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Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals

Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals

Titel: Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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ähnlichen Stein an dieser Stelle auszumalen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Für sie bestimmte viel zu stark die Geschichte der Schwesternschaft diesen Saal, als dass sie sich mit aller Klarheit hätte vergegenwärtigen können, welche Erinnerungen Brakandaran damit verband. »Kannst du dir denken, welches Vergnügen Korandellan und ich hier als Kinder hatten, da wir doch den Gott der Diebe und den Gott des Wandels zu Spielgefährten hatten?«
    »Mit Göttern habt ihr gespielt?«
    »Wir lebten damals in einer vollkommen anderen Welt, R’shiel. Es gab keine Schwesternschaft des Schwertes und keinen ›Allerhöchsten‹. Ebenso fehlte es an nennenswerter Gewalt, außer in Hythria, weil in diesem südlichen Land der Kriegsgott die Oberhoheit ausübte, aber die dortigen Ereignisse nahmen kaum irgendeinen Einfluss auf unser Dasein.« Brakandaran schüttelte den Kopf und schaute sich erneut kummervoll um. »Die Schwesternschaft hat allerlei Gräuel begangen, doch hier hat sie, so glaube ich, die scheußlichste Schändung verbrochen.« Noch etliche Augenblicke lang betrachtete auch R’shiel stumm den kahlen, leeren Saal. Im Sanktuarium hatte sie sich von all dem Schönen schier überwältigt gefühlt, nun jedoch hatte sie das Empfinden, dort lediglich einen schwachen Abklatsch der einstigen Zitadelle gesehen zu haben. Mit spürbarer Mühe überwand Brakandaran seine erinnerungsschwere Gemütsverfassung. »Nun denn, wenn wir etwas zu erreichen wünschen, sollten wir ans Werk gehen. Die Stadt wird bald erwachen.«
    »Können die Priester denn unsere Anwesenheit nicht fühlen?«
    »Nicht hier im Innern des Saals.«
    »Davon hast du bisher nichts erwähnt.«
    »Ganz recht, und ich habe es mit Absicht verschwiegen«, bekannte Brakandaran. »Mir lag daran zu vermeiden, dass dir wieder die wildesten Einfälle kommen.«
    »Aber als ich das letzte Mal hier weilte und meine Magie-Kräfte benutzte, bin ich von ihnen entdeckt worden.«
    »Nur weil sie sich gleichfalls im Innern aufhielten.«
    R’shiel warf ihm einen mürrischen Blick zu. »Wie viele sonstige höchst wichtige Kleinigkeiten verschweigst du mir?«
    »In der Tat eine ganze Menge. Und nun vorwärts. Uns bleibt ja keineswegs der volle Tag zur Verfügung.«
    Sie befanden sich im Tempel der Götter. Nannte man hier den Namen eines Gottes, holte man ihn herbei. Kurz zauderte R’shiel und fragte sich, ob nach so langer Zwischenzeit die Götter, wenn man sie rief, noch im Tempel erschienen. Sie schaute Brakandaran an, aber der zuckte mit den Schultern.
    Tatsächlich gab es nur einen Weg, um darüber Aufschluss zu erlangen.
38
    Anfangs überlebte Tarjanian die Gefangenschaft, weil niemand ihn erkannte. Als er mit pochenden Kopfschmerzen und von Blut verklebten Augen zur Besinnung kam, befand er sich in einem Kerkerloch, in dem sich noch ein Dutzend weiterer von den Kariern aufgegriffener Leute aufhielten. Blau angelaufen von der Kälte, schlotterte er in den nassen Kleidern vor sich hin, ansonsten jedoch hatte er, was ihn selbst ein wenig überraschte, keinen Schaden erlitten. Ulran oder andere Gefährten sah er nicht. Entweder waren sie entwichen, oder man hatte sie andernorts eingesperrt.
    Dass Tarjanian unerkannt blieb, verdankte er in beträchtlichem Umfang der Nachlässigkeit der Karier, die es offenbar als überflüssig erachteten, die Namen ihrer Gefangenen festzustellen. Dergleichen sahen sie als eine Aufgabe für Schreiber an, und Schreiber empfanden sie als keinen notwendigen Bestandteil einer Vorhut.
    Am Tag, nachdem das Haltetau der Fähre gekappt worden war, traf das Gros des karischen Heeres in Hirschgrunden ein. Nach Angaben von Mitgefangenen Tarjanians, die sämtliche Folgen beobachtet hatten, war die Fähre von den Fluten des Flusses verschlungen worden; die Wassermassen hatten sie gegen das Ufer geschleudert, als wäre sie bloß ein Stück Treibholz. Die Reste taugten nur noch zum Verfeuern. Diese Mitteilung verschaffte Tarjanian eine gewisse Befriedigung. Bis auf Weiteres mussten die Karier auf ihrem Vormarsch Halt machen.
    Doch sein Glück währte nicht lang. Eine Woche nach der Gefangennahme ereignete sich ein Wiedersehen mit Ulran, der ihn am anderen Ende des überbelegten Kellergewölbes erspähte, in dem er mit etlichen anderen Häftlingen schmachtete. Fröhlich rief Ulran seinen Namen laut genug, um die Aufmerksamkeit aller Karier in Hirschgrunden zu erregen.
    Noch in derselben Stunde stand Tarjanian, an Händen und Füßen mit Ketten gefesselt,

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