Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
unmöglich, sie dem Empfänger zu überbringen. Unwillkürlich musste Tarjanian daran denken, wie sehr man deshalb die Harshini unterschätzte, und lächelte verhalten. Dieser Volksstamm hatte jedoch Jahrtausende überlebt, ohne jemals einen Finger zu seiner Verteidigung zu rühren. Allmählich durchschaute er, auf welche Weise den Harshini so etwas gelungen sein konnte.
»Seid ihr dazu in der Lage, mir zu zeigen, wo die Entsatzheere sich gegenwärtig aufhalten?«, fragte er und deutete auf die Landkarte, die auf dem Pult lag. Er und Garet Warner hatten gestern über der Landkarte gebrütet und zu erraten versucht, wo Damin Wulfskling stecken mochte.
Jalerana nickte und trat ans Pult. »Der Großfürst steht mit seinem Heer dort, Hochmeister. Ich schätze seine Streitmacht auf rund vierzigtausend Mann. Der König von Fardohnja befährt gegenwärtig mit zehntausend Mann diesen Flussabschnitt. Seine Majestät hat mich gebeten, Euch dafür um Nachsicht zu bitten, dass er keine höhere Anzahl von Kriegsleuten aufbieten konnte, doch ließen sich innerhalb so kurzer Frist mehr nicht sammeln, und er hat zudem nur eine begrenzte Menge von Schiffen zur Verfügung.«
»Dann stoßen für den Gegenangriff fünfzigtausend Mann zu uns?«
»Zu Euch stoßen fünfzigtausend Mann, Hochmeister«, berichtigte Pilarena ihn in ernstem Ton. »Wie Ihr sie verwendet, ist allein Eure Sache.«
»Um Vergebung, es lag nicht in meiner Absicht, euch zu verdrießen.«
Knapp verneigte sich die Harshini. »Es sei Euch verziehen, Hochmeister.«
»Wie ist Damin mit einem so großen Heer dermaßen schnell vorangekommen?«
»Mit der Hilfe der Götter«, gab Jalerana feierlich zur Antwort.
Tarjanian schüttelte den Kopf, aber er dachte bei sich, dass es wohl klüger war, auf die Kenntnis der Einzelheiten zu verzichten. »Ich möchte sowohl Hablet wie auch Damin eine Nachricht schicken. Eine schriftliche Mitteilung. Wann könnt ihr aufbrechen?«
»Wenn die Sendschreiben fertiggestellt sind«, beteuerte Jalerana, »werden wir bereit sein.«
»Dann entschuldigt mich, Göttliche. Ich muss mich ohne Verzug ans Werk begeben.«
Vier Stunden später versiegelte Tarjanian die an Damin Wulfskling und König Hablet abgefassten Briefe. Die Stirn gerunzelt, schaute Garet Warner zu, während er das Hochmeister-Siegel ins heiße Wachs drückte.
»Euch dürfte klar sein, Hochmeister, dass uns erheblicher Schaden entstünde, falls diese Schreiben in die falschen Hände gerieten.«
»Die Harshini werden sie verlässlich abliefern.«
»Und wenn sie nun beschließen, sie verlässlich in die falschen Hände zu liefern?«
Tarjanian schüttelte über Warners Argwohn den Kopf. »Habt Ihr noch nicht genug erlebt, um zu erkennen, dass sie auf unserer Seite stehen?«
»Sie stehen nicht auf unserer Seite, Hochmeister. Was sie tun, betreiben sie für sich . Diese Tatsache solltet Ihr niemals vergessen. Nur weil ihre Königin eine große Schönheit ist und viel zu lächeln pflegt, sind die Harshini noch längst nicht harmlos.«
Tarjanian grinste dem Obristen zu. »Soll ich gegenüber Shananara erwähnen, dass Ihr sie für ›eine große Schönheit haltet?«
»Nicht, wenn Ihr den morgigen Tag zu erleben wünscht«, warnte Garet Warner ihn mit angedeutetem Lächeln. »Gibt es Neuigkeiten bezüglich R’shiels?«
»Mandah sagt, sie schläft wie eine Tote.«
»Habt Ihr eine Ahnung, was sie eigentlich in dem Saal angestellt hat?«
»Nein, und ich mag es auch gar nicht wissen.« Warner stand auf und betrachtete die Landkarte, furchte die Stirn, als er gewisse Eintragungen sah. Nach wie vor vertrat er die Auffassung, dass die Harshini, was den Standort der Entsatzheere anging, Lügen erzählten. »Da soeben Mandahs Name fiel …«
»Diese Sache geht Euch nichts an, Obrist.«
»Ihr seid der Hochmeister des Hüter-Heers, der Oberste Reichshüter, und sie ist eine Heidin.«
»Dann besteht ja wohl keine Veranlassung zur Klage. Noch vor wenigen Monaten lag ich mit einer Harshini im Bett. Treibe ich’s weiter so, erringe ich im kommenden Frühjahr die Gunst eines Quorum-Mitglieds.«
»Die Angelegenheit ist beileibe nicht spaßig, Hochmeister. Wenn wir die Karier aus dem Lande gejagt haben, müssen wir in Medalon Ordnung schaffen. Gegenwärtig steht ja die Hälfte der verfluchten Schwesternschaft unter Hausarrest. Es kann unseren Bestrebungen nur abträglich sein, wenn man Euch mit einer heidnischen Geliebten sieht.«
»Ihr seid’s doch gewesen, der behauptet hat,
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