Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Court’esa -Häuser ihm für die heutigen Vergnügungen die Rechnung vorlegen.«
»Er wird es verwinden.«
»Dann hast du also mit ihm gesprochen?«
»Ja.«
»Und?«
»Und was? Es gibt davon wenig zu erzählen, Brakandaran.«
»Keine Schuldgefühle mehr?«, fragte er leise. »Kein Schmerz?«
»Nein.«
»So brauchen wir denn nur noch zu warten, Dämonenkind.«
Stumm nickte R’shiel. Zum Schutz gegen die Abendkühle schlang Brakandaran den Arm um ihre Schulter, und sie lehnte sich an ihn; schweigsam verfolgten beide fortan das Treiben im Amphitheater und harrten der Morgenfrühe.
Die Feierlichkeit war beileibe noch nicht zu Ende, als R’shiel und Brakandaran ihre hoch gelegenen Plätze verließen und sich aus dem Amphitheater auf den Weg zum Tempel der Götter machten. Noch war der Himmel dunkel, doch R’shiel fühlte den Morgen nahen. Die Zitadelle verstrahlte hellen Glanz und trug dadurch auf ureigenste Weise bei zur Verschönerung der Festlichkeit. Ohne ein Wort zu wechseln, durchmaßen R’shiel und der Magus die nahezu leeren Straßen der Stadt und spürten mit aller Deutlichkeit, dass in der Zitadelle jetzt keine Stimmung der Furcht oder Anspannung vorherrschte, sondern – wenigstens zeitweilig – des Frohsinns.
Im Tempel der Götter erwartete Shananara sie mit gelassen ernster, hoffnungsvoller Miene. Ihre Schritte hallten, während sie ihnen lächelnd entgegenging, um sie zu begrüßen.
»Zum ersten Mal seit unserer Rückkehr fühlt die Zitadelle sich fast wieder genauso an wie einst«, bemerkte die Harshini-Königin.
»Dann wollen wir hoffen, dass es so bleibt«, äußerte R’shiel. Plötzlich plagten sie Zweifel.
»Glaube daran, Dämonenkind.«
Darauf ersparte R’shiel sich eine Antwort. Glaube war etwas, das ihre Erziehung sie zu verachten gelehrt hatte. Stattdessen schaute sie Brakandaran und Shananara forschend an. »Welche Stunde ist es?«
»Fast beginnt die Morgendämmerung.«
»Dann hat es keinen Sinn, länger zu säumen.«
R’shiel wandte sich dem Seher-Stein zu und öffnete ihren Geist den Magie-Kräften. Sie saugte die rauschhafte Süße der Magie ein, bis sich ihre Augen, wie sie wusste, schwarz färbten und die reine Naturgewalt sie ganz und gar erfüllte, ihre Gestalt ins Beben versetzte. Sie merkte, dass auch Shananara und wenig später ebenso Brakandaran die Magie-Kräfte anzapften. Seine Augen wurden so dunkel, dass sie schließlich Ebenholz glichen. Das Strömen magischer Kräfte, das R’shiel und Shananara durch sich selbst zu leiten verstanden, war ungeheuer stark im Vergleich zu dem Rinnsal, das Brakandaran handhaben konnte, aber er beherrschte es so meisterhaft, dass R’shiel neben ihm geradezu unbeholfen wirkte. Am Rande ihres Bewusstseins nahm sie wahr, dass er auf geistiger Ebene Verbindung zur Zitadelle suchte. Das riesige Wesen ließ sich nur langsam auf ihn ein. Aber Brakandaran kannte die Zitadelle, und die Zitadelle kannte ihn: Ihr gegenseitiges Verhältnis war jahrhundertealt und überstieg R’shiels Begriffsvermögen.
Aus der Ferne, jedoch dem Innern der Zitadelle, hörte R’shiel Warnrufe und den Schrei einer Frau. Das Licht der Wände fing zu pulsen an, sobald die Zitadelle auf Brakandarans geistige Annäherung einging. R’shiel spürte die Zitadelle sich regen. Als die Zitadelle ihren Geist berührte, sank R’shiel beinahe auf die Knie. Zwar hatte die Zitadelle sie schon einmal willkommen geheißen; aber jetzt erkannte R’shiel, dass sie sie damals lediglich mit gelinder Aufmerksamkeit gestreift hatte.
R’shiel widmete ihre volle Beachtung dem Tempel der Götter und rief Brehn, den Gott der Winde. Er hatte schon darauf gewartet. Mit unnatürlicher Schnelligkeit ballten sich Wolken über der Zitadelle, verdunkelten die aufgehende Sonne und stürzten das vor der Festung gelagerte karische Heer in Furcht.
Auch die übrigen Götter rief R’shiel. Verzweigte Blitze spalteten den von Wolken brodelnden Himmel, als neben ihr Dacendaran in seiner bunt gescheckten Kluft erschien, und gleich an seiner Seite Jondalup, der Gott des Wandels. An einer anderen Stelle des Saals fand sich Kalianah ein, dieses Mal allerdings in Gestalt einer jungen Frau, nicht als kleines Mädchen, wie sie es im Allgemeinen vorzog. Sie zeigte sich in hinreißender Schönheit, die jeden Mann geblendet hätte, der toll genug gewesen wäre, sie anzublicken. Nacheinander kamen sämtliche Haupt-Gottheiten, darunter etliche, von denen R’shiel kaum den Namen kannte. Aber
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