bange, er weiß Bescheid. Ist das Ungeborene wohlbehalten?« Stumm nickte die Prinzessin. »Vortrefflich. Dann also nichts wie fort.«
R’shiel eilte zur Zelle hinaus, doch als sie sich im Gang aus Ungeduld umdrehte, sah sie, dass das Paar ihr nicht folgte. Stattdessen stand es in dem finsteren Kerkerloch und hatte sich in eine Umarmung verschlungen, die ebenso rührend wie unpassend war. »Für dergleichen haben wir gegenwärtig keine Zeit«, warnte R’shiel die beiden, zumal einer der Wächter sich soeben leise regte.
Widerwillig löste Damin die Arme von Adrina. Aus lauter Überdruss stieß R’shiel eine Verwünschung aus und strebte zurück zur Treppe. Aber als von oben Schritte ertönten, kehrte sie um in die Gegenrichtung, lenkte Damin und Adrina vorbei an den noch im Schlaf oder Halbschlaf befindlichen Wachen. Ein dunkler Zugang hinter der Wachstube stellte sich als Quelle der kühlen Zugluft heraus. Entschieden zeigte R’shiel auf diesen Torbogen. »Dort entlang! Ich folge sogleich nach.«
Weiterer Ermunterung bedurfte das Paar nicht. R’shiel rannte zu der Zelle, aus der sie Adrina befreit hatten, und schloss die Gittertür; dann befestigte sie den Schlüsselbund wieder am Gürtel des Schließers und schmunzelte bei sich. Sollen sie doch gehörig an diesem Rätsel knobeln .
Auf der Stiege rückten die Schritte immer näher, und wieder rührte sich ein Wächter, während R’shiel an ihm vorüberlief. Durch einen letzten Blick überzeugte sie sich davon, dass nichts Erkennbares auf ihre Anwesenheit hindeutete, bevor sie sich in die Finsternis des Torbogens zurückzog.
Adrina und Damin warteten auf sie. Ganz wie R’shiel vermutet hatte, endete die Treppe an einer kleinen, im Felssockel der Feste aus dem Gestein gehauenen Anlegestelle. Zu ihrem Unglück fanden sie dort jedoch kein Boot vor.
»Was nun?«, fragte Damin, der Adrina im Arm hielt.
»Wir brauchen einen Kahn.«
»Was für eine überaus scharfsinnige Erkenntnis, Dämonenkind.«
Erhaben überhörte R’shiel den Seitenhieb und schenkte ihre Beachtung der ruhelosen See. Selbst wenn sie einen Kahn gehabt hätten, wäre ihrerseits die Aussicht, ihn ungefährdet durch die Klippen zu steuern, recht gering gewesen.
»Wie lautet doch gleich wieder der Name des Meeresgottes?«
»Kaelarn«, gab Damin ihr Auskunft. »Woher die Frage?«
»Ich habe den Eindruck, wir benötigen seinen Beistand.«
»Du willst einen Gott zu Hilfe rufen und kennst nicht einmal seinen Namen?«
»Hat jemand einen schlaueren Einfall?« Da eine Antwort ausblieb, richtete R’shiel ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Wogen der See. »Kaelarn!«
Vor ihren Augen brodelte das Meer empor, kalte Gischt besprühte sie, während die Wogen sich türmten. Aus den erzgrauen Tiefen tauchte eine Gestalt herauf, die verschwommene menschliche Umrisse hatte, aber aus den Wassern der See selbst bestand. Sie erhob sich aus der Brandung, bis sie R’shiel und ihre Begleiter überragte. R’shiel musste den Hals weit in den Nacken beugen, um zu ihr aufzublicken.
»Da hat also das Dämonenkind an mir Bedarf«, tönte Kaelarn laut und mit feuchter Aussprache. Er hatte die unangenehmste Stimme, die R’shiel jemals gehört hatte. Sie klang, als gurgelte jemand etwas durch einen Kübel Wasser. Inständig hoffte sie, dass außer ihnen ihn niemand hören konnte.
»Wir müssen diesen Ort verlassen. Darum brauchen wir einen Kahn.«
»Einen Kahn? Dir stehen Dämonen zu Gebote, Dämonenkind, sollen sie dir einen Kahn aus ihrer Verschmelzung
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