Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Neuigkeit ihrer Ankunft hatte sich inzwischen in ganz Krakandar herumgesprochen, und vor dem Tor zum Stadtkern hatte sich eine Menschenmenge versammelt, in der Hoffnung, einen Blick auf sie zu erhaschen.
Obwohl sie als Tochter einer Angehörigen des Quorums aufgewachsen war, hatte R’shiel nie den Gegenstand von öffentlichem Klatsch abgegeben, und deshalb empfand sie es als äußerst störend, jetzt im Mittelpunkt einer derartigen Aufmerksamkeit zu stehen. Als Novizin und später als Seminaristin der Schwesternschaft des Schwertes hatte sie ein weitgehend schlichtes Dasein geführt, bis die äußeren Umstände und die eigene Aufsässigkeit bewirkt hatten, dass sich der Lauf ihres Lebens unwiderruflich änderte. Sie war innerlich überhaupt nicht darauf eingestellt, zu den viel beachteten Großen zu zählen; wenigstens nicht den so Großen dieser Welt.
Doch zeigte sich in dieser Beziehung Adrina als sehr hilfreich. Sie war gleichsam im Licht der Öffentlichkeit geboren und aufgezogen worden, und daher wusste sie anscheinend in jeder Lebenslage, was es zu tun galt. Offenbar hatte sie den entschiedenen Vorsatz gefasst, R’shiel alles zu lehren, was sie zu vermitteln hatte, ganz als fände sie dadurch – abgesehen von dem Bestreben, ihre Schwiegermutter zu meiden – in ihrem neuen Dasein einen Sinn.
Sobald R’shiel an Adrina dachte, fiel ihr zwangsläufig auch Damin ein. Nachdem sie seine Mutter und seine Schwester kennen gelernt hatte, verstand R’shiel, was an Adrina ihn dermaßen in den Bann zog. Nachdem er schon unter klugen, einflussreichen Frauen hatte heranwachsen dürfen, verkörperte Adrina alles, was er an Frauen bewunderte. Freilich stand er ihr inzwischen zu nah, um sich selbst über die Ursache ihrer Anziehungskraft im Klaren zu sein, ähnlich wie sie zu dickschädelig war, um sich einzugestehen, was sie für Damin fühlte.
Das Paar hätte R’shiel Schreie der Bitternis entlocken können. Doch wenigstens folgten beide ihren Weisungen, und wenn sie zu starrköpfig waren, um von sich aus darauf zu kommen, wie sie zueinander standen, sollte es ihre, nicht R’shiels Sache sein.
R’shiel empfand es als willkommene Ablenkung von ihren mehr oder weniger trübseligen Gedanken, dass plötzlich jemand an die Tür pochte. Sie rief dem Besucher zu, dass er eintreten dürfe, und als es geschah, durchfuhr sie ein Ruck, sobald sie Fürstin Marla erkannte. Während die Fürstin zügig hereinstrebte, erhob sich R’shiel eilig aus dem Lehnstuhl.
»Ist es Euch hier behaglich?«, fragte Marla und ließ den Blick durch das Gemach schweifen, um sich davon zu überzeugen, dass sich alles so verhielt, wie sie es als angemessen erachtete.
»Ich fühle mich hier außerordentlich wohl. Meinen Dank, Eure Hoheit.«
»Wir müssen uns aussprechen, Dämonenkind. Ich habe Euch eine beträchtliche Anzahl an Fragen zu stellen.«
Ohne überrascht zu sein, nickte R’shiel. Seit der Unterhaltung mit Kalan hatte sie den Besuch der Fürstin ständig erwartet. »Selbstverständlich. Möchtet Ihr Euch nicht setzen? Ich kann, so Euch danach zumute ist, gern eine Stärkung bringen lassen. Mikel!«
Auf ihren Ruf kam der Junge aus dem Nebenzimmer zum Vorschein. »Edle Herrin?«
»Trag uns Wein auf, Mikel.«
Schlaksig verbeugte er sich und eilte hinaus. R’shiel wandte sich wieder der Fürstin zu, die sie argwöhnisch musterte. »Wein gedenke ich mit Euch nicht zu trinken, meine Liebe«, sagte Marla. »Ich hege die Absicht, bei klarem Kopf zu bleiben.«
»Dann lieber Wasser?«
»Gern.« Marla setzte sich an den Kamin, während R’shiel der Fürstin aus einem silbernen Krug Wasser in einen dazugehörigen Becher schenkte.
In Krakandar war der Winter weit milder, als R’shiel es aus Medalon kannte, deshalb glühte im Kamin ein nur schwaches Feuer, das weniger der Erwärmung als dem Spenden von Helligkeit diente. R’shiel reichte Marla den Becher und nahm ihr gegenüber im zweiten Lehnstuhl Platz. »Welche Fragen sind es, die Ihr mir stellen möchtet?«
»Ihr pflegt Gespräche recht unverblümt zu führen.«
»Ich bin dazu erzogen worden, freimütig zu sprechen.«
»In der Schwesternschaft des Schwertes, habe ich von Damin erfahren.«
»Er hat Euch die Wahrheit gesagt.«
Offenkundig erfreute es Marla nicht, Damins Angaben bestätigt zu bekommen. »Also trifft es zu, dass Ihr Frohinia Tenragans Tochter seid?«
»Sie war meine Ziehmutter. Meine leibliche Mutter ist bei meiner Geburt verstorben.«
»Ich kann ganz und gar
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