Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
Kopf, konnte sich jedoch ein knappes Schmunzeln nicht verkneifen. »Ulran, du folgst mir.«
Der kleine Messerstecher feixte und zückte aus dem Stiefel ein grässlich aussehendes Messer mit Sägeblattklinge, die fast so lang war wie sein Unterarm. »Glaubst du, dies Werkzeug kann uns von Nutzen sein?«
Tarjanian nickte. Es erleichterte ihn stärker, als es ihn überraschte, dass Ulran eine so scheußliche Klinge bei sich trug. Nach dem mühsamen Durchhacken einer solchen Menge nassen Hanfs wäre sein Schwert stumpf wie ein hölzernes Knabenschwert gewesen.
»Also vorwärts!«, befahl er. Die Leute huschten davon, um ihre verschiedenen Aufträge zu erfüllen. Tarjanian hastete hinter Ulran das leichte Gefälle zum Anlegeplatz hinab. Die drei Männer, die sich mit dem Ablenken der ahnungslosen Fährleute befassen sollten, hatten schon das Ufer erreicht und schrieen ihnen in wüstem Ton irgendwelche Grobheiten zu. Neue Donnerschläge übertönten ihre Rufe, als Tarjanian das Schwert blank zog, um Ulran, der das ungemein dicke Tau zu zertrennen hatte, den Rücken zu decken.
Durch die Wolkendecke zuckten erneut Blitze, und im nächsten Augenblick rauschte eisig kalter Regen herab, trübte Tarjanians Blick und durchnässte ihn unverzüglich bis auf die Haut. Über die Schulter lugte er wiederholte Male in die Richtung Ulrans, der an dem Tau säbelte und sich dabei regelmäßig Regentropfen aus den Augen wischte. Ein Strang zersprang, dann ein zweiter, indem Ulran unermüdlich den Hanf zersägte; das Gewicht der Fähre zerrte am Tau, spannte es so straff wie die Saite einer Harfe, und dann wieder erschlaffte es, je nachdem, wohin die Strömung das Boot in der Strömung schaukelte.
Von irgendwoher hörte Tarjanian durch den Regen zornige Stimmen, aber ob sie den Fährleuten gehörten, den Kameraden, die er damit beauftragt hatte, sie abzulenken, oder etwa den karischen Ordensrittern, das wusste er beim besten Willen nicht zu unterscheiden. Er konnte nur ein paar Schritte weit sehen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als breitbeinig dazustehen, um das Gleichgewicht zu wahren, das Schwert kampfbereit zu halten und zu hoffen, dass er es, falls jemand ihn angriff, noch rechtzeitig bemerkte.
Die Zeit schien gleichsam wie eine Schnecke dahinzukriechen, obwohl Ulran in rasender Eile unablässig sägte. Abermals wagte Tarjanian einen Blick über die Schulter zu werfen. Inzwischen war das Tau zur Hälfte zertrennt, doch es erforderte viel zu viel Zeit, es zu kappen. »So spute dich doch, Ulran!«
»Glaubst du denn, du kannst es schneller schaffen?«, schrie der Rebell über das Prasseln des Wolkenbruchs hinweg, als ein weiterer Strang zerfranste und riss. In der Tat keuchte er laut infolge der Anstrengung, die es ihm abverlangte, den mit Nässe voll gesogenen Hanf durchzusägen. Unter dem klatschnassen Hemd sah man seine Muskeln schwellen, und die Kälte hatte ihm die Lippen blau verfärbt.
Aufgrund des Eindrucks, dass das unverständliche Gebrüll jetzt wesentlich näher ertönte, wandte sich Tarjanian wieder um – gerade rechtzeitig, um einen karischen Ritter heransprengen zu sehen. In der Richtung des Marktplatzes lag Cyril im Schlick, sein Blut färbte die Pfütze, in der er sein Ende gefunden hatte. Die übrigen Gefährten konnte Tarjanian durch den herabrauschenden Regen nicht erkennen, doch die Umrisse des riesigen karischen Schlachtrosses ragten unverkennbar vor ihm auf. Allem Anschein nach hatte der Ritter durchschaut, was am Anlegeplatz der Fähre geschah, und hielt schnurstracks darauf zu.
»Beiseite!«, schrie Tarjanian.
Ulran rutschte aus, als er fortsprang, und fiel in den Matsch. Tarjanian schwang das Schwert wie eine Axt und hieb es mit aller Kraft, die er aufzubieten hatte, ins Tau. Fast war der Karier zur Stelle. Auf den Pflastersteinen klang der Hufschlag beinahe lauter als der Regenguss. Ein zweites Mal holte Tarjanian aus, ein Schmerzlaut entrang sich ihm, als die Wucht des Aufpralls ihm in Arme und Schultern fuhr. Nur einen Herzschlag war der Karier noch entfernt, und noch immer hielt das Tau. Zum dritten Mal hob Tarjanian das Schwert, doch da spannte das Schaukeln der Fähre das inzwischen geschwächte Tau von neuem und diesmal riss es.
Im Regen verklangen die Schreckensschreie der Fährleute, als das Tau vom Ufer in die Luft schnellte. Schlagartig auf Gedeih und Verderb dem Wüten der Wassermassen ausgeliefert, schwamm die Fähre hinaus in die Strömung.
Tarjanian hatte sich noch nicht wieder
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